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Schönheit
Traum – Kunst – Bildung
Eckart Liebau, Jörg Zirfas (Hrsg.)
Reihe: Ästhetik und Bildung
Transcript
EAN: 9783899428315 (ISBN: 3-89942-831-5)
288 Seiten, paperback, 14 x 23cm, 2007
EUR 28,80 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Die Schönheit kehrt mit Macht zurück – die Ästhetisierung der Lebenswelten in der Moderne schreitet fort. Welche Bedeutung kommt den Unterscheidungen zwischen dem Schönen und dem Hässlichen, dem Angenehmen und dem Unangenehmen heute zu? Sind sie nach wie vor – oder sogar mehr denn je – grundlegend für alles Wahrnehmen und Handeln?
Die Beiträge dieses Bandes diskutieren die Schönheit als Glück verheißende Wunscherfüllung und als Traum von Unvergänglichkeit und Unwiderstehlichkeit – und die Künste als Orte der Erscheinung und Reflexion von Schönheit. Bildung wird dabei als rezeptive Erfahrung und Interpretation von Schönheit sowie als produktive Formung und Gestaltung des Schönen – nicht zuletzt des schönen Lebens – verstanden.
Rezension
In der Postmoderne und im visuellen Zeitalter sind Ästhetik und Schönheit wieder in den Mittelpunkt des Bewußtseins getreten. Ästhetische Wahrnehmung, Erfahrung und Praxis sind Weltzugänge eigener Art, die sich von naturwissenschaftlich-technischen, hermeneutisch-geschichtlichen, strategischen und diskursiv-normativen Weltzugängen unterscheiden. Auch Bildung hat wesentlich mit Ästhetik zu tun; ästhetische Bildung meint Weltwahrnehmung, Umgang mit Anderem und Persönlichkeitsentwicklung, im Mittelpunkt stehen Körperlichkeit, Sinnlichkeit, Gefühle, Geschmack und Bildlichkeit. Schönheit und Ästhetik sind wieder "in", - das zeigt in ganzer Breite dieser Sammelband auf.
Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagworte:
Ästhetik, Bildung, Geschmack, Kunst
Adressaten:
Geisteswissenschaften, Kunstwissenschaften, Sozial- und Kulturwissenschaften, Erziehungswissenschaften
Eckart Liebau (Prof. Dr. phil.) lehrt Pädagogik an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Allgemeine Pädagogik, Schulpädagogik und Kulturpädagogik.
Jörg Zirfas (Prof. Dr. phil.) und lehrt Pädagogik an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Allgemeine Pädagogik, Pädagogische Anthropologie sowie Qualitative Sozialforschung.
WWW: www.iz.aesthetische.bildung.phil.uni-erlangen.de
Reihe »Ästhetik und Bildung«
Editorial
Ästhetische Wahrnehmung, Erfahrung und Praxis sind Weltzugänge eigener Art, die sich von naturwissenschaftlich-technischen, hermeneutisch-geschichtlichen, strategischen und diskursiv-normativen Weltzugängen unterscheiden. Alle öffentlichen und privaten Handlungsfelder, sozialen Gruppen und soziokulturellen Milieus sind auf grundlegende Weise durch ästhetische Prozesse mitbestimmt. Dies gilt ebenso für die Entwicklung und Darstellung von Identität, die Erfahrung des Eigenen und des Fremden, die Artikulation und kulturelle Ausgestaltung existentieller Lebenserfahrungen oder den Lebensalltag und dessen Transzendenz.
Die Reihe Ästhetik und Bildung will die historischen, theoretischen, empirischen und methodischen Grundlagen, die institutionellen Rahmenbedingungen sowie die unterschiedlichen Praktiken im Bereich von Ästhetik und Bildung darstellen und diskutieren. Vor diesem Hintergrund werden die Möglichkeiten ästhetischer Bildung als spezifische Modi der Weltwahrnehmung, des Umgangs mit Anderen und der Persönlichkeitsentwicklung in den Mittelpunkt gerückt. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den ästhetischen Dimensionen der Körperlichkeit, der Sinnlichkeit, der Gefühle und des Geschmacks, der Bildlichkeit und des Performativen sowie den Prozessen ästhetischer Wahrnehmung, Gestaltung und ästhetischen Urteilens. Darüber hinaus werden Fragen der Kulturpolitik, der sozialen Bedeutung ästhetischer Haltungen und Praxen sowie der praktischen Bedeutung ästhetischer Bildung in unterschiedlichen Institutionen untersucht.
