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Bildungsstandards und Kompetenzmodelle Beiträge zu einer aktuellen Diskussion über Schule, Lehrerbildung und Unterricht
Bildungsstandards und Kompetenzmodelle
Beiträge zu einer aktuellen Diskussion über Schule, Lehrerbildung und Unterricht




Axel Gehrmann, Uwe Hericks, Manfred Lüders (Hrsg.)

Verlag Julius Klinkhardt
EAN: 9783781517332 (ISBN: 3-7815-1733-0)
262 Seiten, paperback, 15 x 21cm, 2010

EUR 18,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die internationalen Schulleistungsstudien haben nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland zu facettenreichen Antworten in Politik, Verwaltung und Wissenschaft auf die festgestellten Leistungsdifferenzen zwischen den Bundesländern, den Schularten und den fachbezogenen Domänen geführt. Dabei zeigt sich in den letzten Jahren eine deutliche Tendenz zur Standardisierung von Programmen, die vor dem Hintergrund kompetenz-orientierter Modellbildungen darauf abzielen, zur Qualitätssteigerung von Schule, Lehrerbildung und Unterricht beizutragen.

Dieser Band rekapituliert die Genese und Verwendung des neuen Steuerungsinstruments auf den Ebenen des Schulsystems, der Lehrerbildung und des Fachunterrichts.

Gezeigt wird insbesondere, welche vorgängigen internationalen Erfahrungen vorliegen und welche Entwicklungen diese in Deutschland nach sich gezogen haben. Dabei werden fachliche und überfachliche Standarddiskussionen aufeinander bezogen und die Notwendigkeit belegt, den Blick für die konkreten Umsetzungsmodi in den Teilsystemen des Schulsystems zu schärfen.

Zu Wort kommen ausgewiesene Expertinnen und Experten, die aus ihren Forschungsarbeiten berichten und zeigen, welche Wirkungen sie in Hinsicht auf eine Verbesserung der Qualität von Schule, Lehrerbildung und Unterricht durch Bildungsstandards und Kompetenzmodelle erwarten bzw. welche schon eingetreten sind.
Rezension
Bildungsstandards und Kompetenzmodelle sind in aller Munde und es wird auch in allen Fachdidaktiken fleißig daran gearbeitet; die internationalen Schulleistungsstudien der vergangenen Jahre haben dazu genötigt, um zur Qualitätssteigerung von Schule, Lehrerbildung und Unterricht beizutragen. Einheitliche Bildungsstandards sind auch deshalb in aller Munde, weil nicht nur die Europäische Union dazu nötigt, sondern auch das föderale Bildungssystem der Bundesrepublik nach Bundesländer-übergreifender Standardisierung verlangt. Bildungsstandards sind ein aus der amerikanischen Schulpolitik entlehntes Element zur Steuerung von Bildungsprozessen, die in Deutschland zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der Bildungspolitik an Bedeutung gewonnen haben. Wesentliche Vorläufer sind die Diskussion um Schlüsselqualifikationen, die Überlegungen zur Pluralisierung der Lernbedingungen und die Kritik an der Überfüllung der Lehrpläne mit Stoff. Man ist weniger am Unterrichtsgegenstand (input) als an den an (verschiedenen) Gegenständen erwerbbaren Kompetenzen / Qualifikationen (outout) orientiert, - man orientiert sich also von materialer Bildung hin zu formaler / kategorialer Bildung im Sinne Wolfgang Klafkis. Dieser Band rekapituliert die Genese und Verwendung des neuen Steuerungsinstruments auf den Ebenen des Schulsystems, der Lehrerbildung und des Fachunterrichts.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 13

I Standards als Steuerungsinstrumente im Schulsystem 21


Sigrid Zeitler, Olaf Köller, Bernd Tesch
1 Bildungsstandards und ihre Implikationen für Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung 23
1.1 Bildungsstandards als Steuerungsinstrumente 23
1.2 Bildungsstandards und Qualitätssicherung 26
1.3 Von Kompetenzskalen zu Kompetenzstufen 28
1.4 Von den Bildungsstandards zum Unterricht 32
1.5 Zusammenfassung 35

Walter Herzog
2 Besserer Unterricht dank Bildungsstandards und Kompetenzmodellen? 37
2.1 Durchgreifende Steuerung des Schulsystems 37
2.2 Zur Logik der standardbasierten Schulreform 38
2.3 Standardbasierte Schulreform à l’américaine 40
2.3.1 Qualität der Tests 40
2.3.2 Auswirkungen auf den Unterricht 41
2.3.3 Auswirkungen auf den Lehrerberuf 41
2.4 Standardbasierte Schulreform à l’européenne 42
2.5 Bilanz 44

