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Das Neubedenken allen Übels Von der Ponerologie zur Theodizee Aus dem Span. von Uwe Petersen
Das Neubedenken allen Übels
Von der Ponerologie zur Theodizee


Aus dem Span. von Uwe Petersen

Andrés Torres Queiruga

Wissenschaftliche Buchgesellschaft
EAN: 9783534267163 (ISBN: 3-534-26716-8)
348 Seiten, hardcover, 17 x 25cm, März, 2018

EUR 89,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die Frage nach allem Übel in der Welt in Verbindung mit der Rechtfertigung Gottes bleibt – gerade nach der Erfahrung der Katastrophen der letzten 100 Jahre – unvermindert aktuell. Im Hinblick auf den Schöpfergott, seine Allmacht und seine Güte aber ergibt sich die Notwendigkeit eines Neuansatzes in der Theodizee. Anstatt zu Polemik und Interventionismus müssen wir also zu einer Fragestellung gelangen, die religiöse Weltsicht und säkulare Autonomie in einem zeitgemäßen Paradigma zwar nicht versöhnt, doch miteinander vereinbar werden lässt. Der renommierte spanische Theologe Andrés Torres Queiruga liefert mit dem vorliegenden Band einen wichtigen Beitrag zu dieser Fragestellung und ihrer Beantwortung. Der Autor legt einen holistischen Ansatz zugrunde und bezieht damit sowohl das physische als auch das moralische Übel in seine Betrachtungen ein. Auf pragmatischer, philosophischer und theologischer Grundlage gelangt er zu einer kohärenten modernen Theodizee.
Rezension
Die Problematik, wie Gott gleichzeitig allmächtig und allgütig sein kann angesichts des Leidens auf der Welt, ist auch in der schulischen Religionspädagogik ein klassisches und die Schüler/innen beschäftigendes Problem. Insofern ist die Thematik dieses sicherlich anspruchsvollen neuen, umfangreichen theologischen Buchs zur Theodizee auch schulisch relevant. Wie kann Gott zugleich allmächtig und allgütig sein angesichts des (nicht menschlich verursachten) Leids auf der Welt? Denn entweder ist er dann nicht allmächtig und kann Leid und Böses nicht beseitigen oder er ist nicht allgütig und will Leid und Böses nicht beseitigen. Die Theodizee-Frage wird schon in der Bibel im Buch Hiob eindringlich gestellt. Sie beschäftigt die Theologie und die Philosophie seit Jahrtausenden und stellt bis heute ein zentrales Problem der Gottesfrage in der Dogmatik dar. Das hier anzuzeigende, aus dem Spanischen übersetze Werk beleuchtet zunächst umfassend die Theodizee-Problematik durch die Jahrhunderte hindurch, um dann eine "Lösung" der Theodizee anzubieten im Sinne eines Gottes als des Anti-Bösen, der immer auf der Seite der Schwachen steht. Gott WILL und KANN das Üble und Böse besiegen, aber der vollkommene Sieg steht unter dem Zeichen des eschatologischen Vorbehalts. Dieser Gedanke aber, die Lösung der Theodizee von der Eschatologie her, ist keineswegs neu ... und es bleibt dem Urteil des Lesers anheim gestellt, ob diese "Lösung" zu überzeugen vermag ...

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
89,95 €
69,95 € Mitglieder
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort 9
Vorwort 13

Kapitel I
Das Problem der Theodizee in der heutigen Diskussion

1. Von der begrifflichen Auseinandersetzung zur „Sache selbst" 17
2. Das Paradox der „Theodizee" 20
3. Zwischen den Paradigmen: Epikurs Dilemma als Test 22
4. Die historische Sicht gegenüber Zweideutigkeit und Vorurteil 26
5. Die notwendige Neufassung der Problematik des Übels 29
5.1. Anerkennung eines unvermeidlichen hermeneutischen Zirkels 29
5.2. Chronographie und Topographie des Problems 31
6. Von der „Ponerologie" über die „Pistodizee" zur ,,Theodizee" 35

