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Wie Religion(en) lehren? Religiöse Bildung in deutschen religionspädagogischen Konzeptionen im Licht der Pluralistischen Religionstheologie von John Hick
Wie Religion(en) lehren?
Religiöse Bildung in deutschen religionspädagogischen Konzeptionen im Licht der Pluralistischen Religionstheologie von John Hick




Lucas Graßal

EB-Verlag
EAN: 9783868930788 (ISBN: 3-86893-078-7)
426 Seiten, paperback, 15 x 21cm, 2013

EUR 27,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Wie Religion(en) lehren? Im Klassenverband oder getrennt nach Religion oder Konfession? Und wer schreibt den Lehrplan? Die Religionsgemeinschaften? Der Staat?

Hinter diesen zunächst praktischen Fragen liegen inhaltliche Entscheidungen, die auf theologischen, religionswissenschaftlichen und pädagogischen Voraussetzungen aufbauen: Was ist „Religion“? Welche Rolle spielt es, dass Glaubenssätze und religiöse Praxis für „wahr“ gehalten werden? Müssen Andersgläubige einander fremd bleiben, oder können sie einander verstehen? Und wenn ja: wie können sie dies lernen?

Dieses Feld wird in diesem Buch anhand des Beispiels der Kontroverse um das beste Modell des Religionsunterrichts in Deutschland in den 1990er Jahren vermessen. Im Dialog mit der Religionstheologie John Hicks, poststrukturalistischer Kulturtheorie und der Gedächtnistheorie Assmanns plädiert Graßal für einen von den Religionsgemeinschaften verantworteten dialogischen Ansatz des Religionsunterrichts in konfessionell und religiös gemischten Klassen.

Auf einer Metaebene lässt sich diese Diskussion als Beispiel für die Probleme bei der Erzeugung von Verbindlichkeit angesichts des Verschwimmens religiöser Identität lesen. Religionsunterricht ist – so die hier vertretene These – ein Spezialfall fortlaufender Kanonisierung religiöser Tradition in einem pluralen Gemeinwesen.

Über den Autor

Lucas Graßal studierte nach seiner Schulzeit von 1991 bis 1998 in Erlangen, Rom und Heidelberg Theologie und wurde 2002 in München zum evangelischen Pfarrer ordiniert. Mit diesem Werk wurde er in Erlangen als Stipendiat und Kollegiat des DFG-Graduiertenkollegs „Kulturhermeneutik“ promoviert. Von 2004 bis 2010 arbeitete Graßal als Pfarrer an der Petrikirche Baldham. Seit 2010 betreut er als Religionslehrer den Fachbereich Evangelische Religionslehre im Ludwigsgymnasium in München.
Rezension
Religionsunterricht ist gemäß dem Grundgesetz ordentliches Lehrfach an allen deutschen Schulen und wird konfessionell erteilt; die Inhalte werden von den Religionsgemeinschaften mitbestimmt. In wenigen Bundesländern wie Hamburg, Bremen oder Brandenburg finden sich aber gemäßt der föderalen Bildunghoheit andere Konzeptionen des Religionsunterrichts. Angesichts der zunehmenden Pluralisierung, Globalisierung und Religions-Vielfalt in der Gesellschaft wird aber besonders seit den 1990er Jahren (und der deutschen Wiedervereinigung) nach alternativen Modellen gefragt: "Wie Religion(en) lehren?" Das ist denn auch die Frage dieser Erlanger Dissertation, die im Dialog mit der Religionstheologie John Hicks, poststrukturalistischer Kulturtheorie und der Gedächtnistheorie Assmanns für einen von den Religionsgemeinschaften verantworteten dialogischen Ansatz des Religionsunterrichts in konfessionell und religiös gemischten Klassen plädiert.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Reihe: Pädag. Beiträge z. Kulturbegegnung
Herausgeber der Reihe: Johannes Lähnemann, Nürnberg/Erlangen
Inhaltsverzeichnis
1 Religionspädagogik als exemplarischer Diskurs über die Verortung von Religion unter den Bedingungen der (Post-)Moderne 15

1.1 Religionsunterricht in der Schule als Beispiel für Kanonisierung von Religion im öffentlichen Kontext - eine Hinführung 17
1.2 Die Eigenart religiöser Tradition als individuelle Aneignung kontextbezogener Traditionsbestände - eine theoretische Grundlegung 20
1.3 Kanonisierung religiöser Tradition unter den Bedingungen der Modernisierung - eine religionssoziologische Vertiefung 29
1.4 Religion(en) in der Postmoderne - zur Wechselbeziehung von Religion und Theorieparadigma 44
1.5 Methodische Grundentscheidungen 56