Uwe Maier
3 Formative und summative Aspekte testbasierter Schulreformen 47
3.1 Bildungsstandards und Vergleichsarbeiten als Teil testbasierter Schulreformen 47
3.2 Formative und summative Aspekte zentraler Leistungsmessungen 48
3.3 Zentrale Testsysteme als Vorbild für Lehrkräfte und Schulen 51

Robert Kreitz
4 Was ist es, was Kompetenztests messen? 55
4.1 Das Kompetenzkonstrukt „Hörverstehen“ des IQB 57
4.2 Analyse der Beispielaufgabe „Historical Tour“ 59
4.3 Detailkritik der Aufgabenitems 63
4.4 Einwände gegen die Testkritik 66

II Standards im Kontext der Professionalisierung des Lehrerberufs 71

Johannes König, Rainer Peek (†), Sigrid Blömeke
5 Erfassung von Ergebnissen der erziehungswissenschaftlichen Lehrerausbildung 73
5.1 Einleitung 73
5.2 Die Erfassung pädagogischen Wissens 74
5.3 Ableitung der Fragestellung 78
5.4 Stichprobe und Skalierung des Tests 79
5.5 Ergebnisse 80
5.6 Diskussion 82

Colin Cramer
6 Kompetenzerwartungen Lehramtsstudierender.
Grenzen und Perspektiven selbsteingeschätzter Kompetenzen in der Lehrerbildungsforschung 85

6.1 Überlegungen zur gegenwärtigen Praxis der Kompetenzerfassung 85
6.2 Begründungen und Fragestellung 88
6.3 Stichprobe 89
6.4 Operationalisierung 90
6.5 Ergebnisse 91
6.6 Neujustierung selbsteingeschätzter Kompetenzen 94

Margarete Dieck, Diemut Kucharz, Oliver Küster, Katharina Müller, Tanja Rosenberger, Stefanie Schnebel
7 Kompetenzentwicklung von Lehramtsstudierenden in verlängerten Praxisphasen. Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Modellversuchs „Praxisjahr Biberach“ durch die Pädagogische Hochschule Weingarten 99
7.1 Zur Verwendung des Kompetenzbegriffs 100
7.2 Selbsteingeschätzte Kompetenzentwicklung 101
7.3 Unterrichtliche Handlungskompetenz 103
7.4 Entwicklung fachdidaktischer Planungskompetenz 104
7.5 Unterrichtsnachbesprechungen als Beitrag zur Kompetenzentwicklung 106
7.6 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 107

Tobias Leonhard, Norbert Nagel, Thomas Rihm, Veronika Strittmatter-Haubold, Petra Wengert-Richter
8 Zur Entwicklung von Reflexionskompetenz bei Lehramtsstudierenden 111
8.1 Einleitung 111
8.2 Reflexionskompetenz als Ziel der Lehrerbildung 111
8.2.1 Bestimmungsmerkmale von Reflexion 111
8.2.2 Reflexion und Kompetenz 113
8.2.3 Modellierung von Reflexionskompetenz 114
8.3 Beschreibung des Evaluationsvorhabens 115
8.3.1 Kontext und Genese 115
8.3.2 Evaluationsgegenstand: Begleitformate schulpraktischer Studien 116
8.3.3 Evaluationskriterium: Reflexionskompetenz 117
8.4 Beschreibung des Instruments zur Messung der Reflexionskompetenz 118
8.4.1 Zugrundeliegende Prämissen 118
8.4.2 Konkrete Gestaltung des Forschungsinstruments 119
8.4.3 Einsatz des Instruments 120
8.4.4 Entwicklung der Auswertungsverfahren 121
8.4.5 Aktueller Stand der Auswertung 124

Stefan Albisser, Manuela Keller-Schneider
9 Entwicklung der Unterrichtskompetenz – Bedeutung von Professionswissen, Überzeugungen und Dispositionen im Prozess des Unterrichten Lernens 129
9.1 Fragestellung 129
9.2 Forschungskontext der Problemstellung 130
9.2.1 Entwicklung und Bedeutung der Berufsforschung für die Evaluationsstudie zum Lehren lernen 130
9.2.2 Wissen, Überzeugungen und Kompetenzentwicklung unter dem Druck von Anforderungen 131
9.2.3 Stufen der Kompetenzentwicklung 131
9.2.4 Die Nutzung von Lerngelegenheiten in Abhängigkeit verschiedener Dispositionen 132
9.3 Design, methodisches Vorgehen, Erhebungsinstrumente 132
9.3.1 Kontext des Studienschwerpunkts 132
9.3.2 Evaluationsauftrag 133
9.3.3 Design, Erhebungsinstrumente, Auswertungsverfahren 134
9.4 Befunde136
9.4.1 Wie lernen Schüler/innen? – Veränderungen der Studierenden-Überzeugungen 136
9.4.2 Befunde zur Zielerreichung eines auf Konzeptveränderung bei den Schüler/innen angelegten Unterrichts 137
9.4.3 Kontrastive Analyse der beiden Gruppen138
9.5 Diskussion und Folgerungen 141

