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Theodor Storm Leben und Schreiben eines Aufklärers
Theodor Storm
Leben und Schreiben eines Aufklärers




Herbert Kraft

Königshausen & Neumann Verlag
EAN: 9783826074042 (ISBN: 3-8260-7404-1)
610 Seiten, hardcover, 14 x 23cm, 2021

EUR 49,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Was Storms Leben ausfüllte, war Schreiben, Singen, seinen Chor dirigieren, es war die Liebe zu Constanze und zu seinen acht Kindern. Dabei war er schwierig: aufgeregt, ungeduldig, rechthaberisch. Aber wie er die Kinder erzog, zum selbstverantworteten Denken, und wie er seinen Texten die Perspektive gab, wurde er ein Aufklärer, der zeigte: Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst, kein Sinn liegt außer ihm. Er schrieb Gedichte von schmerzhafter Schönheit, Lieder über nackte Leidenschaftlichkeiten, verstörende, wahrhaftige Verse über das Nichts. Er schrieb Immensee und Schimmelreiter, aber auch Erzählungen, die es noch zu entdecken gilt: Posthuma, Eine Malerarbeit, Eine Halligfahrt, Ein stiller Musikant, Renate, Sylter Novelle. Er stellte die Schranken innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft dar und die alltäglichen Sorgen ums Auskommen. Hans und Heinz Kirch hält den historischen Moment fest, als der Arbeiter in die Geschichte eintritt, Ein Doppelgänger zeigt den Arbeiter ohne Klasse. Und mit dem blinden Motiv im Schimmelreiter erklärt Storm, was Realismus bedeutet: das heruntergebrochene Idealisierte. Das behinderte Kind ist die Krücke der Erzählung, wie Unter den Linden in Berlin Friedrich der Große in Rauchs Reiterstandbild mit dem Krückstock zu sehen ist.

Herbert Kraft ist Professor em. der Universität Münster und lehrt dort noch. Bücher über Schiller, J. M. R. Lenz, Kleist, Droste, Hebbel, Musil, Kafka, Jens, Editionsphilologie, Literaturtheorie, Literaturdidaktik. Er ist Herausgeber von drei Bänden der Schiller-Nationalausgabe.
Rezension
Diese voluminöse und detaillierte Biographie Theodor Storms erhellt gleichermaßen Leben wie Werk. Theodor Storm (1817-1888), ein Vertreter des Bürgerlichen Realismus wie Friedrich Hebbel, Gottfried Keller, Theodor Fontane, Conrad Ferdinand Meyer, Adalbert Stifter und viele andere, gehört zu den großen deutschsprachigen Erzählern des 19. Jahrhunderts: "Pole Poppenspäler" oder "Der Schimmelreiter", einem Meisterwerk realistischer Erzählkunst, in dem es um den Widerstreit von Rationalität und Aberglauben, Fortschritt und Tradition geht, zählen noch heute zum schulischen Lektürestoff. Im Spätwerk zeigt sich zunehmend Storms Sensibilität für marginalisierte Außenseiter, Menschen aus schwierigen Verhältnissen und unteren Schichten. Aus der Perspektive der Abseitigkeit erschließen Storms Texte tiefe Einblicke in menschliche Abgründe und gesellschaftliche Missstände und eröffnen eine weite Sicht auf die verschiedensten Formen der Entgrenzung, auf Abweichungen und Abnormitäten. Storms Werk ist keineswegs konventionell und provinziell, sondern geht bewusst mit den Grenzen zwischen Normen und Tabus um. Insgesamt erweist sich in den Augen des Autors Theodor Storm als Aufklärer (vgl. Untertitel).

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorerinnerung 9

Husum, Lübeck 1817-1837 15

Lebensvorbilder 16
Gekaufte Freiheiten 21
Tore zu einer neuen Welt 25
Lockenköpfchen 29

Kiel, Berlin, Kiel 1837-1842 31

Nur heißes Blut 32
Wunschbild eines Niedriggeborenen 35
Große Lehrer 37
Wie aus einem Brautstrauß 42
Wir gingen uns vorüber 45
Zweiter Charakter ohne Prädikat 47

