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Alfred Döblin Massen, Medien, Metropolen
Alfred Döblin
Massen, Medien, Metropolen




Stefan Keppler-Tasaki

Reihe: Rezeptionskulturen in Literatur- und Mediengeschichte


Königshausen & Neumann Verlag
EAN: 9783826065736 (ISBN: 3-8260-6573-5)
328 Seiten, hardcover, 16 x 24cm, 2018

EUR 39,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
In kritischer Abstoßung von der bürgerlichen Individualitätskultur hat sich Alfred Döblin als Revolutionär der Darstellung von Menschenmassen, als Medienarbeiter und als Großstadtepiker profiliert. Alfred Döblin. Massen, Medien, Metropolen behandelt die Kreuzungspunkte dieser drei Arbeitsperspektiven des deutsch-jüdischen Autors. Das Buch geht besonders auf die Texte für Theater, Film und Radio ein und setzt sie in Verbindung mit Fragen der Urbanität, der Propaganda und der proletarischen Existenz. Von den Berlin-Texten ausgehend kommen weitere kosmopolitische Städtebilder des Exilanten und des Liebhabers von Reisebüchern in den Blick. Neu in die Döblin-Forschung eingeführt werden die Begriffe der reflexiven Trivialität, des Artist‘s Artist und des proletarischen Kosmopolitismus.

Stefan Keppler-Tasaki ist Professor für moderne deutsche Literatur an der University of Tokyo, Faculty of Letters, und Einstein Visiting Fellow an der Freien Universität Berlin, Friedrich Schlegel Graduiertenschule. Vizepräsident der Döblin-Gesellschaft 2009–2017, Thomas Mann Fellow 2019.
Rezension
Alfred Döblin (1878–1957) hat die literarische Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt durch seine Romane, Erzählungen, Dramen, aber auch politische Publizistik und ästhetisch-poetologische Schriften; er ist ein überaus bedeutender Anreger und Repräsentant der literarischen Moderne. Das komplexe Werk, u.a. "Berlin Alexanderplatz", des Medienarbeiters und Großstadtepikers mit Kurzprosa, Essayistik und politischer Publizistik, ästhetisch-poetologischen Essays, Dramen und Filmskripten, autobiografischen Schriften und Rundfunkbeiträgen wird in diesem neuen Band medienanalytisch insbesondere hinsichtlich der Darstellung von Menschenmassen erschlossen. Als Arzt bezog Döblin seine Erkenntnisse aus empirisch-naturwissenschaftlichen Beobachtungen, als Dichter folgte er zugleich ontologischen und metaphysischspekulativen Betrachtungen. Als Autor schließlich gelang es ihm meisterhaft, diese beiden so ungleichen Sichtweisen auf die Welt zu vereinen. Sein Werk sichert Döblin eine innovative Rolle im Prozess der Modernisierung der Literatur im 20. Jahrhundert. Das zeigt dieser Band in Verbindung mit Fragen der Urbanität, der Propaganda und der proletarischen Existenz.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
I. Massen, Medien, Metropolen: Einleitung 11

1. „Überwindung der Individuation" und „Einstellung auf die Masse" 11
2. Medien als Verbreitungsmittel 20
3. Das Kino als proletarischer Raum 24
4. Städtebilder mit Kinos 28

II. Wadzeks Kampf mit der Dampfturbine: Berlin-Roman im Kinostil 33

1. Döblins Kampf mit Samuel Fischer 33
2. Ein Berlin-Roman gegen Fontane 37
3. Roman im Kinostil 43
4. Roman eines ,Artist's Artist': Figurenkonstruktion und Plot-Modelle 48
5. „Es ist überhaupt ein starkes Buch": der Lehrer Döblin 54

III. „Dramatik vom Kinema": filmaffines Theater 57

1. Vorüberlegungen, Lydia und Mäxchen 57
2. Comteß Mizzi, Lusitania und Die Nonnen von Kemnade 62
3. Die Mobilisierung der Medien: Die Ehe 68

IV „Der Massenkultur das Opfer bringen": Filmentwürfe zwischen Avantgarde und Industrie 77

1. Entstehungskontexte in Berlin, Paris und Hollywood 77
2. Reflexive Trivialität: die Filmhandlungen 85
3. Formen und Themen 91
4. Medienarbeiter und Hollywood-Opfer: Nachwirkungen 98

V. Berlin Alexanderplatz: Hörspiel und Drehbuch 103

1. Die Geschichte vom Franz Biberkopf als „Hörfilm" 103
2. „Den Filmmassen zugänglich": Berlin-Alexanderplatz 113

VI. Random Harvest: Szenen eines probritischen Hollywood-Films 125

1. Propaganda, die „4. Waffe im Krieg" 125
2. Döblin und James Hilton: „mixed up writers" 129
3. „As honestly as possible": Versionen des Krieges 137

VII. Der Ausreißer: (Gegen-)Propaganda im Pazifikkrieg 147

1. Werkgeschichtliche und zeithistorische Einordnung 147
2. Fluchtgeschichte und Tramp-Film 152
3. Ein „altes japanisches Buch" für einen neuen amerikanischen Film 158
4. Döblin und Burton Holmes: „geheimnisvolle Bilder" von Seoul und Yokohama 162
5. Antijapanische Implikationen von Döblins Sinophilie 175
6. Der Pazifikkrieg und die antijapanische Propaganda im kalifornischen Exil 180

VIII. Queen Lear: der Dichter als Propagandist 191

1. M.G.M., die Höhle des Löwen 191
2. Döblin und Shakespeare: eine „heitere Variation des alten Learstoffes" 194
3. „Not for the few, but for the many": Shakespeare in Hollywood 200

IX. Schicksalsreise: Exilautobiographie und Berlin-Erinnerung 209

1. Entstehungskontexte in Hollywood und Baden-Baden 209
2. „Jetzt waren wir Masse": Stationen einer christlich-proletarischen Bekehrung 214
3. Selbst-, Medien- und Politikbeobachtung 225
4. Proteus und Zeitzeuge: der Inquisitor Döblin 235

X. „Wirklicher Heimatbegriff": Berliner Heimat und proletarischer Kosmopolitismus 243

1. Lob des Kleinstaats 243
2. Der urbanistische Heimatbegriff 245
3. Kosmopolitische Städtebilder 256
4. Kosmopolitismus der Subalternen 259
5. Golden Gate: die transpazifische Zukunft 263

XI. Rückblende 269

Literaturverzeichnis 277
Archivalische Quellen 277
Gedruckte Quellen 277
Forschung 294

Film- und Hörspielverzeichnis 313
Abbildungsverzeichnis 317
Danksagung 321
Personenregister 323