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Das Konzil von Konstantinopel 536
Patrick Brimioulle
Reihe: Roma Aeterna. Beiträge zu Spätantike und Frühmittelalter
Franz Steiner Verlag
EAN: 9783515126663 (ISBN: 3-515-12666-X)
323 Seiten, hardcover, 18 x 25cm, 2020
EUR 58,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Im Jahr 536 wurde in Konstantinopel ein Konzil einberufen, auf dem Anthimos, der Bischof der Hauptstadt, nach nur einem Jahr Amtszeit abgesetzt und zahlreiche Bischöfe mit ihm als Häretiker verurteilt und aus der Stadt verbannt wurden. Bei diesem Ereignis handelte es sich um die jüngste Eskalation in den kirchenpolitischen Auseinandersetzungen, die nach dem Konzil von Chalkedon 451 die Kirche erschütterten – es sollte sich als Wendepunkt in der Kirchenpolitik Justinians (527–565) erweisen.
Patrick Brimioulle rekonstruiert den genauen Ablauf des Konzils, seine Organisation und sein Verhältnis zur bisherigen kaiserlichen Kirchenpolitik sowie seine Einbettung in die kirchenpolitischen Auseinandersetzungen seiner Zeit. Brimioulle untersucht die gesellschaftlichen Dynamiken bei religiösen Streitigkeiten und beleuchtet damit erstmals die kirchenpolitischen Verwicklungen auch aus sozialgeschichtlicher Perspektive. Im Zentrum steht dabei, wie es zur Ausformung einer spezifischen eigenen Identität und zur Bildung unterschiedlicher Parteien unter Bischöfen, Mönchen und gewöhnlichen Gemeindemitgliedern kam.
Patrick Brimioulle studierte Alte Geschichte, Mittelalterliche Geschichte und Katholische Theologie und arbeitete zu Themen aus dem Bereich der Spätantike und der alten Kirchengeschichte. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Entwicklung christlicher Dogmen im Hinblick auf die Christologie im 5. und 6. Jahrhundert.
Rezension
Diese Studie behandelt nicht das zweite Konzil von Konstantinopel von 553, das als das Fünfte Ökumenische Konzil und das letzte der Spätantike in die Geschichte einging, sondern das Konzil von 536 ebenfalls unter Kaiser Justinian I. (Kaiser von 527-565), auf dem der erst 535 zum Patriarchen von Konstantinopel ernannte Bischof Anthimos nach nur einem Jahr abgesetzt, verurteilt und exkommuniziert wurde. Hintergrund war eine zu große Nähe zu den Positionen des Severus von Antiochia und dem Monophysitismus (Ein-Naturen-Lehre: Ganzer Mensch). Die Konzilien von Nicäa 325 und Chalkedon 451 hatten hingegen die Zwei-Naturen-Lehre Christi festgeschrieben: Ganzer Mensch und ganzer Gott. Der Autor dieser Studie rekonstruiert den genauen Ablauf des Konzils, seine Organisation und sein Verhältnis zur bisherigen kaiserlichen Kirchenpolitik sowie seine Einbettung in die kirchenpolitischen Auseinandersetzungen seiner Zeit. Unter Justinian I. erreichte die Einheit (Symphonia) von spätantikem Staat und christlicher Kirche ihren ersten Höhepunkt. Eifrig um Christianisierung bemüht ging der Kaiser sowohl gegen Heiden und pagane Philosophen wie gegen Häretiker vor und ließ die Kindstaufe zwangseinführen, der Abfall vom Christentum galt grundsätzlich als todeswürdiges Verbrechen. In der Frage innerkirchlicher Häresien scheiterten Justinians Ausgleichsbemühungen; seine Verurteilung der monophysitischen Lehre, welcher unter anderem selbst Kaiserin Theodora folgte, verschärfte nur die schon existierenden Spannungen zwischen den monophysitischen Kirchen Syriens und Ägyptens und der antimonophysitisch bzw. chalcedonensisch eingestellten römischen und konstantinopolitanischen Kirche.
Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Roma Aeterna. Beiträge zu Spätantike und Frühmittelalter
ISSN 2195-5808
Herausgegeben von Volker Henning Drecoll, Irmgard Männlein-Robert, Mischa Meier und Steffen Patzold.
In den letzten Jahren haben die traditionellen Grenzen zwischen den vertrauten historischen Großepochen zunehmend Probleme bereitet. Dies gilt nicht zuletzt für die Phase zwischen Antike und Mittelalter, die verstärkt in den Mittelpunkt interdisziplinärer Forschungen gerückt ist und als eigenständige und historisch bedeutsame Phase Konturen gewinnt. Historiker, Literaturwissenschaftler, Archäologen und Theologen sehen sich dabei mit der Herausforderung konfrontiert, langfristige Transformationsprozesse und epochale Zäsuren zu einem konsistenten Gesamtpanorama zusammenzubringen, das auch den aktuellen Diskussionen über Epochen- und Periodisierungsfragen in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften Impulse zu geben vermag.
