lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
Schauspielführer der Gegenwart 202 Autoren und 1148 Stücke 6., stark erweiterte und aktualisierte Auflage
Kröners Taschenausgabe Band 369
Schauspielführer der Gegenwart
202 Autoren und 1148 Stücke


6., stark erweiterte und aktualisierte Auflage

Kröners Taschenausgabe Band 369

Siegfried Kienzle

Alfred Kröner Verlag
EAN: 9783520369062 (ISBN: 3-520-36906-0)
824 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 12 x 18cm, 1999

EUR 25,50
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Siegfried Kienzle hat seinen bewährten Schauspielführer aktualisiert und bis in die unmittelbare Gegenwart fortgeschrieben. Die 6., stark erweiterte Auflage verzeichnet 292 Neuaufnahmen von Stücken, die seit 1990 das zeitgenössische Repertoire auf den deutschsprachigen Bühnen ergänzt haben. Mit nunmehr 1148 Texten von 202 Autoren der Moderne ist der Band die umfassendste Bestandsaufnahme des Schauspiels ab 1945.



Die Begeisterung fürs Theater ist - trotz der Neuen Medien - ungebrochen groß geblieben. Siegfried Kienzle hat seinen bewährten Schauspielführer auf den neuesten Stand gebracht und informiert dabei über die Texte arrivierter Gegenwartsdramatiker wie über Werke von Newcomern. Umfassend aktualisiert und stark erweitert, verzeichnet die 6. Auflage 292 seit 1990 neu aufgeführte Stücke. Mit nunmehr 1148 Texten von 202 Autoren ist der Band die umfassendste Bestandsaufnahme des deutschsprachigen Schauspiels ab 1945. Auch die Kurzbiographien und die Literaturhinweise wurden so ergänzt, dass das Urteil der Stiftung Warentest noch immer gilt: »Die Auswahl der Stücke ist bezüglich Repräsentativität, Aktualität und Internationalität (...) gut bis sehr gut. Die inhaltliche Behandlung der Stücke ist informativ und genau, anregend und sachlich-objektiv.« (Stiftung Warentest)



Dr. phil. Siegfried Kienzle, geb. 1938, promovierte 1963 an der Universität Wien mit einer Arbeit über Hans Henny Jahnn. Anschließend war er als Dramaturg in Köln (WDR) und Basel tätig; 1968-1998 arbeitete Kienzle beim ZDF in Mainz, ab 1979 war er dort Leiter der Theaterabteilung. Buchveröffentlichungen außer dem »Schauspielführer der Gegenwart« (amerikan. Ausgabe »Modern World Theater«, New York 1970): Monographien zur zeitgenössischen Literatur (Friedrich Dürrenmatt 1968, 31976; Peter Ustinov 1969; Jacques Audiberti 1972; Frangoise Sagan 1972, Adolf Muschg 1977, 21984; Ödon von Horväth 1977,21984; Wolfgang Borchert 1996), Mitherausgeber und Autor des »Reclam-Schauspielführers« (161985-201996), Mitarbeit an Band II des »Lexikons der Weltliteratur« (1968, 31993), am Sammelband »Phänomen Fernsehen« (1977), am »Kleinen deutschen Dramenlexikon« (1983), am 8. Band des Sammelwerks »Deutsche Dichter« (1990, 21993) sowie am Essayband »Mephisto ist müde« (1996), Theater-, Musik- und Literaturkritik, Drehbücher für Fernsehdokumentationen.
Rezension
Für das Schauspiel nach 1945 darf dieser Schauspielführer als ein gelungenes Standardwerk gelten. Die Auswahl ist gelungen, die Stücke werden knapp, präzis und ausgewogen dargestellt (vgl. Leseprobe). Ein Titelregister ist angefügt. Immer erfreulich ist auch das handliche Format der "Kröners Taschenausgaben". Theater der Gegenwart kann so hilfreich näher gebracht werden.

Buschmann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Diese umfassendste Bestandsaufnahme des Gegenwartstheaters nach 1945 ist mit dem Nachweis aller Erstausgaben und Uraufführungen, Kurzbiographien sowie der Angabe der Inhaber der Aufführungsrechte ein unentbehrliches Orientierungsmittel für alle Theatermacher und am modernen Theater Interessierten.
Inhaltsverzeichnis
Dramatiker von Achternbusch bis Zschokke

Leseprobe

Ernst Jandl
Österreich, geb. 1.8.1925 in Wien Aufführungsrechte Gustav Kiepenheuer Berlin
Jandl studiert Germanistik und Anglistik in Wien, 1950 Promotion über die Novellen Schnitzlers. Gymnasiallehrer in Wien. Freundschaft und Zusammenarbeit mit der Lyrikerin Friederike Mayröcker. Ausgehend von den Lautgedichten des Dadaismus und der Konkreten Poesie experimentiert Jandl mit der Sprache, zerlegt die Wörter, löst sie auf in Geräusch, spielt mit dem Schriftbild, sucht neue Ausdrucksmöglichkeiten, indem er den vorgegebenen Inhalt verfremdet und zerstört. Auch die Stücke unterlaufen die Erwartungshaltung des Zuschauers: Der raum, szenisches gedicht für beleuchter und tontechniker (1970), Parasitäres stück (1970), der Einakter Die Humanisten (1976). Mit Aus der Fremde, ausgezeichnet zum besten Stück des Jahres 1980, erreicht er erstmals eine breitere Öffentlichkeit.

