lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
Die letzte Reise
Die letzte Reise




Irène Cohen-Janca, Maurizio A. C. Quarello

Jacoby & Stuart
EAN: 9783942787550 (ISBN: 3-942787-55-5)
72 Seiten, hardcover, 20 x 30cm, Februar, 2015

EUR 16,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
»Nicht mich will ich retten, sondern meine Idee«



Irène Cohen-Janca hat die Geschichte vom polnischen Arzt Janusz Korczak und seinen fast 200 Waisenkindern sehr kindgerecht und gleichzeitig poetisch für unsere Zeit aufgeschrieben, und Maurizio A. C. Quarello hat sie mit außergewöhnlich anrührenden Bildern illustriert. Auf einer großen Ausklappseite hat der Künstler den Auszug der Kinder gezeichnet – ein unvergessliches Bild.
Rezension
"Die letzte Reise" ist das ausdrucksstärkste Buch, das ich dieses Jahr gelesen habe. Es ist die Geschichte der jüdischen Waisenkinder und ihrem Ziehvater Janusz Korczak, der während des zweiten Weltkrieges trotz aller Umstände für die Jungen sorgte und für sie sogar mit ins Ghetto und ins Konzentrationslager einzog.

Geschrieben ist die Geschichte mit wenigen wohl ausgewählten Worten aus Sicht der Waisenkinder in der Wir-Form. Gerade dies lässt die Erzählung so nah wirken: nicht ein außenstehender berichtet von der Situation, sondern die Kinder selbst, die näher an der Bedrohung nicht sein könnten.

Die Pädagogik Janus Korczaks ist beeindruckend. Sie ist es, die das Buch vermitteln möchte und sie ist es, die weiterleben sollte.

Das Buch lebt nicht von den Worten alleine, sondern zeichnet sich durch eine einzigartige Komposition von klarer Sprache und Schwarzweißzeichnungen aus, die wirken, als stammen sie selbst aus dem Grau des Krieges.

Den Wert der Überlieferung symbolisieren auch die mit 72 Seiten große Seitenzahl und die Qualität des Papiers, das gewählt wurde. Ein solches Buch im Paperback zu drucken wäre undenkbar und doch auch zu überlegen, um Schulklassen das Buch als Klassenlektüre zu ermöglichen!

Ina Lussnig, Lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Im August 1942 wurde Janusz Korczak mit seinen Waisenkindern von der SS zum Abtransport in das Vernichtungslager Treblinka abgeholt. Der Pianist Wladyslaw Szpilman beschreibt diese Situation in seinen Memoiren (verfilmt von Roman Polanski unter dem Titel Der Pianist) wie folgt: »Eines Tages […] wurde ich zufällig Zeuge des Abmarsches von Janusz Korczak und seinen Waisen […] Sie würden aufs Land fahren, ein Grund zur Freude, erklärte er den Kindern. […] Bestimmt hat er noch in der Gaskammer […] mit letzter Anstrengung geflüstert: Nichts, das ist nichts, Kinder, um seinen kleinen Zöglingen den Schrecken des Übergangs vom Leben in den Tod zu ersparen.«
Inhaltsverzeichnis
"Die letzte Reise" ist die Geschichte des Arztes und Kinderbuchautors Janusz Korczak, aus dessen Feder unter anderem die Geschichten des kleinen König Macius stammen.
Das Buch konzentriert sich auf die letzten Jahre von Janusz Korczak und seinen Kindern. Im Mittelpunkt steht seine Arbeit im Waisenhaus im Warschauer Ghetto bis hin zum Abtransport der Kinder in ein Vernichtungslager, den er begleitet, obwohl dies auch für ihn den Tod bedeutet.
Die Geschichte wird aus der Wir-Perspektive der Waisen erzählt. Die jungen Leser erfahren hier von deren Leben im Waisenhaus, dem Leben im Warschauer Ghetto, das immer beengter wird, da das Ghetto über die Jahre hin immer weiter verkleinert wird, da es hauptsächlich als Sammellager für die Deportationen in das Vernichtungslager Treblinka diente.

Das Buch ist sehr hochwertig ausgeführt, die einzelnen Seiten dick und schwer. Ganz am Ende befindet sich eine ausklappbare Doppelseite, die den Zug der Kinder, ihre "letzte Reise", aus dem Ghetto zeigt.
Die Zeichnungen wirken durch die Ausführung wie Bleistift auf dunklem Packpapier selbst wie Zeitzeugen, über die Jahre hinweg gealtert, jedoch nicht verblasst.
Die Zeichnungen zeigen ein großes Gefühlsspektrum von Glück über Trauer bis hin zum Tod. Zwar sieht man hier keine Abbildungen toter Menschen oder Bilder aus einem KZ, aber Quarello zeigt die Vergänglichkeit im "Kleinen", in dem er beispielsweise fallende Blätter abbildet oder tote Fliegen auf einem Fensterbrett. Den Traum von Freiheit symbolisiert er durch die Märchenfigur des gestiefelten Katers, der über einen Stacheldrahtzaun springt oder einen Vogelkäfig mit offener Tür, dessen Bewohner entflogen ist. All das bleibt für die Kinder des Waisenhauses ein Traum. Auch wenn die Welt jenseits des Ghettos nur eine Straßenbreite entfernt ist... für die Menschen innerhalb der Ghettomauern könnte es genausogut auf der anderen Seite der Welt sein. Dies wird auch unter zu Hilfenahme der Typographie verdeutlicht, bei dem auf einer Doppelseite ein Satz, der von ihrem Zuhause im Ghetto und "der anderen Seite" berichtet, genau an dieser Stelle getrennt wird: auf der einen Seite das restliche Warschau, ganz allein auf der anderen "wie ein fremdes Land" das Ghetto.

"Die letzte Reise" nimmt ein Schicksal von vielen aus der Zeit des Holocaust heraus, über das man sehr gut mit Kindern über diese Zeit ins Gespräch kommen kann, da die Kinder, um die es in der Geschichte geht, teils im gleichen Alter sind wie die angesprochene Zielgruppe: Schicksale, die für Kinder und Jugendliche tatsächlich greifbar sind.

'Pan Doktor hat uns erklärt, dass man Liebe nicht erzwingen kann, aber Respekt hat jeder verdient.'

Text und Illustrationen gehen nahe, ohne die schwierige Thematik zu zerreden. Vielmehr regt beides dazu an, selbst weiter in die Tiefe zu gehen und die Vergangenheit gemeinsam aufzuarbeiten.