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Blutige Enthaltung Deutschlands Rolle im Syrienkrieg
Blutige Enthaltung
Deutschlands Rolle im Syrienkrieg




Sönke Neitzel, Bastian Matteo Scianna

Herder Verlag
EAN: 9783451073434 (ISBN: 3-451-07343-9)
160 Seiten, kartoniert, 16 x 20cm, Mai, 2021

EUR 18,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
"Die größte menschliche Katastrophe des Arabischen Frühlings spielte und spielt sich weiterhin in Syrien ab."



Die Historiker Sönke Neitzel und Bastian Matteo Scianna legen die erste Gesamtdarstellung der deutschen Syrienpolitik seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 vor. Sie zeigen die Probleme einer Außenpolitik auf, die angesichts der katastrophalen Lage in Syrien in Schockstarre verfiel. Neitzel und Scianna konstatieren eine Diskrepanz zwischen der wirtschaftlichen Macht der Bundesrepublik und der geringen Bereitschaft, einer gewachsenen politischen Verantwortung im internationalen Krisenmanagement gerecht zu werden.



Ihr Fazit: Es fehlt hierzulande eine strategische Kultur im Umgang mit militärischen Konflikten. Stattdessen besteht die deutsche Außenpolitik oftmals aus einer handlungsarmen, aber selbstgerechten Ratschlaggeberei von der Seitenlinie, die eine gemeinsame westliche Haltung erschwert.
Rezension
Lange Zeit stand der Bürgerkrieg in Syrien im Fokus, rund um den Globus. In Zeiten der Pandemie ist die Tragödie der syrischen Bevölkerung ins Hintertreffen geraten, aber keineswegs aus der Welt geschafft. Die beiden Militärhistoriker Sönke Neitzel und Bastian Matteo Scianna nehmen diesen Konflikt ins Visier, stellen ihn in Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling und den sich hieraus entwickelnden Konflikten in der Region des nahen und mittleren Osten. Kern dieser Betrachtungen ist die Rolle der Bundesrepublik Deutschland in einer Periode wechselnder Regierungskoalitionen (v.a. 2011 bis 2021).

Die beiden Autoren beschreiben in kompakter Form die Lage der arabischen Welt rund um die Geschehnisse des "Arabischen Frühlings". In dieser Zeit des Umbruchs geraten die beteiligten Staaten auch ins Visier der Großmächte, allen voran der USA und Russland. Sicherung und mögliche Ausweitung der eigenen Machtsphären und geopolitische Interessen brechen sich in der Bahn in der gesamten Region. Nach Interventionen und Kriegen im Irak und in Libyen, gerät das Regime des syrischen Machthabers Assad unter Druck. Es beginnt ein bewaffneter Konflikt, Syrien ist bis heute nicht zur Ruhe gekommen.
Das Agieren der westlichen Alliiertem ist alles andere als einheitlich. Gewissermaßen einer Sonderrolle nehmen hierbei aus Sicht der beiden Autoren die verantwortlichen Spitzenpolitiker Deutschlands ein. Es mangelt nicht an guten Absichten, oft genug wird konsequentes Handeln eingefordert - aber wie steht es um das eigene Handeln und die Bereitschaft zur Konsequenz?

Sönke Neitzel und Bastian Matteo Scianna beschreiben gewissermaßen ein "deutsches Dilemma". Aufgrund der eigenen Historie in jüngerer Zeit sind die Deutschen zurückhaltend, wenn es um bewaffnete Konflikte geht. So weit, so gut und mehr als verständlich. Aber 76 Jahre nach Kriegsende hat Deutschland als demokratische Bundesrepublik nach und nach einen festen Platz in der Völkergemeinschaft. Aufgrund seiner politischen und wirtschaftlichen Entwicklung steht Deutschland heute sehr gut da und die Erwartungen weltweit, insbesondere natürlich die der Bündnispartner, stimmen mit der deutschen Eigensicht und den hieraus resultierenden Konsequenzen häufig nicht überein.
Die beiden Autoren legen den Finger in die Wunde und bewerten die Politik Deutschlands, wenn es um die Mitwirkung bei der Lösung bewaffneter Konflikte geht, sehr kritisch.
Zweifelsfrei ein wichtiges Buch, das es allemal zu lesen lohnt, auch wenn man selbst einigen Argumenten und Schlussfolgerungen der beiden renommierten Autoren nicht folgt und zu anderen Bewertungen gelangt. Eben solche Kontroversen sind notwendig, damit die deutsche Politik und die Gesellschaft ihren Standpunkt im Zuge internationaler Erwartungen zur Übernahme der zurecht eingeforderten (Mit-)Verantwortung zu finden. Hier leistet das vorliegende Werk einen sehr guten Beitrag!