III Standards im fachbezogenen Unterricht 145

Johannes Meyer-Hamme
b>10 „Wenn´s halt darum geht, dass die Osmanen vor Wien standen“ – Zur systematischen Berücksichtigung der Subjektperspektive auf die fachliche Kompetenzentwicklung 147
10.1 Unterrichtsforschung aus der Perspektive der Bildungsgangforschung 148
10.2 Historische Kompetenzen und das Problem der Messbarkeit 150
10.3 Drei Fallskizzen über den Zusammenhang von Kompetenzentwicklung und Identitätsreflexion 153
10.3.1 Süleyman 153
10.3.2 Dzenan 154
10.3.3 Stefanie 155
10.4 Fazit: Notwendig sind Bildungsgangstudien mit dem Fokus auf fachliche Kompetenzentwicklung 156

Hans-Dieter Sill
11 Kritik und Perspektiven der aktuellen Bildungsstandards für den Mittleren Abschluss im Fach Mathematik 159
11.1 Zur Geschichte der aktuellen Bildungsstandards 159
11.2 Generelle Probleme der Bildungsstandards für den Mittleren Abschluss im Fach Mathematik 162
11.2.1 Bildungsstandards und kulturellen Kohärenz der Curriculumentwicklung 162
11.2.2 Zur Vernachlässigung von wesentlichen Aspekten mathematischer Allgemeinbildung 164
11.2.3 Zur Erfüllung von Gütekriterien für Bildungsstandards 165
11.3 Zu Ursachen der genannten Probleme 165
11.4 Zu Perspektiven der Bildungsstandards im Fach Mathematik 166

Maik Walpuski, Alexander Kauertz, Nele Kampa,
Hans E. Fischer, Jürgen Mayer, Elke Sumfleth, Nicole Wellnitz
12 ESNaS – Evaluation der Standards für die Naturwissenschaften in der Sekundarstufe I 171
12.1 Standards in den naturwissenschaftlichen Fächern im internationalen Vergleich 171
12.2 Projektstruktur und Ziele von „Evaluation der Standards in den Naturwissenschaften“ (ESNaS) in Deutschland 173
12.2.1 Organisationale Strukturen 173
12.2.2 Prozess der Aufgabenentwicklung 174
12.3 Übertragung der Nationalen Bildungsstandards in ein Kompetenzstrukturmodell 175
12.4 Operationalisierung der Kompetenzbereiche Fachwissen und Erkenntnisgewinnung 177
12.5 Ergebnisse der Prä-Pilotierung in Chemie und Physik 179
12.6 Zusammenfassung, Ergänzungsstudien und Ausblick 181

Hubert Weiglhofer, Iris Venus-Wagner
13 Naturwissenschaftliche Bildungsstandards in Österreich 185
13.1 Ausgangslage 185
13.2 Erwartungen, Befürchtungen, Chancen und Gefahren von Bildungsstandards187
13.3 Das Kompetenzmodell 189
13.4 Prototypische Aufgaben 190
13.5 Ergebnisse der Pilotierungen in den berufsbildenden höheren Schulen 191
13.5.1 Vorpilotierung 191
13.5.2 Pilotierung 193
13.6 Resümee 196

Peter Neumann
14 Standards im Sportunterricht – Skizze eines qualitativen Forschungsprojektes 197
14.1 Ein kurzes Streiflicht auf die fachliche Standarddebatte im Sport 198
14.2 Zur konzeptionellen Idee von Differenzstudien 199
14.3 Zum Ablauf von Differenzstudien201
14.4 Zum Forschungsprojekt „Standards im Sportunterricht – einlösbare Ansprüche?“ 203
14.5 Ausblick 206

Anne-Katrin Jordan, Jens Knigge, Andreas Lehmann-Wermser
15 Projekt KoMus: Entwicklung von Kompetenzmodellen in einem ästhetischen Fach 209
15.1 Einleitung 209
15.2 Projekt KoMus: Entwicklung eines Kompetenzmodells 210
15.2.1 Operationalisierung des Modells mittels Testaufgaben 212
15.2.2 Technologiebasiertes Assessment 218
15.2.3 Pilotierungsstudie 219
15.3 Zusammenfassung 221

