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Attraktion der NS-Bewegung
Attraktion der NS-Bewegung




Gudrun Brockhaus (Hrsg.)

Klartext Verlag
EAN: 9783837510331 (ISBN: 3-8375-1033-6)
342 Seiten, paperback, 16 x 22cm, Juli, 2014

EUR 22,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Bis heute überschattet Entsetzen über Völkermord und Vernichtungskrieg die Frage nach der Anziehungskraft der NSDAP, die ab 1930 massenhafte Zustimmung bei Wahlen fand. Welche Themen der Ideologie, welche Praxis, welche Erlebnisangebote und Bilder überzeugten? Worin bestand die emotionale Anziehungskraft der NS-Bewegung? Wie bezog sich diese Attraktion auf die Bedürfnisse und Ängste, die nach der Weltkriegsniederlage in den Dauerkrisen der Weimarer Republik entstanden?

Der Band beleuchtet die Ursachen der Zustimmung zur NS-Bewegung aus sozial- und kulturgeschichtlicher Sicht. Sozialpsychologische und psychoanalytische Beiträge ergänzen die historischen Perspektiven, um besser zu verstehen, wie sich die geschichtlichen Ereignisse in subjektives Erleben umsetzen und die NS-Angebote attraktiv werden lassen.

Die Erosion von gesellschaftlichen Strukturen und Perspektiven verstärkte Bedürfnisse nach einer radikalen Erneuerung, gewaltsamer Expansion und Verfolgung der „Schuldigen“. Gleichzeitig beförderten die Krisen auch diametral entgegengesetzte Wünsche nach Sicherheit, Harmonie und exkludierender Ordnung in einer autoritär geführten Volksgemeinschaft. In drei abschließenden Arbeiten weisen die Autoren – bei allen Unterschieden – vergleichbar widersprüchliche Muster im aktuellen Rechtsextremismus nach.
Rezension
Es ist wohl eine der Fragen schlechthin: Was reizte die Menschen, die NSDAP zu wählen und damit den Aufstieg Hitlers zu ermöglichen. Immer wieder wird in diesem Zusammenhang zwar erwähnt, dass Hitler nie mit einer absoluten Mehrheit aus Reichstagswahlen gegangen ist. Dennoch bleibt festzuhalten: Immerhin gut 37 % der Menschen wählten Hitler beispielsweise bei der ersten von zwei Reichstagswahlen im Jahre 1933. Dies bedeutet, dass mehr als jeder Dritte Hitler seine Stimme gab, obwohl die Partei 1928 noch völlig unbedeutend war. Die Frage, wie dies so kommen konnte, ist keine die bisher nicht bereits diskutiert wurde. Zahlreiche Veröffentlichungen thematisieren den Aufstieg der Nationalsozialisten. Doch kaum eine war bisher derart differenziert wie die vorliegende. Denn die Autoren der 16 Beiträge bieten die unterschiedlichsten Blickwinkel. Neben gängigen Erklärungsmustern wie die besondere gesellschaftliche Ausgangssituation in der Weimarer Republik, sind es insbesondere die psychologischen Perspektiven, die den Band lesenswert machen. Diese setzen dabei sowohl historisch als auch in der Gegenwart an, wenn beispielsweise aktuelle „rechtsextreme Gefühls- und Lebenswelten“ in den Blick genommen werden. Gerade die Veröffentlichungsform – es handelt sich wie bereits angemerkt um einen Aufsatzband – zwingt die einzelnen Autoren zu dichten Analysen, was dem Buch gut bekommt. Denn so erhält der Leser prägnante Ausführungen, die ein gutes Maß zwischen Anspruch und Anschaulichkeit finden. Nicht umsonst lassen die einzelnen Autoren zahlreiche Quellen in ihre Beiträge miteinfließen. Ungewöhnlich für einen derartigen Aufsatzband sind nicht zuletzt die qualitativ hochwertigen Abbildungen des Beitrags „Die Volksgemeinschaft der Bilder“.

FAZIT: Ein perspektivenreicher und beeindruckend aufschlussreicher Aufsatzband, der gelesen werden sollte.

M. Schmid, lbib.de
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung - Attraktion der NS-Bewegung - eine interdisziplinäre Perspektive (Gudrun Brockhaus) 7

2. Die Sendung der Nation. Vom Grabenkrieg zur NS-Bewegung (Alexander Meschnig) 29

3. Wie man Helden macht. Heroische Mythenbildung nach dem Ersten Weltkrieg bis zur Machtergreifung (Sabine Behrenbeck) 45

4. Die Attraktion des Ersten Weltkrieges für die Nazi-Bewegung (Gerhard Hirschfeld) 63

5. Die fatale Attraktion des Nationalsozialismus in der Weimarer Republik (Thomas Rohkrämer) 79

6. "Die Phrase hat Blut getrunken und lebt" - Zur Aktualität früher NS-Analysen (Gudrun Brockhaus) 95

7. Zur Attraktivität der NSDAP als Kern eines rechtsextremen Milieus in der Weimarer Republik (Peter Longerich) 115

8. Die "Volksgemeinschaft" der Bilder. Propaganda und Gesellschaft im frühen Nationalsozialismus (Habbo Knoch) 133

9. Die Idee des Volkes und der Aufstieg der Nazis (Peter Fritzsche) 161

10. Volksgemeinschaft und Führererwartung in der Weimarer Republik (Michael Wildt) 175

11. Hitler. Die Attraktivität der Spaltung (Falk Stakelbeck) 195

12. Der größte Verführer aller Staaten? Über die Anziehungskraft des Nazismus (Roger Griffin) 213

13. Entstehung, Verbreitung und Transformation des Mythos vom "jüdischen Bolschewismus" (Joachim Schröder) 231

14. "Volksgemeinschaft" als Geschlechtergemeinschaft. Zur Genese einer nationalsozialistischen Beziehungsform (Franka Maubach) 251

15. Rechtsextreme Radikalisierung - biografischer Kontext und pädagogische Interventionen (Thomas Mücke) 269

16. Ordnung und Rebellion - Rechtsextreme Gefühls- und Lebenswelten (Jan Buschbom) 279

17. Mit Gewalt aus der Ohnmacht - Sozialpsychologische Anmerkungen zum Rechtsradikalismus (Heiner Keupp) 293

Literatur 313

Autorinnen und Autoren 337