Kapitel II
Die Entstehung der „Theodizee" im Dialog Leibniz - Bayle

1. Der Dialog Leibniz — Bayle und die Entstehung der „Theodizee" 41
2. Bayles Gedanken über das Phänomen des Übels 43
2.1 Kritik der Tradition und neuer Entwurf 43
2.2 Die historische Bedeutung der bayleschen Thesen 45
3. Leibniz am historischen Kreuzweg 46
3.1 Ein Neubeginn 46
3.2 Die wahre Bedeutung, jenseits des Topos 47
3.3 Die Grundeinsicht 48
3.4 Über Leibniz hinaus 50
4. Schlussfolgerung 54

Kapitel III
Ponerologie: Das unvermeidliche Übel

1. Etsi Deus non daretur 57
2. Die Grundfrage: Unde malum? 59
2.1 Die moderne „Immanentisierung" der Welt 59
2.2 Das unvermeidliche Übel in unserer begrenzten und evolutiven Welt 61
2.2.1 Der Traum der Phantasie 62
2.2.2 Der Realismus der Vernunft 63
3. Die Unmöglichkeit einer Welt ohne Übel 66
3.1 Die Endlichkeit als letzte und allgemeine Wurzel 66
3.2 Die „Traurigkeit des Endlichen" 68
3.3 Die Macht des Schlechten: die unvermeidliche Konfliktträchtigkeit des Endlichen 70
4. Anwendung auf die endliche Freiheit 73
4.1 Die fehlbare Freiheit 73
4.2 Zwischen der Möglichkeit der Verfehlung und wirklicher Schuld 76
4.3 Die Unmöglichkeit einer unfehlbaren endlichen Freiheit 79
4.4 Synthese: Die Endlichkeit als letzteBedingung 82
5. Was ist das Übel? 85
5.1. Gegen die Substantivierung des Übels 85
5.2. Das Übel in den nicht-menschlichen Dingen 87
5.3. Die wirkliche und harte Macht des Schlechten 89
5.4. Negativität und Privation 91

Kapitel IV
Die Pistodizee als Mediation

1. Die Pistodizee in den Pistodizeen 95
1.1 Die Pistodizee als Genus 95
1.2 Autonomie und Verantwortung jeder Pistodizee 96
2. Einige grundlegende Topoi 98
2.1 Die richtige Dialektik von Theorie und Praxis 98
2.2 Erklärung, Rechtfertigung, Rückzug 101
2.3 Die grundsätzliche Berechtigung einer (kritischen) Theodizee 102
2.4 Philosophie und Theologie vor der Problematik des Übels 104
3. Eine Öffnung hin auf die Verwirklichung der Theodizee 106
3.1 Ein radikaler Wandel in der Strukturierung 106
3.2 Der zweifache Eingang Gottes in die Problematik des Schlechten 109
4. Gott vom Übel her: „Gottes Eingang" in die Theodizee 113
4.1 Die aktuelle Notwendigkeit einer bisher vernachlässigten Unterscheidung 113
4.2 Si malum est, Deus esti 114
4.3 Si malum est, Deus non esti 117
4.4 Etsi malum est, Deus est 120

Kapitel V
Gott gegen das Üble (1): Der „kurze Weg" der Theodizee

1. Die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen „kurzem" und „langem Weg" 129
2. Die Berechtigung des „kurzen Weges" der Theodizee 131
2.1 Die Unvermeidbarkeit des Schlechten von der „Glaubenslogik" her 131
2.2 Grundlegung des „kurzen Weges" 133
2.3 Die notwendige Öffnung auf den „langen Weg" 136
3. Das schwierige Problem der gegenwärtigen Unzulänglichkeit des „kurzen Weges" 139
3.1 Von außen her: Eine tödliche Bedrohung des Gottesglaubens 139
3.2 Von innen her: Zerstörung der Kohärenz in der Gottesidee 141
4. Konkretisierung: Die unmögliche Vereinbarkeit unter den göttlichen Attributen 144
4.1 Die Infragestellung der Allmacht 144
4.1.1 Eine umfassende Infragestellung mit unechten Auswegen 144
4.1.2 Ein beschränkter „Gott" 146
4.1.3 Ein leidender „Gott" 147
4.1.4 Exkurs: Die Allmacht und die Fallstricke der Sprache 148
4.2 Die Infragestellung der Güte 149
4.2.1 Ein schlechter „Gott" 150
4.2.2 Der Rückgriff auf die „Dualismen" 151
4.2.3 Ein zorniger „Gott" 152
4.2.4 Das verformte „Kreuz" 152
4.3 Die radikale Infragestellung der Begreiflichkeit 154
4.3.1 Die voreilige Einführung des „Geheimnisses" 154
5. Übergang: Gegen eine „verrückt gewordene Logik", jenseits von Hiob 158
5.1. Merkwürdig unannehmbare „theologische" Folgerungen 158
5.2. Der Missbrauch des Buches Hiob 160
5.3. „Vor" Gott klagen, nie „gegen" Ihn 161

