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Alles, was wir nicht erinnern
Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters
Christiane Hoffmann
Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406784934 (ISBN: 3-406-78493-3)
279 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, Februar, 2022
EUR 22,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
«Das ist die Gewissheit, dass man von heute auf morgen, von einer Stunde zur nächsten, von sechzehn auf siebzehn Uhr alles verlieren kann, Haus und Hof, Söhne, Brüder und Eltern, Heimat und sogar die Erinnerung.»
«Zu Fuß?» «Zu Fuß.» «Allein?» «Allein.» Christiane Hoffmanns Vater floh Anfang 1945 aus Schlesien. 75 Jahre später geht die Tochter denselben Weg, 550 Kilometer nach Westen. Sie kämpft sich durch Hagelstürme und sumpfige Wälder. Sie sitzt in Kirchen, Küchen und guten Stuben. Sie führt Gespräche – mit anderen Menschen und mit sich selbst. Sie sucht nach der Geschichte und ihren Narben. Ein sehr persönliches, literarisches Buch über Flucht und Heimat, über die Schrecken des Krieges und über das, was wir verdrängen, um zu überleben.
Rezension
"Zu Fuß?" "Zu Fuß." "Allein?" "Allein." Ein Frage-Antwort-"Spiel", das sich häufig wiederholt im Buch. Verwundert waren etliche Polen und Tschechen, als sie die Autorin alleine auf einer langen Wanderung sahen. Eine Wanderung vom polnischen Rózina (dem früheren Rosenthal in Schlesien) bis zum tschechischen Kržižovatka (dem früheren Klinghart im Egerland). Ein strapaziöser Weg, versehen mit einer Fülle eindrucksvoller Begegnungen und lange anhaltender sehr persönlicher Eindrücke. Christiane Hoffmann nimmt den Leser mit auf diese 550 km lange Wanderung und lässt uns teilhaben an ihren Erlebnissen und Gedanken.
Sie tut dies sehr eindrucksvoll und einfühlsam. Erzählt viel Persönliches, über sich und ihre Familie, insbesondere die Großeltern und Eltern, allen voran ihren Vater. Geboren und bis zum Alter von neun Jahren im schlesischen Rosenthal zu Hause, mussten er und seine Familie ohne jegliche Vorwarnung und nur mit dem Nötigsten versehen, die Heimat verlassen. War da anfangs noch die Hoffnung, bald wieder in die Heimat zurückzukehren, sahen sich die Flüchtlinge am Ende ihres Weges einer anderen, einer harten Realität ausgesetzt: ihr frühes Zuhause war einmal; sie werden dorthin auf Dauer nicht mehr zurückkehren.
Der Umgang (vielleicht besser die Wortkargheit) in Bezug die eigentliche Herkunft, motivierte die Autorin des Buches sich auf die Suche nach den Wurzeln ihrer Familie zu begeben. Den Wurzeln ihrer Vorfahren und damit auch ein Stück weit den eigenen Wurzeln.
Das vorliegende Buch schildert beeindruckend und sensibel den Verlauf dieser Suche.
Wer ein nüchternes Sachbuch erwartet, das sich mit dem Schicksal einer Familie von Heimatvertriebenen beschäftigt, wird überrascht sein. Es findet sich ein persönliches Werk, das die erfahrene Journalistin und heutige stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung literarisch gekonnt erzählt. Als Leser wird man Teil der Familie und ihrer Bekannten, nimmt Anteil an den Schicksalen und fühlt sich, als wäre man Schritt für Schritt und Wort für Wort direkt dabei, wenn Christiane Hoffmann auf ihrem Weg mit den heutigen Einwohnern der Orte entlang der Fluchtroute ihres Vaters ins Gespräch kommt.
Inhaltlich hat mich das Buch persönlich berührt, vielleicht in ganz besonderer Weise, da meine Eltern ein vergleichbares Schicksal durchlebt haben. Es ist jedoch keineswegs ausschließlich ein Buch für Nachfahren von Flüchtlingen, dieses Werk berührt in besonderer Art und Weise und ist für alle empfehlenswert, die empfänglich sind für persönliche Schicksale. Leider wieder ein hochaktuelles Thema. Der schreckliche Krieg in der Ukraine befördert vergleichbare Tragödien in großer Zahl.
Absolute Leseempfehlung und ich hoffe, die Juroren für den Buchpreises der Leipziger Buchmesse empfinden es ebenso!
Dietmar Langusch, Lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Alles, was wir nicht erinnern
ZU FUSS AUF DEM FLUCHTWEG MEINES VATERS
Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2022
«Zu Fuß?» «Zu Fuß.» «Allein?» «Allein.» Christiane Hoffmanns Vater floh Anfang 1945 aus Schlesien. 75 Jahre später geht die Tochter denselben Weg, 550 Kilometer nach Westen. Sie kämpft sich durch Hagelstürme und sumpfige Wälder. Sie sitzt in Kirchen, Küchen und guten Stuben. Sie führt Gespräche – mit anderen Menschen und mit sich selbst. Sie sucht nach der Geschichte und ihren Narben. Ein sehr persönliches, literarisches Buch über Flucht und Heimat, über die Schrecken des Krieges und über das, was wir verdrängen, um zu überleben.
Deutschland in den 1970er Jahren. Unter dem Tisch sitzen die Kinder. Oben seufzen die Erwachsenen, essen Schnittchen und reden über die verlorene Heimat. Sie geben ihre Verletzungen und Alpträume weiter an die nächste Generation. Nach dem Tod des Vaters kehrt die Tochter in das schlesische Dorf mit dem malerischen Namen zurück, nach Rosenthal, das jetzt Rózyna heißt. Am 22. Januar 2020 bricht sie auf und geht noch einmal den Weg seiner Flucht. Was bleibt heute vom Fluchtschicksal? Wie gehen Familien, wie gehen Gesellschaften, Deutsche, Polen und Tschechen mit der Vergangenheit um? Christiane Hoffmanns Buch holt die Erinnerung an Flucht und Vertreibung ins 21. Jahrhundert, es verschränkt ihre Familiengeschichte mit der Historie, Zeitzeugenberichte mit Begegnungen auf ihrem Weg. Doch es ist vor allem ein sehr persönliches Buch, geschrieben in einer literarischen Sprache, die Suche einer Tochter nach ihrem Vater und seiner Geschichte.
Christiane Hoffmann ist Erste Stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung. Hoffmann studierte Slawistik, osteuropäische Geschichte und Journalistik in Freiburg, Leningrad und Hamburg. Sie arbeitete fast 20 Jahre für die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» und berichtete als Auslandskorrespondentin aus Moskau und Teheran. Anfang 2013 wechselte sie als stellvertretende Leiterin ins Hauptstadtbüro des «Spiegel». Seit 2018 war sie dort Autorin und häufiger Gast in Rundfunk und Fernsehen. Hoffmann ist die Tochter zweier Flüchtlingskinder. Ihre Vorfahren väterlicherseits stammen aus Schlesien, die Familie ihrer Mutter aus Ostpreußen.
Inhaltsverzeichnis
1 ab Seite 7
2 ab Seite 66
3 ab Seite 161
4 ab Seite 214
Epilog 1 269
Epilog 2 270
Dank 273
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