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bauhaustapete -  neu aufgerollt
bauhaustapete - neu aufgerollt



Rasch Druckerei
EAN: 9783899462876 (ISBN: 3-89946-287-4)
208 Seiten, hardcover, 30 x 23cm, August, 2019

EUR 29,80
alle Angaben ohne Gewähr

Rezension
Anlässlich des 100. Gründungsjubiläums des Bauhaus gibt es in der Republik zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen, in denen Städte und Regionen ihren Bezug zu den Protagonisten der avantgardistischen Kunsthochschule und ihren modernen Werken demonstrieren. Im Museumsquartier der Stadt Osnabrück, genauer in einem großen Raum des Kulturgeschichtlichen Museums, kann vom 17.8. bis zum 8.12.2019 die überaus sehenswerte Ausstellung „bauhaustapete – neu aufgerollt“ besichtigt werden. Im Zentrum der Schau steht die Geschichte des ökonomisch erfolgreichsten Bauhausprodukts, der Bauhaustapete.
Dabei handelt es sich um eine vom Bauhaus entworfene Kollektion von Tapetenmustern, die seit 1929 von dem Unternehmen der Gebrüder Rasch in Bramsche industriell hergestellt wird. Vor 90 Jahren schlossen Emil Rasch, Geschäftsführer der Hannoverschen Tapetenfabrik Gebr. Rasch & Co, G.m.b.H., und der Direktor des Dessauer Bauhauses, Hannes Meyer, einen Vertrag über eine Kooperation zwischen der Firma und der Bildungsinstitution. Das Bramscher Unternehmen übernahm die Produktion und Vermarktung der Wandbekleidung, an dessen Verkauf das Bauhaus mit 8% Provision beteiligt war. Die Bauhaustapete entsprach Meyers Maxime vom „Volksbedarf statt Luxusbedarf“. Hergestellt wurde der Kontakt der Bramscher Firma zu ihm über Maria Rasch, der Schwester von Emil Rasch, die 1923 am Staatlichen Bauhaus in Weimar ihre Gesellenprüfung in der Werkstatt für Wandmalerei ablegte. Ihre im ersten publizierten Bauhauskatalog 1923 abgedruckten Zeichnungen sind auch in der Osnabrücker Ausstellung zu sehen.
Dort erfährt man anhand von ausgewählten Exponaten wie Musterkarten, Musterbüchern, Fotographien, Zeitungsartikeln, Reklameheften und Anzeigen – vornehmlich aus dem Archiv der Firma Rasch – Details über das Design, die Vermarktung und den Verkauf der Bauhaustapete. Für diese erhielt die Bramscher Firma 1931 auf der „Internationalen Bauausstellung“ in Berlin den Ehrenpreis der Stadt. Es sollte sich bewahrheiten, wie es vollmundig in einem Reklameheft aus dem Jahre 1931/32 hieß: „der bauhaustapete gehört die Zukunft“. Nachdem das Bauhaus unter dem Druck der Nazis 1933 schließen musste, sicherte Emil Rasch das Überleben der Bauhaustapete durch einen Vertrag mit dem letzten Direktor des Bauhaus, Ludwig Mies van der Rohe. Die Namensrechte an der Wandbekleidung wurden gegen Geldzahlung an das Bramscher Unternehmen übertragen. Eine Renaissance erlebte ab 1949 die Bauhaustapete, deren Gestaltung bei der Bramscher Fabrik der ehemalige Bauhausmeister für Wandmalerei, Hinnerk Scheper, übernahm. 1958 waren auf der Ausstellung „Fine Arts und Design“ in New York, deren Eröffnung Walter Gropius und Emil Rasch beiwohnten, auch Bauhaustapetenentwürfe der Firma Rasch zu besichtigen. Im Jahre 2019 ist die Bauhaustapete mit ihren unterschiedlichsten Varianten noch immer im Musterbuch des Familienunternehmen Rasch vertreten.
Zu der Osnabrücker Präsentation ist in der Rasch Druckerei und Verlag GmbH & Co. KG der anschauungs- und lesenswerte Katalog „bauhaustapete – neu aufgerollt“ erschienen, herausgegeben vom Museumsquartier der Stadt Osnabrück. Sein Einband orientiert sich optisch an der „blauen Bauhaus-Karte“, der ersten Musterkarte mit der Tapetenkollektion der Avantgarde-Schule für die Saison 1930. Der Ausstellungskatalog enthält nicht nur zahlreiche Abbildungen in exzellenter Druckqualität, sondern auch fachlich fundierte, gut verständliche Beiträge zur faszinierenden Geschichte der Bauhaustapete von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Dabei werden auch die werbegrafischen Arbeiten des in Osnabrück geborenen und aufgewachsenen Konstruktivisten Friedrich Vordemberge-Gildewart zur Vermarktung der Bramscher Wandbekleidung gewürdigt. Besondere Erwähnung verdienen ebenso die beiden Texte zur Architekturtheorie der Wand und des Bauhauses sowie die Interpretation der im Museum an einer Wand zu sehenden Wandarbeit von Tobias Rehberger „The shortest distance between two points is no fun“. Mit dem Ausstellungskatalog wird ein in der bisherigen Bauhaus-Forschung vernachlässigte Thematik endlich gebührend aufgerollt und ein Beitrag zur kulturellen Identität des Osnabrücker Landes geleistet.
Lehrkräfte der Fächer Geschichte und Bildende Kunst lädt das Buch ein, zusammen mit Schülerinnen und Schüler die Ausstellung zu besuchen und das Bauhaus im Fachunterricht oder in einem fächerübergreifenden Projekt zu thematisieren. Anhand der Geschichte der Bauhaustapete lässt sich anschaulich sehr gut die enge Verquickung von Kultur- und Unternehmensgeschichte in Bramsche und Osnabrück aufzeigen.
Fazit: Alle an der Kulturgeschichte der Tapete Interessierte werden ihre Freude am Durchblättern und -lesen des aufschlussreichen Bandes „bauhaustapete – neu aufgerollt“ haben. Die Anschaffung des Ausstellungskatalogs lohnt sich für sie gleichermaßen wie für jeden an der Geschichte des Bauhaus Interessierten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Bauhaustapete - neu aufgerollt

