Exerzitien, also geistliche Übungen mit dem Ziel, Gotteserfahrung und -begegnung zu ermöglichen und zu vertiefen, sind einer der Haupttätigkeitsbereiche des Jesuitenordens. Oft werden Exerzitien z.B. in Tagungshäusern oder Klöstern abgehalten, in einer gewissen Abgeschiedenheit und Ruhe, ohne Hektik und Betriebsamkeit. Doch seit einigen Jahren gibt es ein diesem klassischen Exerzitientypus entgegengesetztes Angebot: Exerzitien auf der Straße. Bei dieser Form geistlicher Übung begibt sich der Übende auf die Straße, um dort Gott zu suchen und ihm zu begegnen. Das klingt zunächst ungewohnt, birgt aber eine Reihe von spannenden Erlebnissen, wie Christian Herwartz in dieser lesenswerten Schrift aus der Reihe "Ignatianische Impulse" darlegt. Ausgehend von persönlichen Erfahrungen erklärt der Jesuitenpater, der lange Jahrzehnte in einer WG in Berlin gelebt hat, welche Herausforderungen diese Form der Exerzitien hat und welche Schätze in ihr lagern. Wenn die Exerzitien eher als freies und intuitives Experiment denn als streng geplanter zeitlicher Ablauf aufgefasst werden, lässt sich der Exerzitant ganz auf die entstehenden Situationen ein und hat Gelegenheit, einen neuen Grad von Spiritualität im Alltag zu erfahren.
Welche biblischen Texte stehen im Hintergrund dieser Übungsform? Einerseits ist es die Geschichte vom brennenden Dornbusch, in dessen Gegenwart Mose zum Ablegen seines Schuhwerks aufgefordert wird. Der Titel "Auf nackten Sohlen" wird so gut verständlich: Wenn wir uns während der Exerzitien auf der Straße und damit in zwischenmenschlichen Begegnungen mit den Menschen des Alltags auf heiligem Boden befinden, können auch wir uns unserer Schuhe entledigen. Andererseits steht die Begegnung mit Christus im Mittelpunkt, die besonders in der sog. Gerichtsrede in Mt 25 zum Ausdruck kommt: In jedem Notleidenden, gerade auf der Straße, können Christen die Aufforderung sehen, Christus selbst zu erkennen und und so einen Gottes-Dienst im Wortsinne zu vollbringen. In der letzten Exerzitieneinheit begegnen die Teilnehmer der Emmausgeschichte, in der ebenfalls die verhüllte Gegenwart Christi thematisiert wird.
Das Büchlein ist reich an Erfahrungen und damit ein Quell für spirituelle Weiterentwicklung.
Wie lässt sich der Text im schulischen Kontext einsetzen?
An vielen Schulen gibt es Tage der religiösen Orientierung, in deren Rahmen etwa ein Exerzitienangebot nach dem vorgestellten Modell gemacht werden könnte.
Bei der Behandlung praktischer Theologie in Unterricht und Studium können einzelne Textabschnitte sicher gute Anregungen geben oder Fallbeispiele anbieten.

Das Angebot der Straßenexerzitien ist recht informell, aber informativ unter https://www.strassenexerzitien.de abrufbar.

Johannes Groß, www.lehrerbibliothek.de

Wo Christen sich für sozial Benachteiligte engagieren, hat sich dies meist vollständig von der spirituellen Pädagogik der Kirche abgekoppelt.
Christian Herwartz erzählt seinen persönlichen Weg als Arbeiterpriester. Schritt für Schritt entdeckte er neue spirituelle Wege, die das Mitleben mit armen Menschen und die Liebe zu Christus als eines sehen. So entwickelte er mit anderen die ""Exerzitien auf der Straße"". Das Buch erzählt von diesen Erfahrungen und gibt Anregungen zu einer erneuerten Exerzitienpraxis.

Autor:
Christian Herwartz SJ, geb. 1943, war jahrzehntelang Arbeiterpriester. Er lebt in einer offenen Kommunität in Berlin-Kreuzberg, begleitet Menschen, die an den Rand gedrängt sind, und gibt Exerzitienkurse.

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