Kapitel VI
Gott gegen das Üble (2): Der „lange Weg" der Theodizee

1. Die neue Dynamik des Problems 167
2. Die wahre Frage und die richtige Antwort darauf: endlich über Epikur hinaus 169
2.1 Die wahre Frage und ihre wirkliche Ernsthaftigkeit 169
2.2 Die wahrhafte Antwort und ihre innerste Kohärenz 172
2.2.1 Das Bleibende und das Neue 172
2.2.2 Die Neusicherung der Güte 173
2.2.3 Die Neusicherung der Allmacht 175
3. Theodizee und Geheimnis 178
3.1 Wahres Geheimnis versus logischer Widerspruch oder „schlechtes Geheimnis" 178
3.2 Die Logik des Glaubens und die letztliche Kohärenz der Theodizee 180
4. „Zu viel Übles": Resteinwand und „Logik des Trotzdem" 183
4.1 Der Einwand: Zu viel Übles 183
4.2 „Logik des Trotzdem" versus „Zulassen" und „Logik des Dafür" 186
5. Der fürchterlichste Einwand 191
5.1. Der Sinn der Schwierigkeit und notwendige Unterscheidungen 191
5.2. Der Einwand als gemeinsames Grundproblem in der theologischen Tradition 193
5.3. Die unvermittelte Auseinandersetzung mit der Schwierigkeit 195
5.3.1 Die notwendige Vermittlung der Zeit 196
5.3.2 Die Möglichkeit vollkommenen, eschatologischen Heils für ein endliches Geschöpf 198
5.3.3 Die Gemeinschaft in der Liebe: Johannes vom Kreuz und Hegel 201
5.4. Hermeneutische Wende: Der Begriff „Endlichkeit" von der Theologie her 204
6. Exkurs: Über die Idee der Offenbarung und ihre Bedeutung für die Theodizee 206

Kapitel VII
Gott, der „Anti-Böse"

1. Eine radikale Umkehr der Perspektiven 213
1.1. Eine Revolution in der Gottesidee 213
1.2 „Erbsünde" und „Heilsgeschichte" 216
2. Wunder, Vorsehung und Bittgebet 222
2.1 Die Herausforderung des Deismus 222
2.2 Das Miraculum, Skandal und Herrlichkeit 224
2.2.1 Der „theologische" Unsinn des Miraculum 224
2.2.2 Weil nichts Wunder ist, ist alles „Wunder" 227
2.3 Die Vorsehung, zwischen Notwendigkeit und Freiheit 229
2.4 Das Bittgebet und seine Überwindung in freier und erkenntlicher Annahme 233
3. Uneingeschränkte Offenbarung versus „Gottes Schweigen", „Erwählung" und „Holocaust" 238
3.1 Nicht Schweigen Gottes, sondern Taubheit bzw. Widerstand des Menschen 238
3.2 Keine begünstigende „Erwählung", sondern liebevolle Achtung vor der Besonderheit 240
3.3 Nicht (religiöser) „Holocaust", sondern entsetzliches Verbrechen (der Menschen) 243
3.3.1 Negative Folgen der Sakralisierung des Verbrechens 243
3.3.2 Ausschließende Besonderheit versus fruchtbare Eigentümlichkeit 246
4. Die Hölle, von der Theodizee her gesehen 250
4.1 Die „Hölle", keine „göttliche" Strafe, sondern „Tragödie für Gott" 250
4.2 Grundlegender Sinn der „Hölle" und unbefriedigende Theorien 252
4.3 Die „Hölle" als „ewiger Tod" oder ewiger Möglichkeitsverlust 254
5. Abschluss und Ausblick: An Gott als den „Anti-Bösen" glauben 260

Anmerkungen 265
Bibliographie 325
Personenregister 341