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Levins Mühle 34 Sätze über meinen Großvater
Levins Mühle
34 Sätze über meinen Großvater




Johannes Bobrowski

Wagenbach
EAN: 9783803132741 (ISBN: 3-8031-3274-6)
232 Seiten, kartoniert, 12 x 22cm, August, 2015

EUR 17,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
"Die Deutschen heißen Kaminski, Tomaschewski und Kossakowski und die Polen Lebrecht und Germann. Und so ist es nämlich auch gewesen."
Rezension
Die Zahl der nach 1945 Heimatvertriebenen hat enorm abgenommen und mit ihnen schwinden auch die Erinnerungen an das Leben in den ehemaligen deutschen Regionen jeneits der heutigen Grenzen. Zahlreiche Autoren, wie Günter Grass oder Uwe Johnson, thematisierten kritisch in den Jahrzehnten nach Kriegsende die Geschichte ihrer ehemaligen Heimat und gelangten so zu Ruhm im neuen Literaturbetrieb. So auch Johannes Bobrowski. In seinem Roman 'Levins Mühle' greift er einen historischen Fall auf, bei dem ein Deutscher die Mühle seines jüdischen Konkurrenten wegspült und anschließend seine Beziehungen spielen lässt und die Solidarität Gleichgesinnter gewinnt, um nicht belangt zu werden. Bobrowski verarbeitet dies aber literarisch so, dass es, wie oft im Buch betont wird, an jedem Ort spielen könnte. Ebenso verhält es sich mit der Zeit. Die Handlung wird somit zur Schablone und zum Beispiel für den gegenseitigen Umgang verschiedener Nationalitäten, Religionen und gar Konfessionen in den Regionen des ehemaligen West- und Ostpreußens. Hinter der scheinbar einfachen Handlung werden komplexe gesellschaftliche Strukturen deutlich, die durch exemplarisch gezeichnete Figuren vor Augen geführt werden. Menschenschlag und Landschaft drücken sich in der kargen Sprachgestaltung aus. Für heutige Schüler sicherlich ein befremdliches und schwieriges, in seiner Gesamtheit für den Unterricht aber ein äußerst lohnenswertes Buch.

Georg Pfahler, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Johannes Bobrowski gehört mit seiner Prosa in die Reihe der großen »ostdeutschen« Autoren wie Günter Grass, Hermann Lenz und Uwe Johnson. Zum 50. Todestag am 2. September erscheint sein wirkungsmächtiger Roman Levins Mühle (damals lektoriert von Klaus Wagenbach) in feiner Ausstattung.

Bobrowski hat seinen Roman im Westpreußen von 1874, im Kaiserreich, nicht weit von Thorn, angesiedelt. Er erzählt uns von der sehr besonderen Landschaft, von den Wiesen, den Wäldern und den Flüssen; er erzählt von den Tieren dort, den Pferden, den Schweinen und den Vögeln, die allein in unzähligen Arten vorkommen, seien es zarte Schwalben oder fette Gänse. Und er erzählt von den Menschen. Da sind die katholischen Polen, Juden, Zigeuner mit Geige,
Vaganten, Kossäten, und natürlich die Deutschen, Baptisten, Adventisten, Methodisten. Ein lebhaftes Durcheinander.
Die Geschichte, um die es geht, ist einfach: Der Großvater des Erzählers, Mühlenbesitzer und Deutscher, von dem es heißt, er leide an der Galle, hat das Wasser gestaut und dann die Mühle seines Konkurrenten, des Juden Levin, der wiederum am Herzen leidet, weggespült. Und weil sich der Levin das nicht gefallen lassen will, klagt er vor Gericht in der Stadt.
In gemütlichem Tonfall erfahren wir diese spannungsgeladene Geschichte. Schnell sind wir mittendrin, hören den Leuten zu, so wie sie eben reden, maulfaul und redselig zugleich, hören ihren Dialekt und unbekannte, klingende Worte. Vor uns tut sich ein Reichtum an Sprache und Geschichten auf, wie er uns selten begegnet.