Dietmar Langusch, Lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Gibt es eine deutsche Syrien-Strategie?


Die Historiker Sönke Neitzel und Bastian Matteo Scianna legen die erste Gesamtdarstellung der deutschen Syrienpolitik seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 vor. Sie zeigen die Probleme einer Außenpolitik auf, die angesichts der katastrophalen Lage in Syrien in Schockstarre verfiel. Neitzel und Scianna konstatieren eine Diskrepanz zwischen der wirtschaftlichen Macht der Bundesrepublik und der geringen Bereitschaft, einer gewachsenen politischen Verantwortung im internationalen Krisenmanagement gerecht zu werden.

Ihr Fazit: Es fehlt hierzulande eine strategische Kultur im Umgang mit militärischen Konflikten. Stattdessen besteht die deutsche Außenpolitik oftmals aus einer handlungsarmen, aber selbstgerechten Ratschlaggeberei von der Seitenlinie, die eine gemeinsame westliche Haltung erschwert.

Sönke Neitzel, geb. 1968, seit 2015 Lehrstuhlinhaber für Militärgeschichte/Kulturgeschichte der Gewalt am Historischen Institut der Universität Potsdam. Zuletzt erschien von ihm »Deutsche Krieger. Vom Kaiserreich zur Berliner Republik – eine Militärgeschichte« (2020).

Bastian Matteo Scianna, geb. 1987, seit 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Institut der Universität Potsdam. Er lehrt und forscht über die Konflikte im Nahen Osten und verfasst seine Habilitationsschrift über die Geschichte des Schengener Abkommens.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1 .Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2 . Der Arabische Frühling und die Intervention in Libyen 2011 . . 17
Der Arabische Frühling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Deutschland und der Nahe Osten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Die Intervention in Libyen (März 2011) . . . . . . . . . . . . . . . 21
Der Verlauf und die Folgen der Intervention in Libyen . . . . 25

3 . Deutschland und der Beginn des Syrienkonflikts . . . . . . . . . . . 29
Der Ausbruch des syrischen Bürgerkrieges 2011 bis Sommer 2013 . . . . . 29
Das Eingreifen der anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Die Versuche der Vereinten Nationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Die deutsche Haltung 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Waffenlieferungen an die Rebellen: Eine verpasste Chance? . 46
Giftgas als „rote Linie“? Die Nichtintervention im August undSeptember 2013 . . . . . 51
Die deutsche Haltung: Ein weiteres Libyen?. . . . . . . . . . . . . 54
Die Debatte über eine Flugverbotszone über Syrien . . . . . . . 60

4 . Die nahende Flüchtlingskrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

5 . Das deutsche Eingreifen als Teil der Anti-IS-Koalition . . . . . . . 77
Neue Regierung – neue Krisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 77
Waffenlieferungen in den Nordirak . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 80
Krisenjahr 2015: Terror in Paris und russisches Eingreifen inn Syrien. . . . . . . . . . . . .. 82
Deutschland als Teil der Operation „Inherent Resolve“ . . .. 84

6 . Das Ende des IS und der Kampf um die Nachkriegsordnung in Syrien 2016–2020 . . . . . . . . . . . 91
Trumps rote Linie: Der April 2017. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Die Luftschläge im April 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
Der Sieg Assads und die Konfliktzone Nordsyrien . . . . . . . . 102
Wiederaufbau: Der neue geostrategische Konflikt . . . . . . . . 105
Die Krise im östlichen Mittelmeer 2020 – ? . . . . . . . . . . . . . 107

7 . Fazit: Blutige Enthaltung und gute Absichten . . . . . . . . . . . . . . 111

Weiterführende Lektüre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
Über die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160