Husum 1842-1853 49

Gediegene Arbeiten 50
Theolot 53
Beteiligte und Mitwisser 55
Von der Haushaltung 57
Liebesgesänge 58
Sängerinnen 64
Die schöne Constanze 66
Einseitige Liebe 68
Die Hände gefaltet 69
Schmerzhafte Schönheit 71
Freizeitbeschäftigungen 72
Er liebte sie mehr als sie ihn 76
Die neue Freiheit 84
Kurze Hingebungen 86
Ein eigenes Haus mit Garten 88
Denken statt Beten 91
Se kriegen mi nich 93
Eine Stunde zum Nichtsthun der Liebe 94
Die nachgeholte Hochzeit 96
Endlich zu Hause 98
Die Nerven stärkend 100
Nackte Leidenschaftlichkeiten 103
Kein Gemeimnis, Interessen 108
Die Zeit ist hin 111
Got sende si zesamene die gerne geliep wellen sin 116
Schleswig-Holstein, einig Vaterland 126
Freischärler und Holzfäller 136
Glück ist in der kleinsten Hütte 140
Besatzungszeit 142

Berlin, Potsdam 1852-1856 149

Eine Art Gattungsbegriff 150
Rang, Titel, Orden 153
Dienen, was ich nie gekonnt habe 160
Augenblick des Subjekts 165
Eine Kaufmannstochter 167
Beisitzer Kreisgerichtsassessor Storm 171
Katharsis 173
Mergentheimer 175
Plaidoyer für die Schwurgerichte 179

Heiligenstadt 1856-1864 181

Storm verspricht einen Singverein 182
Die reichen Kreisrichters 184
Gegenüber dem Gefangenhaus 189
Ihr die Strümpfe ausgezogen 192
Ego te absolvo 195
Adel und Kirche 199
Moderne Zeiten 203
Ein Tafelklavier 207
Die niedrige Geburt als Eigenschaft 209
Drohende Versetzung 213
Reinstes Menschenthum 215
Studierte und Handwerker 221
Ein Volkslied 227
Zusammensparen 229
Schamlose Sehnsucht 232
Das Herzoglein 233
Agrarkapitalismus 237
Befiehl du deine Wege 241
Der Meister ein Betrüger 245
Aus dem Volk gewählt 250
Husum 1864-1880 255
Wedder to Huus 256
Wi hebt je nu so'n Bude Landvaugt 259
Bei den Niedrigen ist kein edles Leid 262
Kein Abschied 267 Komm, wir wollen fliegen! 269
Neue Fäden ins Leben spinnen 274
Bilder der Unversöhnlichkeit 281
Die alte Zeit kommt nicht wieder 284
Wasserreihe 31 289
Unglück ist nichts Besonderes 291
Demut ist keine Pflicht 295
Fortschritt 299
Opus postumum 302
Psychologische Rätsel 305
Demokratie 307
Auch ein Denkmal für Ada Christen 313
Ein Nachtbild der Leidenschaft 316
Die große Reise nach Leopoldskron 320
To Huus is best 323
Der Jugend unangemessen 327
Zu spätes Glück und das Recht auf Selbstbestimmung 331
Vorbei 337
Wille als Bewußtsein des Subjekts 339
Liebe auf den ersten Blick 342
Un et gifft ok noch en Holland 347
Culpa patris 351
Lebensläufe in absteigender Linie 355
Wie der Glaube das Leben zerstört 362
Der Sohn eines Stallknechts wird Professor? 369
Vernichtender Friede 374
Wie weit die Aufklärung gekommen ist 377
Ein kaum sichtbarer Vorschein des Anderen 382

Hademarschen 1880-1888 387

Amtsgerichtsrat und Roter Adlerorden IV. Klasse 388
Der Platz kommt einem zu, an dem man schon steht 394
Im Leben verkommen 398
Haus Storm 402
Ein Sozialdemokrat 408
Weißer Schmetterling 413
Der Priester Gottes und die Kirchenordnung 416
Ausflüge 426
Die Berliner Triumphreise 428
Es waren zwei Bürgerkinder 430
Bälle und Barone 433
Tristan und Isolde im Schauerroman 438
Wieder Ausflüge 444
Werbung für die mittlere Bildung 446
Parkanlagen 451 Arbeiter ohne Klasse 453
Was einer hätte wissen können 458
Deich- und Meeresstudien 463
Ich will nicht, was ich soll 466
Die Welt wußte es nicht 469
Wie einer behindert wird, der von unten kommt und mehr kann als die anderen 472
Bäume pflanzen 483
Dorothea Storms Abschied von Hademarschen 486

Testament 487

Was ist schließlich Aufklärung? 491

Anhang 493

Vorbemerkungen 494
Zitatnachweise 495
Anmerkungen 510
Literatur 539
Werkregister 588
Personenregister 594
Nachwort 608
Über den Autor 609