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Sisyphos im Maschinenraum Eine Geschichte der Fehlbarkeit von Mensch und Technologie Martina Heßler
Sisyphos im Maschinenraum
Eine Geschichte der Fehlbarkeit von Mensch und Technologie


Martina Heßler
Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406823305 (ISBN: 3-406-82330-0)
297 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, Mai, 2025

EUR 32,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Das menschliche Verhältnis zur Technik ist von einer bedenklichen Schieflage geprägt: Menschen erscheinen als Mängelwesen, die unnötige Fehler machen und Dummheiten begehen, während ihre Maschinen und Technologien als Überwinder ihrer Schwächen gefeiert werden. Martina Heßler erzählt die beeindruckende Geschichte dieses wirkmächtigen Gedankens, in dem sich die menschliche Fehlbarkeit hartnäckig mit technologischer Perfektion verbindet.

„Eine lesenswerte Geistesgeschichte. Die technikchauvinistische Vorstellung, dass der Mensch im Vergleich zur Maschine defizitär ist, gewinnt, wie aktuell in den USA zu sehen ist, auch politisch an Einfluss.“

Hannah Schmidt-Ott

Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Sehr verständlich und unterhaltsam geschrieben. Wirklich empfehlenswert.“

Thomas Gross, Deutschlandfunk Kultur
Rezension
Ist die Technik dem Menschen überlegen, der Mensch im Sinne Arnold Gehlens ein „Mängelwesen“? Worin besteht die „Antiquiertheit“ des Menschen, von der Günther Anders in seiner Technikphilosophie sprach? Ist die Technik – im Unterschied zum Menschen - fehlerfrei? Können Maschinen autonom entscheiden? Basiert die menschliche Kulturentwicklung auf einem technischen Weltverhältnis? Dient Technik primär der Entlastung des Menschen oder der Ermöglichung von Freiheitsspielräumen? Verändern Anthropotechniken unser Menschenbild? Soll der Mensch zum Cyborg werden?
Reflektierte Antworten auf diese angesichts eines naturalistischen Zeitgeistes aktuellen philosophischen Fragen bietet der Band „Sisyphos im Maschinenraum. Eine Geschichte der Fehlbarkeit von Mensch und Technologie“, erschienen bei C.H. Beck. Das für den Deutschen Sachbuch-Preis 2025 nominierte Werk stammt von Martina Heßler (*1968). Bekanntheit erlangte die Professorin für Technikgeschichte an der Technischen Universität Darmstadt u.a. durch ihre technikanthropologischen Arbeiten. Zusammen mit Kevin Liggieri hat sie den Band „Technikanthropologie. Handbuch für Wissenschaft und Studium“ herausgegeben. Auch in ihrem aktuellen Buch analysiert sie historisch - genauer seit dem 19. Jahrhundert - und systematisch die Wechselwirkung von Mensch und Technik. Gegenüber einem Anthropozentrismus, nach welchem dem Menschen eine Zentralstellung gegenüber anderen Entitäten zukommt, vertritt die Wissenschaftlerin ein „anthroporelationales“ Mensch-Technik-Verhältnis. Heßlers Buch zeichnet sich aus durch seine historisch-systematische Lokalisierung, philosophisch differenzierte Beleuchtung technikanthropologischer Entwicklungen sowie durch seine gut verständliche Darstellung aus. Gekonnt widerlegt sie den Technikchauvinismus und den Optimierungswahn des Menschen. Auch Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik und Geschichte erhalten durch den umfangreichen Band notwendiges Orientierungswissen sowie eine Fundgrube mit produktiven inhaltlichen Anregungen, um sich in ihren Fachunterricht mit Themenfeldern der Technikanthropologie problemorientiert auseinandersetzen zu können.
Fazit: Angesichts der rasanten technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen durch die digitale Revolution leistet das Buch von Martina Heßler „Sisyphos im Maschinenraum“ einen hervorragenden Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Technikchauvinismus und dem menschlichen Perfektionsstreben.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Heßler, Martina
Sisyphos im Maschinenraum
Eine Geschichte der Fehlbarkeit von Mensch und Technologie.
Das menschliche Verhältnis zur Technik ist von einer bedenklichen Schieflage geprägt: Menschen erscheinen als Mängelwesen, die unnötige Fehler machen und Dummheiten begehen, während ihre Maschinen und Technologien als Überwinder ihrer Schwächen gefeiert werden. Martina Heßler erzählt die beeindruckende Geschichte dieses wirkmächtigen Gedankens, in dem sich die menschliche Fehlbarkeit hartnäckig mit technologischer Perfektion verbindet.
Von Automaten in frühen Fabriken über Sicherheitsgurte, Lügendetektoren und nette Roboter bis zu Computern als Präsidentschaftskandidaten und zur Cyborg-Reparatur: Die Geschichte der technologischen Überwindung menschlicher Fehler ist eine Geschichte des Technikchauvinismus, in der wir Menschen mehr und mehr einem modernen Sisyphos ähneln – im selbst gebauten Maschinenraum unentwegt mit der Beseitigung von Fehlern und Defekten beschäftigt. Derzeit verspricht künstliche Intelligenz, die Welt zu einem besseren Ort zu machen und menschliche Grenzen zu sprengen. Wie Martina Heßler eindrucksvoll darlegt, wird aber bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert versucht, fehlerhafte Menschen mit überlegenen Maschinen einzuhegen, zu ersetzen und zu übertreffen. Das Bild einer perfekten Maschine, die alle denkbaren Probleme lösen kann, hat seither den gesellschaftlichen Fortschritt maßgeblich geprägt. Es wird Zeit, diese unzeitgemäße Illusion zu verabschieden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung:
Eine besondere Form der menschlichen Fehlbarkeit 9
1. Der im Vergleich zur Technik fehlerhafte Mensch
Lesarten menschlicher und maschineller Unvollkommen-
heiten 23
Die Überlegenheit der Technik 23 | Die Minderwertigkeit des
Menschen: Günther Anders und die «Faulty Construction» 34 |
Mängel, Sünden, Irrtümer: Menschliche Unvollkommenheiten 41
2. Obsessionen der mechanischen Moderne
Das Ideal der Maschine und fehlerhafte Menschen seit dem
frühen 19. Jahrhundert 59
Mechanische Maschinen: Der fehlerhafte Mensch in der Fabrik 66 |
Geistige Automaten: Entscheidungsmaschinen statt fehlerhafter
Menschen 74 | Der fehlerhafte Mensch im Automobil 88 | So-
ziale Maschinen: Der fehlerhafte Mensch und seine zuverlässigen Ge-
fährten 101 | Moralische Maschinen: Der fehlerhafte Mensch am
Lügendetektor 110 | Die Obsession der Moderne und die perfekte
mechanische Maschine 125
3. Sisyphos im Maschinenraum
Die Tücken des fehlerhaften Menschen im 20. Jahr-
hundert 131
Endlose Steigerung: Die Droge der Maschinisierung 133 | Anwälte
menschlicher Kläger: Die Human Factors-Forschung in den 1950 er
Jahren und ein neuer Blick auf Fehler 151
4. Computerbugs, irrtümliche KI und kaputte Superhumans
Fehlerhafte Maschinen von den 1970 er Jahren bis heute 167
Ein neues Zeitalter technologischer Fehler 170 | Irren ist maschinell:
Künstlich fehlerhafte Intelligenz 195 | Alltägliche Cyborgs: Biologi-
scher Schrott und reparierte Körper 214
Schluss:
Doch keine Welt ohne Fehler 227
Literatur 241
Anmerkungen 257