Dietlind Fischer, Andreas Feindt
16 Vom Kompetenzmodell zum Unterricht – Entwicklungsstrategien im Fach Evangelische Religion 223
16.1 Ebenen der Implementierung 223
16.2 Das Projekt zur Entwicklung von Bildungsstandards im Religionsunterricht (BiSRU 2005-2007) 225
16.3 Einrichtung einer Expertengruppe 226
16.4 Erarbeitung eines Begründungsrahmens für Kompetenzen 226
16.5 Konkretisierung an Beispielaufgaben 227
16.6 Strategie der diskursiven Erprobung des Kompetenzmodells 228
16.7 Das Projekt Kompetenzorientierter Religionsunterricht (KompRU 2007-2009) 229
16.7.1 Kontinuität 230
16.7.2 Kooperation 231
16.7.3 Situationsbezug 231
16.7.4 Reflexion 232
16.8 Kompetenzorientierung im Religionsunterricht – Erste Schritte und weitere Aufgaben 233

Martin Rothgangel, Britta Klose, Matthias Martens, Ulrike Hartmann
17 Kompetenzorientierung außerhalb der Kernfächer: Die Fächer Religion und Geschichte 237
17.1 Hinführung 237
17.2 Kompetenzorientierung im Fach Religion 237
17.2.1 Theoretische Perspektiven: Religiöse und religionspädagogische Kompetenz 237
17.2.2 Empirische Zugänge: Wahrnehmungs- und Diagnosekompetenzen von Religionslehrer/innen 240
17.3 Kompetenzen historischen Verstehens 241
17.3.1 Theoretische Ansprüche und Desiderate 241
17.3.2 Empirische Zugänge: Historische Perspektivenübernahme und Umgang mit Darstellungen von Geschichte 242
17.4 Empirische Kompetenzforschung in den ‚weichen Fächern’ – Probleme und Potenziale 244

Marc Kleinknecht, Thorsten Bohl
18 Aufgabenkultur im Unterricht. Eine empirisch-didaktische Video- und Unterrichtsstudie an Hauptschulen 249
18.1 Hauptschulspezifische Aufgaben- und Unterrichtskulturen 250
18.2 Aufgabenkultur in der Hauptschule 250
18.2.1 Ziele und Methoden 250
18.2.2 Ergebnisse 252
18.3 Diskussion 256