Die Schriftenreihe Roma Aeterna. Beiträge zu Spätantike und Frühmittelalter trägt den Entwicklungen in der internationalen Spätantike- und Frühmittelalterforschung Rechnung. Sie ist ausgerichtet auf jene Übergangsphase, die zwischen der Antike und dem Mittelalter liegt, und erfaßt diese aus einer möglichst breiten Perspektive, indem nicht nur traditionelle Epochenschwellen, sondern auch Fächergrenzen überschritten werden. Die Reihe vereint herausragende Einzeluntersuchungen sowie grundlegende Sammelbände aus den Bereichen der Alten und Mittelalterlichen Geschichte, der Klassischen Philologie, Archäologie, Theologie und Byzantinistik, die sich auf den Zeitraum des 3.–8. Jahrhunderts beziehen.
Inhaltsverzeichnis
DANKSAGUNG 5
INHALTSVERZEICHNIS 7
1. EINLEITUNG 11
1.1 Fragestellung und Aufbau der Arbeit 11
1.2 Die Quellenlage 16
2. DIE KIRCHENPOLITIK DES ANASTASIOS (491-518) 20
2.1 Die Situation in der Hauptstadt 22
2.1.1 Das Verhältnis des Anastasios zu Euphemios 22
2. 1. 2 Die Positionierung des Makedonios gegenüber Chalkedon 28
2.1.3 Die Offensive des Philoxenos von Mabbug und des Severos und der Sturz Flavians 30
2.1.4 Der Sturz des Makedonios 36
2.1.5 Der Staurotheis-Aufstand und die Bedeutung des Staurotheis-Zusatzes
2.1.6 Der Aufstand Vitalians 44
2.1.7 Zwischenfazit — Die Polarisierung des chalkedonischen Lagers in Konstantinopel infolge der kaiserlichen Politik 49
2.2 Die Situation in Syrien 512-518 51
2.2.1 Die Wahl des Severos und ihre Kanonizität 51
2.2.2 Die Rolle der Diptychen 53
2.2.3 Die Diptychen im Patriarchat von Antiocheia — Die Grenzen der Veränderung der Namenslisten 57
2.2.4 Der chalkedonische Widerstand in Phönizien 60
2.2.5 Der chalkedonische Widerstand in der Syria II 62
2.2.6 Eskalationen der Gewalt in der Syria II 65
2.3 Fazit — Die Grenzen kaiserlicher Macht — Radikalisierungen und Ausdifferenzierungen im chalkedonischen und miaphysitischen Lager 70
3. DIE KIRCHENPOLITISCHEN ENTWICKLUNGEN UNTER JUSTIN I. (518-527) 74
3.1 Die Synoden von 518 und die Verurteilung des Severos von Antiocheia 74
3.2 Das Bekenntnis Justins I. und seine Rolle bei der chalkedonischen Wende 82
3.3 Ein chalkedonischer Gottesdienst für Konstantinopel 84
3.3 Das Ende des Akakianischen Schismas und die Einheit mit Rom 86
3.4 Die skythischen Mönche und die theopaschitische Formel 89
3.5 Die Lage in Syrien 97
3.5.1 Die Durchsetzung der formula Hormisdae im Osten 97
3.5.2 Die Etablierung einer unabhängigen miaphysitischen Hierarchie nach 518 101
3.6 Zusammenfassung — Zur Situation des chalkedonischen Lagers in Konstantinopel und Syrien während der Regierungszeit Justins 104
4. DIE KIRCHENPOLITIK JUSTINIANS BIS ZUM KONZIL VON 536 107
4.1 Der Beginn der Herrschaft Justinians und das Glaubensedikt von 527 107
4.2 Das Religionsgespräch 532 109
4.3 Das Edikt von 533 und die Anerkennung der theopaschitischen Formel durch Rom 534 115
4.4 Exkurs I — Die (weltliche) politische Lage in den 530ern - Erschütterung im Inneren und Erfolge in der Außenpolitik 121
5. DAS KONZIL VON KONSTANTINOPEL 536 126
5.1 Der Ereignisablauf 127
5.1.1 Der Auslöser des Konzils - Die Aktivitäten der Miaphysiten in der Hauptstadt und die Ankunft des Severos 127
5.1.2 Die Sitzung I des Konzils — Die Themensetzung 132
5.1.2.1 Der Brief der Mönche Konstantinopels, der Syria II und Palästinas an Justinian 133
5.1.2.2 Das Didaskalikon der Mönche an die synodos endemousa 135
5.1.2.3 Die Bittschrift der Mönche Konstantinopels, Anatoliens und Palästinas an Agapet 137
5.1.2.4 Der Brief der orientalischen und palästinischen Bischöfe an Agapet 143
