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Todeswalzer Der Sommer 1944
Todeswalzer
Der Sommer 1944




Christian Bommarius

Deutscher Taschenbuch Verlag
EAN: 9783423283700 (ISBN: 3-423-28370-X)
320 Seiten, hardcover, 13 x 21cm, Januar, 2024

EUR 26,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
DER BEGINN DES ALLES ODER NICHTS

„Hunderttausend Obdachlose, die mit Leiterwagen, Kinderwagen, Schubkarren und allem, was Räder hatte durch die Straßen zogen, überall Koffer, Gepäckstücke und Taschen, die Reste der geretteten Habe. Diese Menschen hatten überlebt und konnten auf Hilfe hoffen. Drei Tage lang ließ sich die tödlich getroffene, verröchelnde Stadt nicht betreten. Der glühend heiße Boden kühlte nur langsam ab. Was ende August 1944 von Königsberg übrig blieb, waren schwarze Ruinen mit Fensterhöhlen, die Totenschädeln glichen.“

Lob für Christian Bommarius` „Im Rausch des Aufruhrs. Deutschland 1923“:

„Wieder schöpft Christian Bommarius aus seinem reichen Fundus und fächert ein Schicksalsjahr der deutschen Geschichte kaleidoskopartig auf. Im Kleinen bildet er das Große ab.“