Autorenverzeichnis 259


Vorwort
Die Verabschiedung sowohl der Standards für den mittleren Schulabschluss
als auch der Standards für die Lehrerbildung durch die Kultusministerkonferenz
(KMK) in den Jahren 2003 und 2004 hat eine kritische Diskussion der
daraus folgenden Entwicklungen in Gang gesetzt. Dies war auch nicht anders
zu erwarten, denn die Einführung von Bildungsstandards in Form von Kompetenzbeschreibungen
und Kerncurricula stellt von ihrer Idee her einen Systemwechsel
in der Steuerung des Bildungssystems in Deutschland dar, der
vom Elementar- bis in den Tertiärbereich reicht.
Offene Fragen sind zurzeit vor allem auf zwei Ebenen angesiedelt. Die erste
Ebene umfasst forschungsmethodische und empirische Aspekte, die sich in
den folgenden Fragen widerspiegeln: Wie können Kompetenzen gemessen
werden? Lassen sich die mittels Kompetenztests erhobenen Daten in konsistenten
Modellen abbilden und eindeutig mit bestimmten fachlichen Domänen
in Verbindung bringen? – Erst auf Basis einer solchen Modellierung
könnten domänenspezifisch Kompetenzstufen und in deren Folge auch Mindest-,
Regel- und Optimalstandards definiert werden. Diese wiederum gelten
als Voraussetzung dafür, dass die Standards für Lehrkräfte, Schülerinnen und
Schüler und deren Eltern eine anschauliche Bedeutung sowie mittelfristig
eine Orientierungs- und Entwicklungsfunktion für das Bildungssystem als
Ganzes gewinnen können.
Die zweite Ebene betrifft den verwendungstheoretischen Aspekt von Standards.
Hier geht es um Fragen wie die folgenden: Was wissen wir über die
Verwendung von Standards durch Lehrerinnen und Lehrer, etwa über die
konkrete Verwendungspraxis in Gestalt von Aufgaben? In welcher Form sind
Bildungsstandards und Kompetenzmodelle geeignet, zu einer konkreten Verbesserung
des Unterrichts und zu einer Reorganisation der Aufgabenpraxis an
Schulen beizutragen?
Betrifft der erste Aspekt also die Messbarkeit und Modellierbarkeit von Standards,
geht es im zweiten um deren Lehrbarkeit. Beide Aspekte standen im
Zentrum einer Tagung mit dem Titel „Bildungsstandards und Kompetenzmodelle
– eine Verbesserung der Qualität von Schule, Unterricht und Lehrerbildung?“,
die vom 25. bis 27. März 2009 an der Pädagogischen Hochschule
Heidelberg stattfand. Sie wurde von den Kommissionen „Schulforschung
und Didaktik“ sowie „Professionsforschung und Lehrerbildung“ der Deut-
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14 Vorwort
schen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) als gemeinsame Tagung
veranstaltet. Ziel war es, Experten aus unterschiedlichen Arbeits- und
Forschungszusammenhängen zu versammeln und eine interdisziplinäre Diskussion
der anstehenden Fragen zwischen Forscherinnen und Forschern aus
der Erziehungswissenschaft ebenso wie aus den Fachdidaktiken und der Pädagogischen
Psychologie, Kolleginnen und Kollegen aus Hochschulen
ebenso wie solche aus Forschungsinstituten und Landesinstituten anzuregen.
Während der Tagung wurde (neben einigen herausgehobenen Keynotes und
Symposien) in drei inhaltlichen Vortragsbändern gearbeitet. Der vorliegende
Herausgeberband nimmt diese Struktur auf und rekapituliert die Genese und
Verwendung des neuen bildungspolitischen Steuerungsinstruments auf den
Ebenen des Schulsystems, der Lehrerbildung und des Fachunterrichts. Unser
Anspruch als Herausgeber ist es, die aktuellen fachspezifischen und überfachlichen
Diskussionen zu Standards aufeinander zu beziehen und den Blick
für konkrete Umsetzungsmodi in den verschiedenen Teilsystemen des Schulsystems
zu schärfen.
Der erste Hauptteil des Bandes thematisiert Standards als Steuerungsinstrumente
im Schulsystem.
Der einführende Beitrag von Sigrid Zeitler, Olaf Köller und Bernd Tesch
vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) führt detailliert
in den aktuellen Stand der Debatte um Bildungsstandards als Instrumente
zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung ein. Dargestellt wird,
welche Qualitätsmerkmale ‚gute’ Standards erfüllen sollten und inwieweit
die KMK-Standards diesen Kriterien genügen. Unter diesem Gesichtpunkt
kommt der prinzipiellen empirischen Überprüfbarkeit, d.h. der Umsetzung
von Standards in Aufgaben, nach Überzeugung der Autoren ein besonderes
Gewicht zu. Die Differenzierbarkeit von Standards in Form empirisch fundierter
Mindest-, Regel- und Optimalstandards tritt als zweites Kriterium
hinzu. Erst durch diese Differenzierbarkeit werden Standards mittelfristig
Entwicklungs- und Steuerungsfunktionen für das Schulsystem insgesamt erlangen
können. Was die Chancen anbelangt, zu einer Neuorientierung des
Unterrichts auf der Basis von Standards zu gelangen, äußern sich Zeitler,
Köller und Tesch für die nähere Zukunft durchaus skeptisch. Der Impact der
Standards sei hierfür noch zu gering. Mit ihnen könne aber ein Bewusstsein
