Andrej Kurkow (*1961) zählt zu den wichtigsten Gegenwartsautoren der Ukraine. Bekanntheit erlangte er u.a. durch seine Romane „Picknick auf dem Eis“(1999), „Die letzte Liebe des Präsidenten“(2004) und „Graue Bienen“(2019). Für dieses Werk erhielt er 2022 den Prix Médicis étranger. Ebenfalls in dem Jahr wurde Kurkow mit dem Geschwister-Scholl-Preis für sein „Tagebuch einer Invasion“(2022) ausgezeichnet. Der ukrainische Schriftsteller, der in Russland geboren wurde und als Jugendlicher in Kiew Ukrainisch lernte, hatte schon vor Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine vor dem russischen Imperialismus gewarnt, was er auch gegenwärtig auf seinen Reisen durch Europa macht. Dort fordert Kurkow auch umfangreiche militärische Unterstützung seitens europäischer Staaten für die Ukraine. Von 2018 bis 2022 war er Präsident des PEN Ukraine. Kurkow schreibt seine Bücher auf Russisch, in der Ukraine werden sie veröffentlicht, seit 2008 aber nicht mehr in Russland; seine Kinderbücher verfasst er auf Ukrainisch. Zudem stammen von Kurkow fast 20 Drehbücher.
Sein jüngster Roman aus dem Jahre 2020 trägt den Titel „Samson i Nadežda“. 2022 erschien dieser aus dem Russischen von Johanna Marx und Sabine Grebing übersetzt im diogenes Verlag unter dem Titel „Samson und Nadjeschda“. In dem Kriminalroman schildert Kurkow eindrücklich, wie die Russische Revolution ab 1919 das Leben in Kiew veränderte. Protagonisten des Romans sind der Vollwaise Samson und Nadjeschda. Das Buch beginnt damit, dass geschildert wird, wie Kosaken Samson ein Ohr abschlagen und seinen Vater töten.
Samson, der später im Dienst der sowjetischen Polizei steht, löst in Kurkows Roman einen rätselhaften Fall. Der handelt u.a. von einem Knochen aus Silber und einer Uniform. Nadjeschda, welche beim Amt für Statistik arbeitet, unterstützt dabei Samson, der sich in sie verliebt. Kurkows mit zahlreichen Anspielungen und schwarzem Humor versehene Werk ist ein Kriminal-, ein Liebes-, ein historischer und politischer Roman – das macht seine Vielschichtigkeit aus.
Fazit: Andrejs Kurkows Buch „Samson und Najeschda“ ist ein spannendes, unterhaltsam geschriebenes Werk, durch das man zugleich einen sehr guten historischen Einblick in die Geschichte und die Werte der Ukraine erhält.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

Samson und Nadjeschda
Aus dem Russischen von Johanna Marx und Sabine Grebing. Mit Illustrationen von Jurij Nikitin
Kiew, 1919: In den Wirren nach der Russischen Revolution stößt der junge Samson, gerade zur Vollwaise geworden, beinahe durch Zufall zur neuen sowjetischen Polizei. Sein erster Fall ist gleich äußerst mysteriös: Ein abgeschnittenes Ohr, ein Knochen aus reinem Silber und ein Anzug aus feinem englischem Tuch geben ihm Rätsel auf. Doch die Zeiten sind gefährlich und halten jeden Tag neue Überraschungen bereit. Zum Glück lernt Samson die patente Nadjeschda kennen, die ihm bei den Ermittlungen hilft und an die er schon bald sein Herz verliert.
Im Jahr 1919 hat die Russische Revolution auch Kiew erfasst. Die Versuche, einen unabhängigen ukrainischen Staat zu gründen, sind gescheitert. Eine neue Zeit bahnt sich an, mit all ihren Umbrüchen und fremden Ideen. Dass diese Zeit nicht ungefährlich ist, muss Samson selbst erleben, als er seinen Vater und ein Ohr durch marodierende Kosaken verliert. Schicksal also, dass der junge Mann seinen Weg zur neu geformten sowjetischen Polizei findet. Doch schon sein erster Fall stellt ihn vor Rätsel, die er allein nicht lösen kann. Nur gut, dass Samson die patente Nadjeschda kennenlernt, mit der ihn schon bald mehr verbindet. Die entscheidende Hilfe aber kommt aus einer gänzlich unerwarteten Ecke, denn wie sich herausstellt, kann Samson mit seinem abgetrennten Ohr weiterhin hören. Eine Fähigkeit, die ihm noch auf wundersame Weise das Leben retten wird.