|
Schwarz-Weiß-Symbolik
Dualistische Denktraditionen und die Imagination von »Rasse«. Religion – Wissenschaft – Anthroposophie
Jana Husmann
Transcript
EAN: 9783837613490 (ISBN: 3-8376-1349-6)
410 Seiten, paperback, 15 x 23cm, 2010
EUR 35,80 alle Angaben ohne Gewähr
|
|
Umschlagtext
Was haben abendländische Traditionen der Schwarz-Weiß-Symbolik mit Rassentheorie und Rassismus zu tun? Jana Husmann spürt dualistischen Denktraditionen im ›wissenschaftlichen‹ und okkultistischen Rassediskurs nach. Der imaginäre Gehalt rassentheoretischer Kategorienbildung wird dabei als Säkularisierung, Naturalisierung und Respiritualisierung des Symbolischen lesbar. In Zusammenführung von Kultur-, Religions-, Wissenschafts- und Geschlechtergeschichte zeigt das Buch die komplexen Zusammenhänge von Wissens- und Geschlechterordnung, dualistischen Denktraditionen und der Geschichte des Rassismus auf.
Ein Buch voller Impulse für die Geschlechter- und Rassismusforschung sowie für die Anthroposophie-Kritik.
Rezension
Es ist einigermaßen unverständlich, dass in der Pädagogik noch immer eine dermaßene Begeisterung für die von Rudolf Steiner begründete Waldorfpädagogik und ihre Grundierung in der Anthroposophie besteht, wo doch in den vergangenen Jahren der dualistisch-rassistische Grundtenor in der Lehre Rudolf Steiners immer deutlicher herausgearbeitet worden ist. Diese Darstellung wirft ein weiteres entsprechendes Licht auf die Lehre Rudolf Steiners und verstärkt die Anthroposophie-Kritik durch eine umfassende Einbetttung in dualistische Denktraditionen und Schwarz-Weiß-Symboliken des Abendlands. An Schwarz und Weiß knüpfen sich eine Vielzahl metaphysischer und weltlicher Codierungen, die mit Dualismen von Licht und Finsternis, Reinheit und Unreinheit, Transzendenz und Weltlichkeit verbunden sind. Ziel der Untersuchung ist die beispielhafte Verdeutlichung bestimmter kultureller Konstruktionslogiken und damit des kulturell imaginären Charakters rassentheoretischer Modelle.
Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagworte:
Religion, Kultur, Farbsymbolik, Dualismus, Rassismus, Geschlecht, Anthroposophie, Rudolf Steiner
Adressaten:
Kulturwissenschaft, Religionswissenschaft, Geschichtswissenschaft, Geschlechterforschung/Gender Studies
Jana Husmann (Dr. phil.), Kulturwissenschaftlerin und Genderforscherin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Graduiertenkolleg »Geschlecht als Wissenskategorie« der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Geschlechter- und Rassismusforschung, religiöse Weltanschauungen, Trans- und Interdisziplinarität.
Editorial Reihe "Gender Codes":
Wissenschaftliches Wissen gilt als rein, objektiv und geschlechtslos. Geschlecht hingegen wird - als Inbegriff von Subjektivität und Irrationalität - oft mit Weiblichkeit gleichgesetzt. Zugleich ist Geschlecht ein Code für jene sinnliche »Wirklichkeit«, die die Wissenschaften abzubilden versuchen. Die Transkriptionen zwischen diesen beiden Polen sind das Thema der Reihe.
Warum wird der Körper des idealen Wissenschaftlers als geschlechtslos (und dennoch männlich) imaginiert? Warum werden den Wissensordnungen ... mehr immer wieder Geschlechtercodes eingeschrieben - von der »Alma Mater« über das »Seminar« bis zum »penetrierenden Blick« des mikroskopischen Auges? In der Geschichte des abendländischen Wissens fand und findet ein beständiger Reinigungsprozess statt, der Geschlecht zu einer Ausschlusskategorie macht - nicht nur auf der Ebene der Wissensproduktion, sondern auch der Wissenschaftsorganisation. Zugleich verweisen die Wissenschaften auf die Sexualität zurück, indem sie etwa Anspruch auf »Potenz« und »Fruchtbarkeit« erheben. Geschlecht ist Teil der Epistemologie des Wissens, es geht in seine Produktionen und Praktiken ein, wird aber als treibende Kraft negiert.
Thema der Reihe ist das Unbewusste der Wissensordnungen - die »rätselhaften« und unbenannten Dimensionen wissenschaftlicher Enthüllungen und Erkenntnisse. Dabei wird deutlich, dass die westlichen Wissenschaften des »Verschleierten« und des Rätsels bedürfen, um den eigenen Fortschritt zu sichern - ohne Geheimnis keine »Ent-Deckung«. Ob weiblich oder männlich codiert: Sexualität und Geschlecht sind die Garanten dafür, dass den Wissensordnungen ihre »dunklen Kontinente« erhalten bleiben.