Volker Kutscher

„Ein raffiniertes literarisches Werk über ein wahnsinniges Jahr.“

Heribert Prantl
Rezension
Der Sommer 1944 gilt als Wendezeit im Zweiten Weltkrieg. Während Anfang Juni Hitlers Truppen noch in halb Europa standen, sah dieses Anfang September ganz anders aus. In diesen Zeitraum fallen u.a.: am 6.6. die alliierte Invasion in der Normandie („D-Day“), am 10.6. die Zerstörung und Ermordung aller Einwohner des französischen Dorfes Oradour-sur-Glane, vom 13.7. bis 29.8. die Offensive der 1. Ukrainischen Front der Roten Armee, am 11.7. das Ankommen der letzten Deportationszüge aus Ungarn in Auschwitz, am 20.7. das Stauffenberg-Attentat auf Hitler, am 23.7. die Befreiung des ersten Vernichtungslagers, des KZ Majdanek durch die Rote Armee, am 1.8. der Beginn des Warschauer Aufstands durch die Polnische Heimatarmee, am 25.8. die Befreiung von Paris durch die Alliierten und am 29./30.8 die fast vollständige Zerstörung Königsbergs durch britische Luftangriffe.
Diesem geschichtsträchtigen Sommer widmet sich Christian Bommarius (*1958) in seinem neuen Werk „Todeswalzer. Der Sommer 1944“, erschienen als Sachbuch bei der dtv Verlagsgesellschaft. Der preisgekrönte Journalist und Buchautor erlangte Bekanntheit durch seine reflektierten Kommentare in der Berliner Zeitung, in der Frankfurter Rundschau und in der Süddeutschen Zeitung sowie durch seine Bücher „Wir kriminellen Deutschen“(2004), „Das Grundgesetz. Eine Biographie“(2009), „1949. Das lange deutsche Jahr“(2018) oder „Im Rausch des Aufruhrs. Deutschland 1923“. In seinem neuen Werk beleuchtet er gekonnt kaleidoskopartig die Chronologie des Sommers 1944 vom „D-Day“ am 6.6. bis zur Zerstörung Königsbergs am 31.8. Dabei orientiert er sich an der Art der Darstellung, wie sie Florian Illies in seinem Bestseller „1913. Der Sommer des Jahrhunderts“(2013) gewählt hat: dem Collagieren von einzelnen Geschichten.
In seinem Sachbuch „Todeswalzer“ fokussiert Bommarius ausgewählte Regionen, Städte und Dörfer des Sommers 1944 wie zum Beispiel die Normandie, Oradour sur Glane, Berlin, Paris, Rom, Budapest, Obersalzberg, Wolfsschanze, Brest, Majdanek, Treblinka und Königsberg. Berücksichtigt werden von dem Journalisten in seiner Darstellung Holocaust-Überlebende und Verfolgte der Nazis wie Margot Friedländer, Joel Berger, Hans Günther Rosenthal, Carlo Schmidt, Kurt Schumacher, Résistance-Kämpfer:innen wie Fania Fénelon und Stéphane Hessel, Schriftsteller:innen wie Hans Fallada, Simone de Beauvoir und Albert Camus sowie den Wehrmachtsoffizier Wilm Hosenfeld, Träger des Ehrenordens „Gerechter unter den Völkern“, bekannt aus der Autobiographie Władysław Szpilmans.
Bommarius führt in seinem Buch eindrücklich vor Augen, welches Leid die Nazis zu verantworten haben und welche Kraft einzelne Personen aufbrachten, um Widerstand gegen sie zu leisten und dabei ihr Leben riskierten. Der Journalist lässt sein Buch mit einem Aufruf für eine wehrhafte Demokratie enden: „Wer nicht gezwungen sein will irgendwann den Todeswalzer zu tanzen, kann nicht aufmerksam genug sein. Wir sind gewarnt.“(S. 270). Geschichtslehrkräfte werden durch die historisch fundierte Darstellung des Autors motiviert, sich in ihrem Fachunterricht problemorientiert mit den Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs anhand verschiedener Schauplätze Europas auseinanderzusetzen.
Fazit: Christian Bommarius ist mit seinem Sachbuch „Todeswalzer“ eine eindrückliche Darstellung des Sommers 1944 gelungen. Gleichzeitig kann das Werk angesichts des weltweiten Erstarkens neofaschistischer und rechtextremer Bewegungen und Parteien als ein Aufruf gelesen werden, die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen, auch um einen neuen Weltkrieg zu verhindern.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Der Beginn des Alles oder Nichts
Todeswalzer
Am 1. Juni 1944 beherrschen deutsche Truppen fast ganz Europa; drei Monate später stehen die Alliierten an den Grenzen des Reichs. Das Ende des blutigsten Kriegs der Geschichte scheint unmittelbar bevorzustehen, doch es wird weitere acht Monate dauern, in denen noch einmal so viele Menschen wie in den fünf Jahren zuvor sterben werden. Und: Als zwischen Mai und Juli über 400.000 ungarische Juden nach Auschwitz deportiert werden, kommt der Holocaust zu einem seiner letzten Exzesse.
Im Sommer 1944 begann sich der Todeswalzer in einer nie zuvor für möglich gehaltenen Geschwindigkeit zu drehen. Die Gleichzeitigkeit des Mordens und der Lebensfreude, auch im Reich, packend dargestellt in Christian Bommarius‘ großer Erzählung, macht uns bis heute fassungslos.
Inhaltsverzeichnis
VORWORT 11
1. KAPITEL
6. Juni 1944 15
2. KAPITEL
»Die SS, die weiß alles, die hat schon alles ausprobiert.«
NORMANDIE - TRENT PARK - NORMANDIE -
ORADOUR SUR GLANE 31
3. KAPITEL
»Heute gibt es schon wieder Sardinen, Onkel Rahm.«
KONSTANZ - BERLIN - THERESIENSTADT 51
4. KAPITEL
»Aber ich denke an Coventry ...«
ROM - KRETA - BREST - LÜBECK 71
5, KAPITEL
»Wir sitzen im Kochtopf des Teufels.«
BUDAPEST - SALZBURG - OSTFRONT - DEBRECEN -
OBERSALZBERG - PARIS 91
6. KAPITEL
»Niemand tanzt, die Freude ist ausgestorben, der Hass schwelt.«
KRUMMHÜBEL - BUDAPEST - HIRSCHEGG
(KLEINWALSERTAL) - MOSKAU 111
7. KAPITEL
»Eine ganz kleine Clique ehrgeiziger,
gewissenloser Offiziere«
BERLIN - WOLFSSCHANZE - GERTLAUKEN - BERLIN 153
8. KAPITEL
»Alle diese Kohlköpfe wachsen in menschlicher Asche.«
MAJDANEK - BREST - BERLIN 189
9. KAPITEL
»Hitler braucht erst eine Bombe unter seinem Hintern ...«
WOLFSSCHANZE - BERLIN - KOLBERG - LEUNA 203
10. KAPITEL
»Du wirst Sterne haben, die lachen können.«
NORMANDIE - VERCORS - PARIS 211
11. KAPITEL
»Ein deutscher Soldat kapituliert nicht.«
AMSTERDAM - ST. MALO - BREST - BERLIN 225
12. KAPITEL
»Die grundlose Erde wogt wie ein abgrundtiefes Meer.«
PLOIESTI - BERLIN - TREBLINKA - NEUSTRELITZ -
BORDEAUX - DRANCY 237
13. KAPITEL
Ascheregen I. und II.
PARIS-KÖNIGSBERG 255
SCHLUSS 265
NACHBEMERKUNG 269
BIOGRAFIEN 271
LITERATUR 295
DANK 305
ANMERKUNGEN 307