dafür geschaffen werden, dass die zentrale Frage nicht lautet: „Was haben
wir durchgenommen?“, sondern „Welche Vorstellungen, Fähigkeiten und
Einstellungen sind entwickelt worden?“ (Blum 2006).
Im anschließenden Beitrag fokussiert Walter Herzog die Diskussionen um
Bildungsstandards und Kompetenzmodelle als Ausdruck standardbasierter
Schulreformen in einer Variante à l´americaine und à l´européenne. Im
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Vo rwort 15
anglo-amerikanischen Raum führen standardbasierte Schulreformen dazu,
Unterricht curricular, didaktisch und methodisch zu verkürzen, während die
zentraleuropäischen kompetenzorientierten Varianten schon heute belegen,
dass vermutlich zu hohe Erwartungen in die Entwicklung von Kompetenzmodellen
gesetzt werden. Ihre Präzisierung ist nämlich von unterschiedlichen
Bedingungen abhängig, die nicht davon absehen könnten, dass jede Testung
von der Lehrerschaft immer auch als Misstrauensbekundung beurteilt wird.
Uwe Maier erweitert diesen Aspekt dahingehend, dass er die standardbasierten
Schulreformen noch stärker auf ihre Konsequenzen für die Schul- und
Unterrichtsentwicklung hin befragt. Empirische Studien, insbesondere aus
dem anglo-amerikanischen Raum belegen, dass vor allem schulische Leistungsmessungen
mit einem formativen Charakter, d.h. mit einer auf die Optimierung
von Unterricht bezogenen Zielsetzung, effektiv sind. Vergleichsarbeiten
als Teil standardbasierter Schulreformen intendieren zwar diesen formativen
Charakter, sind jedoch weitestgehend als summative Evaluation
konzipiert. Der Beitrag zeigt an internationalen Beispielen, wie mit diesem
impliziten Widerspruch im Zuge der Weiterentwicklung standardbasierter
Schulreformen gelebt werden muss.
Der von Zeitler, Köller und Tesch hervorgehobene Aspekt der prinzipiellen
Umsetzbarkeit von Kompetenzen in Aufgaben wird im Beitrag von Robert
Kreitz dekonstruiert. Auf der Basis einer detaillierten Analyse einer Hörverstehensaufgabe
für das Fach Englisch sowie des zugrunde liegenden Konstruktionsprozesses
zeigt Kreitz, dass die Aufgabe nicht die Kompetenzen
misst, die sie zu messen vorgibt. In die Reaktion einer Testperson auf die
Aufgabenstellung können vielmehr ganz unterschiedliche Kompetenzen in
jeweils unterschiedlichen Mischungsverhältnissen eingehen, sodass unklar
bleibt, ob gleiche Messergebnisse auf jeweils gleiche Personenmerkmale
verweisen oder nicht. Eine Zuordnung der Testaufgaben zu theoretisch fundierten
Kompetenzaspekten muss auf diese Weise zumindest fraglich bleiben.
Der zweite Hauptteil des Bandes versammelt Beiträge, die sich empirisch mit
Standards im Kontext der Professionalisierung des Lehrerberufs auseinandersetzen.
Gemeinsam mit dem kürzlich verstorbenen Kollegen Rainer Peek entwickelten
Johannes König und Sigrid Blömeke im Rahmen der internationalen
Vergleichsstudie Teacher Education and Development: Learning to Teach
Mathematics (TEDS-M) ein Testinstrument zur Erfassung des fächerübergreifenden
pädagogischen Wissens angehender Lehrkräfte. Sie berichten über
eine mit diesem Instrument durchgeführte Untersuchung an der Universität
zu Köln und diskutieren Chancen und Grenzen der standardisierten Erfassung
von Ergebnissen der erziehungswissenschaftlichen Lehrerausbildung.
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16 Vorwort
Daran anschließend setzt sich Colin Cramer mit den Kompetenzerwartungen
von Lehramtsstudierenden auseinander. Cramer stellt die Frage, welche Bedeutung
der Erhebung solcher Kompetenzerwartungen noch zukommen
kann, wenn die Testentwicklung weiter voranschreitet und verschiedene Facetten
pädagogischer Kompetenzen zuverlässiger als bisher erfasst werden
können. Sein Fazit lautet, dass Kompetenzerwartungen auch weiterhin informativ
sind, wenn die Daten als Indikatoren für Überzeugungen bezüglich
zentraler beruflicher Anforderungen interpretiert werden. Dieser Vorschlag
wird durch die Auswertung von Daten einer quantitativen Längsschnittstudie
zur Entwicklung Lehramtsstudierender untermauert.
Im anschließenden Beitrag berichten Margarete Dieck, Diemut Kucharz, Oliver
Küster, Katharina Müller, Tanja Rosenberger und Stefanie Schnebel über
einen Modellversuch zur Integration einer längeren Praxisphase in das Lehramtsstudium
an der Pädagogischen Hochschule Weingarten, der vergleichend
mit dem regulären Studium auf seine Wirksamkeit hin untersucht wurde. Die
Studie bestand aus vier aufwendigen, z. T. längsschnittlich angelegten Teilprojekten.
Untersucht wurden die Entwicklung von Kompetenzselbsteinschätzungen,
Veränderungen der unterrichtlichen Handlungskompetenz sowie
der fachdidaktischen Planungskompetenz, außerdem Unterrichtsbesprechungen
der Studierenden mit ihren Mentoren. Der Projektrahmen, kurze Zusammenfassungen