In der Reihe GenderCodes werden historische und gegenwärtige Transkriptionen zwischen Wissen und Geschlecht untersucht. Die Zusammenhänge zwischen Wissen, Geschlechtercodes und Wissenschaften sollen an einzelnen Beispielen und konkreten Wissensfeldern erkundet werden. Dabei richtet sich der Blick auch auf die jeweiligen medialen Kanäle und deren materiale Widerständigkeit. Im Mittelpunkt stehen sowohl die materiellen als auch ideellen Instrumente dieser Transkriptionen sowie die epistemischen Objekte, an denen die Disziplinen ihre Wissensordnungen erproben.
GenderCodes ist ein Forum für wissenschaftliche Arbeiten, die Verbindungen herstellen zwischen der Geschlechterforschung, der Geschichte des Wissens und der Wissenschaftsgeschichte. Die Reihe richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Disziplinen, welche die Frage nach Geschlecht und die Frage nach dem Wissen inter- oder transdisziplinär untersuchen. Publiziert werden Monographien, Anthologien und wissenschaftliche Qualifikationsschriften. Die Reihe ist international ausgerichtet, es werden deutsch- und englischsprachige Texte veröffentlicht. GenderCodes dient der Herstellung von Öffentlichkeit und wendet sich an ein Publikum, das an Geschlechterforschung und Wissenschaftsgeschichte interessiert ist.
Die Reihe wird herausgegeben von Christina von Braun, Volker Hess und Inge Stephan.
Inhaltsverzeichnis
Danksagung 9
1 Einleitung 11
1.1 Thema 11
1.1.1 Zugänge und Umriss des Themas 11
1.1.2 Differenzierung der Analyseperspektiven und Thesen 19
1.1.3 Aktuelle Relevanz 26
1.2 Forschungsstand 29
1.2.1 Schwarz-Weiß-Symbolik im Rassediskurs 29
1.2.2 Schwarz-Weiß-Struktur: Binäre Konstruktionsmechanismen 33
1.2.3 Forschungsstand zu Rassentheorie und Rassismus bei Rudolf Steiner 38
1.3 Methodik 42
1.3.1 Inter- und Transdisziplinarität 42
1.3.2 Diskursanalyse, Repräsentation, Dekonstruktion 45
1.4 Struktur 48
2 Schwarz-Weiß-Symbolik: Geistesgeschichtliche Traditionskontexte des Abendlandes 51
2.1 Einleitung: ›Angst vor der schwarzen Republik‹? 51
2.2 Schwarz-Weiß: Aktuelle Begriffsdimensionen und Definitionszugänge 55
2.2.1 ›Alltagsfarben‹: Begriffsdimensionen von Politik, Psychologie bis Physik 55
2.2.2 Lexika der Symbolik und Rassismus 58
2.3 Antike Umbrüche: Geist-Materie-Dualismus und griechische Zeugungsmythen 62
2.3.1 Vorbemerkung 62
2.3.2 Schrift und Dualismus – ›Neukonstruktion der Genealogie‹ 63
2.3.3 Schwarze Göttin – weißer Zeus 65
2.3.4 Schwarze Materie – Licht und Logos 68
2.3.5 Schlussfolgerung 73
2.4 Christlich-biblische Traditionen: Leib und Zeichen 74
2.4.1 Vorbemerkung 74
2.4.2 Teuflisches Schwarz 75
2.4.3 Totes Fleisch und ›Auferstehungsleib‹ – Paulus’ doppelte Leibkonstruktion 77
2.4.4 Lichte und finstere Leiber: ›Vom Licht und vom Auge‹ 81
2.4.5 Licht und ›Weißheit‹ Christi 85
2.4.6 Schwarz auf weiß: Schwarze Zeichen – reine Leiber
2.4.7 Schlussfolgerung 94
2.5 Gnostische Dualismen: Schöpfungsmythen und Gottesbilder 95
2.5.1 Vorbemerkung 95
2.5.2 Finsterer Schöpfergott und (Licht-)Gott des Nichts 97
2.5.3 Finstere Welt(-werdung) – Erlösung des Lichts 101
2.5.4 Hyliker, Psychiker, Pneumatiker: Aufstieg zum Licht 107
2.5.5 Christus als Weiß-Färber 110
2.5.6 Göttliches Schwarz: Das erste schwarze Wort Gottes 113
2.5.7 Schlussfolgerung 117