Lit.: M. Wulff: Wirklichkeit konkret - von der konkreten Poesie EJ.s bis zur sprachimmanenten Lüge, Salzburg 1977 (Diss.); E.J. Materialienbuch, Neuwied 1982 K. Sibleski (Hg.): E. J., Frankfurt/M. 1990.

Aus der Fremde
Sprechoper in sieben Szenen (Prosa). Erstausgabe Neuwied 1980; Uraufführung 28.9.1979 Graz, Vereinigte Bühnen. -Zeit: Gegenwart. Ort: Wohnung des Schriftstellers.
Vierundzwanzig Stunden aus dem Schreibtischalltag eines Schriftstellers, der zwischen Schreibzwang und Mangel an Einfällen, im Whiskydusel und mit Tablettenkonsum sein Dasein als Junggeselle fristet. Allabendlich bekommt er Besuch von einer älteren Freundin, die auch schriftstellert und deren Fortschritte er eifersüchtig registriert. Sie schüchtert ihn ein durch ihre überlegene Mütterlichkeit, ihre mitfühlende Distanz und rückt dabei sein inneres wie äußeres Chaos zurecht. Das könnte der Inhalt eines der Beatnik-Stücke von Wolfgang Bauer sein und ist wohl auch Persiflage auf Jandls eigene Beziehung zur Lyrikerin Friederike Mayröcker.
Das Alltagsprotokoll läßt kein Detail aus: Abendessen, Zähneputzen, Zubettgehen, Augenschließen, Gewecktwerden durch den Wecker und das Gegurr der Tauben, Aufräumen, Einkaufen, die Post erledigen. Dann ein Wutanfall, wenn das Brot tückisch wie stets mit der bestrichenen Seite auf den Boden fällt. Noch stärkerer Wutanfall angesichts des erwartungsvoll weißen Papiers, vor dem ihm nichts einfällt. Abendessen mit der Freundin, Diskussion mit einem teilnehmenden plaudernden jüngeren Freund. Dann erneut Ritual des Zubettgehens.
Allein durch die sprachliche Form treibt Jandl dieser Detailmalerei den Realismus aus und macht die Vorgänge befremdlich. Er läßt alle Figuren in der dritten Person und im Konjunktiv reden. Der Text wird rhythmisch in unzählige drei-zeilige Strophen abgesetzt. Das Ausweichen in die indirekte Rede, die Satzanfänge, »daß er möge, könne, solle, wolle ...«, die Verschachtelungen der Wenn und Aber machen die Vorgänge künstlich und ausgestellt. Sprechoper nennt Jandl sein Stück, und zuweilen setzt er auch die rhetorischen Kniffe seiner Lyrik ein: die Vervielfachung der Vokale und Konsonanten, die Verkörperlichung der Worte, wenn sie vom Sprecher hingejault werden, wenn er sie herauszuckt oder gekrümmt aus sich herauspreßt. Diese Methode der Uneigentlichkeit kann komisch wirken, so etwa bei dem unmöglichen Tischgebet in der Möglichkeitsform: »Käme Herr Jesus, wäre er ihr Gast - und würde segnen - was er ihnen bescheret hätte.« Der Einfall nutzt sich freilich auch ab bis zur Monotonie: -Regenerieren möge ihn das Bad, restaurieren möge ihn Kaffee.« Es bleiben einige gefällige Slapstick-Absurditäten, etwa wenn vorgeführt wird, wie sich ein Bleistift ohne Schreibzwang benutzen läßt: spitzen, abbrechen, spitzen, oder wenn sich unser Held beim Öffnen einer Flasche verletzt, darüber in Panik gerät und sich auf jede nur erdenklich unmögliche Art desinfiziert. Witzig auch, wie die Figuren sich selbst zum Thema machen und darüber diskutieren, ob dies nun »ein Super- oder ein Scheißstück sei«? Ob der jeweilige Regisseur sich mehr für die eine oder die andere Möglichkeit entscheiden werde? Die Wiederholungszwänge, die Ritualisierung des Alltags, die Monomanie einer schriftstellerischen Existenz - protokollarisch festgehalten in einer absurd bösen Chronik der laufenden Ereignislosigkeit.