Diese Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung "Bauhaustapete - neu aufgerollt"
17. August bis 8. Dezember 2019
Inhaltsverzeichnis
Annette Schwandner
Grußwort Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur 6

Frederik Rasch
Grußwort Tapetenfabrik Gebr. Rasch 7

Wolfgang Griesert
Grußwort Stadt Osnabrück 8

Nils-Arne Kässens
Vorwort 9

Maren Waike-Koormann
Zur Ausstellung Bauhaustapete- neu aufgerollt 10

Burkhard Kieselbach
90 Jahre - Die Geschichte der Bauhaustapete im Überblick 15

Katalogteil 1 32

Burkhard Kieselbach
Neue Funde rund um die Bauhaustapete 63

Katalogteil 2 94

Frederik und Gerrit Rasch im Gespräch mit Maren Waike-Koormann und Helen Koriath:
Das bedeutendste Erbe, das wir haben 121

Katalogteil 3 138

Susanne Tauss, mit Ergänzungen von Maren Waike-Koormann
"Tutti Frutti Kitsch...ist...abzulehnen". Friedrich Vordemberge-Gildewart und die
Tapetenfabrik Rasch 153

Maren Waike-Koormann
The shortest distance between two Points is no fun. Zur Wandarbeit von Tobias Rehberger 165

Helen Koriath
Die Wand - zwischen Utopie und Wirklichkeit 173

Eduard Führ
Bauhaus zum Wohnhaus 187

Abbildungsverzeichnis 204

Dank und Leihgeber 208