3 Weißwerden: Historische Vorläufer und Anfänge rassentheoretischer Farbgebung 121
3.1 Einleitung 121
3.2 Lichtes Subjekt – schwarz-weiße Natur 122
3.2.1 Vorbemerkung 122
3.2.2 Demiurgischer Humanismus – Weltwerdung des Lichts 124
3.2.3 Rassebegriff und farbliche ›complexion‹ 131
3.2.4 Die Schattenseite der göttlichen Vernunft 138
3.3 Weißwerden: Licht der Aufklärung und Beginn des ›Wissenschaftlichen Rassismus‹ 146
3.3.1 Vorbemerkung 146
3.3.2 ›Naturalis lux‹: Anfänge der Rassisierung 147
3.3.3 Erste Rassenkonstruktionen 151
3.3.4 Linné: Entwicklung des Hautfarbenschemas 154
3.3.5 Schönheit, Krankheit, Sündenfall: Ästhetisierung und Pathologisierung 156
3.3.6 Kant: Weiße Vernunft 162
3.3.7 ›Reine Formsache‹: Licht und Tugend 169
3.4 Schlussfolgerung 178
4 Carl Gustav Carus: ›Symbolik der menschlichen Gestalt‹ 183
4.1 Einleitung 183
4.2 Licht der Erkenntnis: Idee, Symbol und Weißer Blick 187
4.3 Das naturalisierte Symbol 198
4.3.1 Grundannahmen naturgeschichtlicher Entwicklung und ›rassischer‹ Differenz 198
4.3.2 ›Symbolische‹ Körpernorm(-ierung) 202
4.3.3 Tag- und Nachtseiten: Explizierung von Geschlecht 212
4.3.4 Die Juden zwischen Licht und Finsternis 223
4.4 Schlussfolgerung 226
5 Rudolf Steiner: Weißsein zwischen Krise und Erlösung 229
5.1 Einleitung 229
5.2 Quellen 239
5.3 Licht der Erkenntnis: Hellsehen und Christus – Finsteres Wissen und Ahriman 241
5.3.1 Hellseherische ›Wissenschaft‹ 241
5.3.2 Christus: Erlösendes Wissen und Vergeistigung der Materie 245
5.3.3 Ahriman: Geist der materialistischen Wissenschaft 249
5.4 Leiden am Logos als Weißes Privileg – Christus-Impuls und weiße Haut 251
5.5 Erlösende Weiblichkeit und Asymmetrie normativer Geschlechter 259
5.6 Kosmologisches Evolutionsmodell 266
5.6.1 Schematischer Überblick 266
5.6.2 Kurzdarstellung 266
5.6.3 Geschlechtssymbolische Grundstrukturen 273
5.7 Anfang und Ende der (›Menschen‹-)›Rassen‹ 276
5.8 Rassenmodelle und Individualkörper 285
5.9 Knochenleib und Lichtleib 291
5.10 ›Licht-Ich‹ und Hautfarben 299
5.11 Egalität? 308
5.12 Schlussfolgerung 310
6 Keine Rassenlehre bei Rudolf Steiner? Aktuelle anthroposophische Positionen 317
6.1 Vorbemerkung 317
6.2 ›Rassismusvorwürfe zurückgewiesen‹ 318
6.3 ›Partielle Diskriminierung‹: Niederländische und deutsche Positionen 326
6.4 Mythos ›Rasse‹ oder: Rassenlehre mit und ohne ›Rassen‹ 329
6.4.1 Der ›wissenschaftliche‹ Rassebegriff der Anthroposophie 329
6.4.2 Kulturalisierung von ›Rasse‹ 332
6.5 Plausibilisierungsstrategien: Beispiel ›Arbeitervortrag‹ nach Bader/Ravagli 333
6.5.1 ›Vorurteile‹ und Farbenlehre 333
6.5.2 Rassismus als Humanismus: ›Rassische‹ Differenz als Gleichheit 335
6.5.3 ›Krise des Materialismus‹ und Weiße Erlösung 337
6.6 ›Materialistische Weltanschauung‹ und Textinterpretation 340
6.7 Waldorfpädagogik und das »dunkle Herz des Materialismus« 342
6.8 Geographie oder Steiners Rassenlehre als geographisch-kulturelle Differenz 345
6.8.1 Zielsetzung des Lehrbuchs »Das lebendige Wesen der Erde« 345
6.8.2 »Afrika – das Geburtsland der Menschheit« 347
6.8.3 »Mensch und Natur in anderen Kulturen und Kontinenten« 349
6.8.4 »Geographische Polaritäten« 351
6.9 Schlussfolgerung 353
7 Schlussfolgerung 357
Literatur- und Quellenverzeichnis 361
Weitere Titel aus der Reihe GenderCodes - Transkriptionen zwischen Wissen und Geschlecht |
|
|