2 Der konfessionell-kooperative Religionsunterricht 61

2.1 Die Praxis des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts 63
2.2 Die Didaktik des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts 69
2.3 Die Organisationsform des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts: Kooperation bei Wahrung des Konfessionalitätsprinzips 76
2.4 Die bildungstheoretische und theologische Grundlegung konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts im Spannungsfeld von Individualität und Sozialität 79
2.5 Individualität und Sozialität aus der Perspektive der Säkularität und des ,Pluralismusproblems' 85
2.6 Religion im konfessionell-kooperativen Modell als das Bindungsgedächtnis einer Religionsgemeinschaft, das auf Offenbarung zurückgeht 95
2.7 Religiöse Wahrheit: theologisch begründet, kommunikativ angeeignet 102
2.8 Zusammenfassung und kritische Sichtung 105

3 Der Hamburger ,Religionsunterricht für alle in evangelischer Verantwortung' 1O9

3.1 Die Praxis des Hamburger ,Religionsunterricht für alle in evangelischer Verantwortung' 111
3.2 Die didaktische Grundlegung und Strukturierung des Hamburger Religionsunterrichts 120
3.3 Die ()rganisationsform des Religionsunterrichts für alle in evangelischer Verantwortung': Der Vorrang der Schüleronentierung vor dem Konfessionsprinzip 127
3.4 Die religionspädagogische Grundlegung des ,Hamburger Weges' als Dialogische Religionspädagogik 129
3.5 Die Verschränkung von Individuum, dessen Lebenswelt und kulturellen Traditionen angesichts von Individualisierung und Multikulturalität 139
3.6 Religion als individuell angeeigneter Horizont: Das Rcligionsvcrständnis der Hamburger Theoretiker 142
3.7 Zusammenfassung und kritische Sichtung: Der ,Hamburger Weg' als eigenständige religiöse Praxis 151

4 Das brandcnburgischc Schulfach ,Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde': Eine säkulare Alternative zum konfessionellen Religionsunterricht 154
4.1 Die Praxis von ,Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde' (LER) im Land Brandenburg 156
4.2 Die didaktische Grundlegung und Strukturierung von LER 162
4.3. Die Organisationsform von LER: Religiöse Bildung unter der Vorgabe kulturwissenschaftlicher Neutralität 171
4.4 Die pädagogische Grundlegung von LER als diskursiv Wertentwicklung anstrebender Unterricht 175
4.5 Die Erlassung der gesellschaftlichen Voraussetzungen: Identität und Kultur 179
4.6 Säkularisierung, Religionen als Sinnsysteme und religionswissenschaftliche Hermeneutik: Das Religionsverständnis in LER 186
4.7 LER und theologische Wahrheit 195
4.8 Zusammenfassung und kritische Sichtung: Neutralitätsanspruch und klassischer Strukturalismus als fragwürdige Basis 196

5 Gemeinsamkeiten und Unterschiede: Die drei Organisationsformen im Vergleich 202

5.1 Der Ansatz bei der Modernisierung, seine Erfassung in Säkularisierungstheorie und Religionenbegriff und der Anschluss an Habermas als Lösungsansatz: Gemeinsamkeiten aller Organisationsformen 203
5.2 Gemeinsamkeiten zweier Modelle 206
5.3 Konfessionalität, Individualität und Neutralität als Marker der Differenz zwischen den drei Organisationsformen 212
5.4 Religionstheologische Klärung als religionspädagogisches Desiderat 216

6 John Hicks Pluralistische Religionstheologie 230

6.1 Subjekttheorie, Religionsverständnis und ,Gottesverständnis' als leitende Fragestellungen 230
6.2 Subjekttheoretische Grundzüge der Theorie John Hicks 231
6.3 Die Welt als Bedeutungsträger - Hicks Weltverständnis 236
6.4 Die pluralistische Hypothese John Hicks als Formulierung der Gotteslehre unter der Voraussetzung der Pluralität der Religionen 244
6.5 Die Zusammenführung von Mensch, Welt und WIRKLICHEM in Hermeneutik und Kriteriologie 248
6.6 John Hicks Pluralistische Hypothese im kritischen Diskurs 256
6.7 Kritische Fortentwicklung der Theorie Hicks 268

7 Der Streit um den angemessenen religionspädagogischen Ansatz im Licht der von Hick aus entworfenen Pluralistischen Religionstheologie: Zusammenführung und Folgerangen 286

7.1 ,Wahrheit' im Lichte einer Hermeneutik der Pluralität 287
7.2 Religion - im Lichte eines an Pluralität orientierten Kulturbegriffs 301
7.3 Identität - im Lichte einer offen gehaltenen Zuordnung von Individualität und Sozialität 322
7.4 Verschränkung: Identität, Religion und Wahrheit in ihrer wechselseitigen Interferenz 347
7.5 Religionspädagogische Konsequenzen 352

8 Religionsunterricht im Spannungsfeld von kanonischer Texttradition und Kanonisierung im Vollzug 385

9 Literaturverzeichnis 392
Weitere Titel aus der Reihe Pädagogische Beiträge zur Kulturbegegnung