der vier Teilprojekte sowie die wichtigsten Ergebnisse
werden präsentiert.
Reflexion als Schlüsselkompetenz professioneller Lehrerinnen und Lehrer ist
das Thema des Beitrags von Tobias Leonhard, Norbert Nagel, Thomas Rihm,
Veronika Strittmatter-Haubold und Petra Wengert-Richter. Die Autoren berichten
über erste Schritte bei der Entwicklung und Erprobung eines Instruments
zur Erhebung von Reflexionskompetenz im Rahmen einer Evaluation
der schulpraktischen Studien an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg.
Reflexionskompetenz wird dabei in Form zweier miteinander verschränkter
Analyseperspektiven modelliert, der Reflexionsbreite und der Reflexionstiefe.
Das Erhebungsinstrument selbst besteht aus dilemmatisch konstruierten Aufgaben,
die sich auf die die KMK-Standards strukturierenden Bereiche des
„Unterrichtens“, „Erziehens“ und „Bewertens“ beziehen.
Über eine Evaluationsstudie berichten auch Stefan Albisser und Manuela
Keller-Schneider. Im Zentrum der Längsschnittstudie stand ein Studienschwerpunkt
der Pädagogischen Hochschule Zürich, der Standards zum fachspezifischen
Wissen, dem Schülerlernen und der Unterrichtsplanung folgt.
Die Autoren untersuchten wie sich die Vorstellungen der Studierenden bezüglich
des Lernens der Schüler und der Merkmale guten Unterrichts im
Verlaufe eines Studienjahres verändern, und beziehen diese Veränderungen
auf die individuellen Ressourcen der Studierenden zurück.
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Vo rwort 17
Standards im fachbezogenen Unterricht stehen im Zentrum des dritten
Hauptteils.
Zunächst stellt Johannes Meyer-Hamme die Ergebnisse einer qualitativen
empirischen Studie zum Geschichtslernen vor. Der Beitrag offenbart eine
Fülle subjektiver Deutungen und Sinngebungen, die Schülerinnen und Schüler
eines Geschichtsleistungskurses mit ihrem Geschichtslernen verbinden.
Die zutage tretenden Orientierungen decken eine große Bandbreite ab, wobei
die mehr oder weniger reflektierte Verfügung über gesellschaftlich anerkannte
historische Konventionen und Begriffe als Differenzkriterium verwendet
wird. Meyer-Hamme gelangt zu dem Schluss, dass Kompetenzen
historischen Denkens zwar empirisch rekonstruierbar, jedoch nur begrenzt
mit quantitativen Methoden messbar sind. Eine Standardisierung wäre nur
auf einem mittleren Niveau möglich, auf dem gesellschaftlich konventionelle
Deutungen thematisch sind. Lernprozesse auf einem elaborierten Niveau
historischen Denkens finden hingegen vor allem dann statt, wenn Schülerinnen
und Schüler ihre historische Identität reflektieren können, d.h. wenn die
Frage nach der Bedeutung von Geschichte für das eigene Leben und Lernen
ins Zentrum rückt.
Für das Fach Mathematik zeigt Hans-Dieter Sill, dass bei der Entwicklung
bundesdeutscher Bildungsstandards zahlreiche Merkmale guter Bildungsstandards
nicht oder nur eingeschränkt erfüllt werden, weil sich diese nur auf
das Kompetenzmodell von PISA (2001) beziehen. Problematisch ist insbesondere,
dass die in verschiedenen Bundesländern entstandenen Ansätze zur
Strukturierung von Zielen des Mathematikunterrichts im PISA-Modell nicht
aufgegriffen und fortgeführt werden. Dabei geht Sill auch auf das Problem
der Mindeststandards ein. Anhand eigener curricularer Arbeiten in Mecklenburg-
Vorpommern werden Alternativen zu dieser Konstruktion dargelegt und
begründet.
Im Anschluss daran berichten Maik Walpuski, Alexander Kauertz, Nele
Kampa, Hans E. Fischer, Jürgen Mayer, Elke Sumfleth und Nicole Wellnitz
über ein am IQB in Berlin angesiedeltes Projekt zur Evaluation der Standards
in den naturwissenschaftlichen Fächern der Sekundarstufe I (ESNaS). Ziel
des Projekts ist es, gemeinsame Grundlagen für die Aufgabenentwicklung in
den Fächern Chemie, Physik und Biologie zu erarbeiten und darauf aufbauend
qualitativ hochwertige Aufgaben zur Testung und Ausdifferenzierung der
naturwissenschaftlichen Bildungsstandards zu entwickeln. Zur Operationalisierung
der Standards wurden diese in ein dreidimensionales Kompetenzstrukturmodell
übertragen. Erste Prä-Pilotierungen für die Kompetenzbereiche
Fachwissen und Erkenntnisgewinnung werden dargestellt und belegen
die Funktionalität des Modells für Large-Scale-Assessments.
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18 Vorwort
Hubert Weiglhofer und Iris Venus-Wagner zeigen Schritte zur Entwicklung
von Bildungsstandards für den naturwissenschaftlichen Unterricht an Hauptschulen
und berufsbildenden höheren Schulen in Österreich. Unter der Projektleitung
des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur wurden
Arbeitsgruppen von Lehrkräften und Fachdidaktikern eingesetzt, deren Ziel
es war, Bildungsstandards für den schulartenübergreifenden Fächerkern
(Deutsch, Englisch, angewandte Mathematik, Wirtschaft, Informatik und
