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Wenn nichts bleibt wie es war Zur prekären Zukunft der katholischen Kirche
Wenn nichts bleibt wie es war
Zur prekären Zukunft der katholischen Kirche




Rainer Bucher

Echter
EAN: 9783429034757 (ISBN: 3-429-03475-2)
237 Seiten, kartoniert, 12 x 20cm, 2012

EUR 14,80
alle Angaben ohne Gewähr

Rezension
Es geht natürlich in erster Linie um die Kirche in Deutschland. Was ihre Ressourcen und Privilegien betrifft, sieht Rainer Bucher für die nähere Zukunft nicht besonders schwarz, aber ihre Lage ist dennoch zunehmend prekär. Sie muss sich einer Reihe von Problemen stellen und ein Change-Management durchführen, um den neuen Zeiten gewachsen zu sein. Vier entscheidende Problemzonen nennt Bucher im Abschnitt Kontraste: Priester und Laien, Hauptamtliche und Ehrenamtliche, Drinnen und draußen und Männer und Frauen. "Es wird alles darauf ankommen", so schreibt er, "ob diese Differenzen kreativ werden im Sinne des pastoralen kirchlichen Auftrags oder nicht." (9/10) In welche Richtung das Change-Management gehen muss, wird im vierten Abschnitt, 'Kehren' benannt: Orientierung an Aufgaben nicht an Strukturen, Abkehr vom territorialen Gemeindedenken hin zur Vernetzung der Engagierten und Interessierten und Orientierung am II. Vatikanischen Konzil: "Die katholische Kirche wird sich auf das pastoral-geistliche Programm des Konzils besinnen oder sie wird immer mehr ihre christliche Authentizität verspielen und also ihre Aufgabe verfehlen." (203)
Der Verweis und systematische Rückbezug auf das Vatikanum charakterisiert auch dieses Buch von Rainer Bucher und stellt im Jubiläumsjahr eine theologische Position dar, die einschärft, dass die Errungenschaften des Konzils in vielerlei Hinsicht weder begriffen, noch umgesetzt und schon gar nicht in der Mitte der Kirche angekommen sind. Bucher sieht in ihm kein Reformkonzil, das ein paar Kurskorrekturen angebracht hat, sondern einen Neuaufbruch der Kirche. Seine Analysen beziehen sich hier in vielerlei Hinsicht auf die Arbeiten von Elmar Klinger und Hans-Joachim Sander. Bucher unterstreicht immer wieder, dass sich die Kirche als 'Volk Gottes' begreifen muss, wenn sie ihre strukturellen, inhaltlichen, handlungsbezogenen und die ihre Situation in der modernen Gesellschaft betreffenden Probleme in den Griff bekommen und lösen will.
Wie schon in seinen ausgezeichneten Ausführungen zum Priestertum ('Priester des Volkes Gottes'), beweist Bucher auch in seiner neuesten Publikation, dass es jenseits von Larmoyanz, Selbstbeweihräucherung, Abwehr, Gleichgültigkeit und Defätismus ein theologisches Denken gibt, dass gedankliche und begriffliche Werkzeuge zur Verfügung stellt, mit deren Hilfe sowohl zutreffende Analysen als auch konstruktive Neuansätze möglich sind.
"Eine Kirche, die meint, sie könne ängstlich und verschreckt im kleinen Rettungsboot die Stürme der Gegenwart überstehen und müsse nicht dem Ruf Jesu folgen und aussteigen und sich aufs Meer des Wagnisses und der Hingabe wagen, wird untergehen." (212) Dem kann der Rezensent nur zustimmen.

Matthias Wörther, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Über Jahrhunderte war die katholische Kirche souveräne Herrin ihrer selbst. Sie beherrschte die Interpretation des Kosmos, die Ordnung der Gesellschaft und – bis vor kurzem – den Körper der Menschen.
Mit all dem ist es vorbei, auch bei den eigenen Mitgliedern. Sie wurde von der Machtposition vertrieben und auf den religiösen Markt geworfen. Diese radikale Kontextveränderung lässt nichts in ihr, wie es war, ob sie es will oder nicht. Alles wird prekär, also unsicher und abhängig von anderen: vom Partizipationsverhalten der eigenen Mitglieder etwa, von der politischen Unterstützung oder den religiösen Bedürfnissen der Gesellschaft.
Wie auf dem Markt bestehen, ohne ihm zu verfallen? Wie die eigene Aufgabe unter diesen Bedingungen erfüllen? Welcher Umbau ist notwendig?
Diesen Fragen stellt sich Rainer Bucher mit analytischer Schärfe und zukunftsweisenden Vorschlägen.
Autor: RAINER BUCHER, Dr. theol., geb. 1956 ist Professor und Leiter des Instituts für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung ... 7
Verflüssigungen
I. Die Unvorstellbarkeit der Zukunft ... 15
II. Die Vertreibung von der Macht ... 29
III. Das Scheitern der Gemeindeutopie ... 42
Orientierungen
IV. Pastoral: Risiko, Erinnerung und Ereignis ... 59
V. Volk Gottes: Berufung und Hingabe ... 72
VI. Die Zeichen der Zeit: die Gegenwart als Aufgabe ... 85
VII. Gott: Geheimnis und Umkehr ... 96
Kontraste
VIII. Priester und Laien ... 113
IX. »Hauptamtliche« und »Ehrenamtliche« ... 125
X. Die drinnen und die draußen ... 136
XI. Männer und Frauen ... 152
Kehren
XII. Von der Sozialformorientierung zur pastoralen Aufgabenorientierung ... 169
XIII. Von der Gemeindezentrierung zum Netzwerkkonzept ... 186
XIV. Vertrauen auf die prophetische Kraft des Konzils ... 200
Anmerkungen ... 214