„Aus so krummen Holz, als woraus der Mensch gemacht ist, kann kein ganz Gerades gezimmert werden.“, lautet eines der berühmtesten Zitate von Immanuel Kant. Damit verweist der Philosoph auf die Schwächen des Menschen, die seiner Perfektibilität entgegenstehen. Was man aus „krummen Holz“ so alles machen kann, demonstriert Stephan Balkenhol (*1957) seit Jahrzehnten mit seinen Kunstwerken. Der seit 1992 an der Akademie der bildenden Künste Karlsruhe wirkende Professor gilt als einer der wichtigsten deutschen Bildhauer der Gegenwart. Bekanntheit erlangte der Künstler durch seine farbig bemalten Holzskulpturen, denen man den händischen Arbeitsprozess ansehen soll. Zur Balkenhol’schen Ikone avancierte ein bestimmter Figurentypus, der Mann, der eine schwarze Hose und ein weißes Hemd trägt.
Einen hervorragenden Überblick über das vielfältige Œuvre des Künstlers erhält man durch den Besuch der im Lehmbruck Museum in Duisburg am 22.10.2020 eröffneten Ausstellung „Stephan Balkenhol“. Zu sehen sind dort seine figürlichen Skulpturen aus mehreren Jahrzehnten, wie zum Beispiel: „Der Denker“(1990), „Sphinx“(2014) „Nackter Mann mit goldener Krone“(2015), „Venus 1“(2017), „Klassischer Mann“(2017), „Kugelfisch“(2018), sowie Arbeiten aus diesem Jahr wie „Einhorn“, „Gepard“, „Hermen“ und „Mäusemann“. Außerdem findet man dort kaum bekannte zeichnerische und grafische Werke Balkenhols. Dem Künstler ist so im Lehmbruck-Museum eine erste umfangreiche Retrospektive gewidmet. Die Kunstwerke Balkenhols verdeutlichen die conditio humana: Der (spätmoderne) Mensch bewegt sich in einem unauflöslichen Spannungsfeld von Geschichte und Gegenwart, von Unvollkommenheit und Optimierungsstreben.
Zu dieser sehenswerten Werkschau ist bei Schirmer/Mosel ein gleichnamiger Katalog erschienen, herausgegeben von Söke Dinkla (*1962), der Direktorin des Lehmbruck-Museums. Diese mit 82 Farbtafeln versehene Monographie enthält nicht nur eine Übersicht mit den ausgestellten Werken, sondern auch drei kunsthistorische Aufsätze, die zur Erschließung der Arbeiten Balkenhols beitragen. Lehrkräfte des Faches Bildende Kunst werden durch den ästhetisch gelungenen Band motiviert, sich im Unterricht auch mit zeitgenössischen Holzskulpturen auseinanderzusetzen.
Fazit: Das Buch „Stephan Balkenhol“ ist nicht nur ein empfehlenswerter Ausstellungkatalog, sondern es liefert zugleich eine sehr gute Einführung in das vielschichtige Werk eines der wichtigsten zeitgenössischen Bildhauer.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

Stephan Balkenhol (geb. 1957) ist einer der namhaften zeitgenössischen Bildhauer Deutschlands, dessen ikonische Figuren eines Mannes mit weißem Hemd und schwarzer Hose ihm auch internationale Bekanntheit verschafft haben. Seine figürlichen Skulpturen sind teilweise aus riesigen Baumstämmen herausgearbeitet. Figur und Sockel bleiben dabei als ein Stück verbunden und Spuren des Arbeitsprozesses mit den klassischen Werkzeugen Klöpfel, Beitel, Säge und Messer offenbaren sich dem Betrachter ebenso wie die sinnliche Wertigkeit der Materialeigenschaften. Hinsichtlich der Themen stellen Menschen wie Tiere, teilweise in märchenhafter Kombination, den Hauptgegenstand von Balkenhols Arbeiten für Innenräume. Berühmt ist er auch für seine Kunst im öffentlichen Raum, in der sich seine Figuren in erzählerischer Weise mit der Architektur der Umgebung verbinden. Das Lehmbruck Museum in Duisburg, Heimatort der zeitgenössischen Skulptur in Deutschland, widmet dem Künstler eine erste große Retrospektive, die in enger Zusammenarbeit mit ihm entstanden ist und von frühen Arbeiten aus den 1980er Jahren bis zu eigens für die Schau geschaffenen Werke reicht. Die Buchpublikation ist die erste zu Stephan Balkenhols Werk bei Schirmer/Mosel, mit Texten von Söke Dinkla, Norbert Jocks und Ronja Friedrichs.
Schirmer/Mosel. Die Monographie, Katalogbuch zur Ausstellung im Lehmbruck Museum, Duisburg. Mit Texten von Söke Dinkla, Norbert Jocks und Ronja Friedrichs. 112 Seiten, 82 Farbtafeln. Format: 24 x 28 cm, gebunden. Deutsche Ausgabe.

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