Naturwissenschaften) zu erarbeiten. Die Autoren bilanzieren ein Kompetenzmodell
für die Unterrichtsfächer Biologie, Chemie und Physik über 50
prototypische Beispiele, die in zwei Pilotierungen empirisch erprobt wurden.
Um die Frage, inwieweit die mit der Einführung von Kompetenzen und Standards
im Schulsport verbundenen curricularen Ansprüche in der Praxis des
Faches verwirklicht werden, geht es im Beitrag von Peter Neumann. Dazu
geht der Autor zunächst auf die Ablauflogik so genannter Differenzstudien
ein, wobei ‚Differenz’ sich hier auf die Kluft zwischen curricularen Ansprüchen
auf unterschiedlichen Ebenen und der Wirklichkeit des Schulsports bezieht.
Anschließend werden Anlage und erste Zwischenschritte eines ländervergleichenden
Forschungsprojekts zur Verwirklichung von standardbezogenen
curricularen Ansprüchen im Sportunterricht der Grundschule in Nordrhein-
Westfalen und in Baden-Württemberg vorgestellt.
Anne-Katrin Jordan, Jens Knigge und Andreas Lehmann-Wermser zeigen für
das Fach Musik, in welchem fachdidaktisch schwierigen Umfeld sich ein solches
ästhetisches Fach im Gegensatz zu anderen Fächern bewegt. Das Fehlen
eines kohärenten Curriculums, die Diskontinuität des Unterrichts sowie seine
fachfremde Durchführung stehen der Idee eines kumulativ aufbauenden, (in
Grenzen) konsekutiven Unterrichts sowie einem Lernen über längere Zeiträume
entgegen. Dies alles stellt besondere Anforderungen an die Modellierung
von Kompetenzmodellen, die schließlich vor allem schulisches Lernen
und dessen Zuwächse messen müssen, um nicht non-formale Voraussetzungen
abzubilden, wie sie beispielsweise durch die musikalische Förderung von
Kindern innerhalb der Familie gegeben sein können. Das im Beitrag vorgestellte
KoMus-Projekt belegt die Möglichkeit, auch für ein ‚weiches’ Fach
wie Musik ein Kompetenzmodell zu entwickeln und dieses mithilfe von
Testaufgaben zu operationalisieren.
Um ein ‚weiches Fach’ geht es auch im Beitrag von Dietlind Fischer und
Andreas Feindt vom Comenius-Institut in Münster. Anhand eines inzwischen
abgeschlossenen Projekts schildern die beiden Autoren den Prozess der Entwicklung
von Bildungsstandards für den evangelischen Religionsunterricht
und deren Konkretisierung an Beispielaufgaben. Das erarbeitete Modell
wurde im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen für Religionslehrer und
Fachleiter diskutiert und kommunikativ vermittelt. Dabei zeigte sich, dass
Gehrmann / Hericks / Lüders (Hg.), Bildungsstandards und Kompetenzmodelle
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praktizierende Religionslehrkräfte eher anhand der Beispielaufgaben verstehen,
was mit dem Erwerb religiöser Kompetenz gemeint sein kann, während
Hochschullehrende eher bildungstheoretisch oder theologisch argumentieren.
In einem zweiten Projekt stand die kollegiale Entwicklung eines kompetenzorientierten
Religionsunterrichts im Vordergrund. Die partizipative Grundstruktur
des Projekts führte dazu, dass Beispiele für einen kompetenzorientierten
Religionsunterricht entwickelt wurden, die eng an die Alltagswirklichkeit
des Religionsunterrichts angebunden waren und insofern eine hohe
Anschlussfähigkeit an die Perspektiven der beteiligten Lehrer aufwiesen.
Kompetenzorientierung außerhalb der Kernfächer ist schließlich auch das
Thema des Beitrags von Martin Rothgangel, Britta Klose, Matthias Mertens
und Ulrike Hartmann. Er referiert laufende Forschungsvorhaben, die im
Rahmen des Göttinger Graduiertenkollegs „Passungsverhältnisse schulischen
Lernens“ angesiedelt sind. Das erste befasst sich mit der Wahrnehmungs-
und Diagnosekompetenz von Religionslehrkräften auf der Basis von
Bildungsstandards, das zweite mit der historischen Perspektivenübernahme
und dem Umgang mit Darstellungen von Geschichte durch Schülerinnen und
Schüler. Daran anschließend werden Probleme und Potenziale der empirischen
Kompetenzforschung in den ‚weichen Fächern’ insgesamt diskutiert.
Marc Kleinknecht und Thorsten Bohl zeigen abschließend in einer Darstellung
über eine Unterrichtsstudie an Hauptschulen, dass die von Lehrkräften
gestellten Aufgaben hinsichtlich des Lernziels und des Niveaus der zu bewältigenden
kognitiven Lernprozesse kaum reflektiert werden. Dies bestätigt
alte Befunde, wonach die Lehrkräfte bei der Auswahl der Aufgaben vor allem
die notwendige Bearbeitungszeit antizipieren, während die Qualität der
Lernprozesse, adaptive Maßnahmen und explizite Hinweise zur Strukturierung
deutlich weniger beleuchtet werden. Die Autoren deuten an, dass damit
die Idee der Umsetzung von Bildungsstandards konterkariert wird.
Unser Dank gilt Tobias Haas und Volker Zimmer von der Pädagogischen
Hochschule Schwäbisch Gmünd, die mit Präzision und Verve das Manuskript
erstellten.

Schwäbisch Gmünd, Marburg und Erfurt im Januar 2010
Axel Gehrmann, Uwe Hericks, Manfred Lüders