5.1.2.5 Der Brief Agapets an Petros von Jerusalem 147
5.1.2.6 Zusammenfassung — Organisation des Konzils und Zielsetzung der Akteure 150
5.1.3 Die Sitzungen II—IV des Konzils — Der Fall Anthimos 153
5.1.3.1 Die Suche nach Anthimos und seine Verurteilung 153
5.1.3.2 Zur Person und theologischen Ausrichtung des Anthimos 155
5.1.3.3 Zur kirchenrechtlichen Lage zu Bistumswechseln 166
5.1.4 Die Sitzung V — Die Fälle Severos von Antiocheia, Petros von Apameia und Zooras 170
5.1.4.1 Die Briefe der Mönche und Bischöfe an Justinian und Menas 171
5.1.4.2 Die beiden Briefe des Hormisdas 175
5.1.4.3 Die Dokumente im Zusammenhang mit der synodos endemousa 518 178
5.1.4.4 Zooras und die Nebentaufen und Nebengottesdienste in der Hauptstadt 181
5.1.4.5 Das abschließende Urteil der Synode und die Diataxis Kaiser Justinians 186
5.1.5 Exkurs II — Die Rolle Theodoras in der Kirchenpolitik 189
5.1.6 Die Rezeption der Synode — Die Bestätigung durch Jerusalem und das Nachwirken als ökumenisches Konzil 192
5.2 Die Bedeutung der synodos endemousa im Jahr 536 und ihre Rolle für die Regierung der Kirche 194
5.2.1 Die Rolle der synodos endemousa für den Kaiser und den Bischof von Konstantinopel 194
5.2.2 Die synodos endemousa 518 als Vorbild für 536 — Unterschiede und Gemeinsamkeiten ihrer Organisation und ihres Ablaufs 197
5.2.3 Das Verhältnis des Konzils von 536 zu Justinian 202
5.2.3.1 Die Unzufriedenheit der chalkedonischen Kleriker mit dem bisherigen Kurs Justinians 20
5.2.3.2 Wer ist der legitime Träger von Theologie? — Das Verhältnis zwischen Kaiser und Kirche 207
5.3 Die weiteren Akteure beim Sturz des Anthimos 536 und ihr Einfluss in der Hauptstadt 211
5.3.1 Das Dalmatios-Kloster und die Rolle der hauptstädtischen Klöster 412
5.3.2 Die Rolle Roms 217
5.3.3 Zusammenfassung — Das strukturelle Umfeld der Bischöfe von Konstantinopel 224
6. ZUR HERAUSBILDUNG KIRCHENPOLITISCHER IDENTITÄTEN 229
6.1 Schaffung und Versorgung eigener Anhängerschaften - die Rolle von (materiellen) Ressourcen 230
6.1.1 Petros von Apameia und das Kirchenvermögen von Apameia 231
6.1.2 Vitalian und sein Heer 235
6.1.3 Severos von Antiocheia — Spirituelle Autorität 238
6.2 Die Einübung der eigenen Rechtgläubigkeit im Gottesdienst 244
6.2.1 Die Diptychen als Spiegelbild religiöser Identität 246
6.2.2 Hymnen als potenzielle Träger christologischer Positionen - Das Trishagion und der Hymnus Ho Monogenes 251
6.2.3 Die Gleichsetzung von Glauben und Glaubensvollzug. Die Spannungen durch die Vielfalt christlicher Liturgien unter demselben Bekenntnis 256
6.2.4 Prägung von Feindbildern — ,Häretiker-Stammbäume' als ,Negativ-Diptychen' 262
6.3 Eindeutigkeit und Uneindeutigkeit des rechten Glaubens - Was zählt eigentlich als
chalkedonisch? 268
6.3.1 Chalkedonier oder Miaphysit? — Die Fälle Flavian von Antiocheia und Anthimos von Trapezunt 270
6.3.2 Das Problem des chalkedonischen Selbstverständnisses Zwischen reiner Bestätigung Nikaias und theologischer Weiterentwicklung 274
6.3.3 Der fehlende eindeutige Bezugsrahmen chalkedonischer Theologie — Das schwierige Erbe der antiochenischen und alexandrinischen Schule 279
6.3.4 Chalkedonier oder Miaphysit oder einfach nur Christ? - Das Fehlen eines Kirchenpolitischen Profils und die Problematik der Quellen 290
6.3.5 Zusammenfassung — Die Vielgestaltigkeit religiöser Identitäten 294
6.4 Fazit: Das Konzil von Konstantinopel 536 als Resultat eines Vertrauensverlusts in Justinian in Teilen des chalkedonischen Lagers 296
7. AUSBLICK — DIE REAKTION JUSTINIANS AUF DAS KONZIL 536 304
8. QUELLEN 310
9. LITERATUR 314
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