Die strikt interdisziplinär und interkulturell ausgerichtete Reihe ist ein innovatives Forum der Diskussion des Theorie-Praxis-Zusammenhangs von ästhetischer Bildung, der Thematisierung unterschiedlicher – kultureller, sozialer, pädagogischer etc. – Ebenen sowie der Fokussierung der Praxis ästhetischer Bildung in heterogenen Handlungsfeldern.
Die Reihe wird herausgegeben von Eckart Liebau und Jörg Zirfas.
Inhaltsverzeichnis
Ästhetik
Eckart Liebau & Jörg Zirfas
Ästhetische Bildung und Schönheit. Ein Vorwort 9
Hans Dickel
Jan Vermeer: Junge Dame mit Perlenhalsband (1662).
Ein Kommentar 13
Martin Seel
Das Glück der Form.
Über eine Dimension ästhetischer Bildung 17
Traum
Henri Schoenmakers & André Studt
Theater in der Schule. Der Traum von der Bildung
zur Schönheit oder die Schönheit der Bildung als Traum 35
Peter Bubmann & Georg Langenhorst
„Und ist doch rund und schön“.
Gottes(t)raum und Lebenskunst 61
Kunst
Michael von Engelhardt
Identität und Ästhetik 85
Marion Maria Ruisinger
Schön oder hässlich?
Die Ambivalenz medizinischer Museumsdinge 119
Hans Dickel
„Zu schön, um wahr zu sein?“
Die Landschaften des Malers Gerhard Richter 149
Eckhard Roch
Das Gute, das Schöne und das Angenehme.
Ansätze zu einer Kritik des Schönen in der Musik 161
Konrad Klek
Musizieren an der Universität.
Ästhetische Bildung oder Freizeitvergnügen? 189
Bildung
Eckart Liebau
Über Geschmack lässt sich (nicht) streiten.
Perspektiven ästhetischer Bildung 209
Claudia Kugelmann
Sport – Gesundheit – Schönheit. Sportlerinnen und
Sportler zwischen Identitätszwang und Subversion 223
Jörg Zirfas
In Schönheit leben und sterben.
Ästhetische Bildung der Lebenskunst 239
Peter Ackermann
Bildung und Schönheit in Japan 269
Autorenverzeichnis 287
Leseprobe:
Eckart Liebau & Jörg Zirfas
Ästhetische Bildung und Schönheit
Ein Vorwort
In Zeiten der Modernisierung und Ökonomisierung, der Effizienzsteigerung
und Rationalisierung ein „Interdisziplinäres Zentrum
Ästhetische Bildung“ zu gründen, scheint mit dem bekannten
Kampf gegen die Windmühlen vergleichbar zu sein. Denn der
Begriff Ästhetik mit seiner Herkunft aus dem Griechischen aisthesis,
Sinneswahrnehmung, der erst im 18. Jahrhundert auf Fragen
des Schönen und des Geschmacks bezogen wurde, steht, trotz einiger
Versuche ihn in die öffentlichen Debatten einzubringen,
immer noch quer zum vorherrschenden, lediglich an rationaler,
verstandesmäßiger Erkenntnis orientierten Diskurs. Und der Begriff
der Bildung, der seine Wurzeln nicht nur in der griechischlateinischen
Antike und dem Christentum, sondern auch im Mystizismus
des Mittelalters und dem Neuhumanismus hat, scheint in
jüngerer Zeit zugunsten eines nur noch wissenschaftsorientierten,
funktionalistischen und produktorientierten Qualifikationsbegriff
verabschiedet zu werden. Dieser einseitigen Fehlentwicklung wollen
wir entgegenwirken.
Denn es ist nach wie vor allem das Schöne und das Angenehme,
woran Menschen sich in ihrem Lebensalltag orientieren. Mit
der Ästhetischen Bildung stellt das Interdisziplinäre Zentrum der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg daher ganz
bewusst eine Dimension menschlichen und sozialen Lebens in den
Mittelpunkt, deren Bedeutung kaum überschätzt werden kann.
Denn mit der gesellschaftlichen Modernisierung wachsen zugleich
die Bedeutung der Ästhetischen Bildung im Blick auf die Allgemeinbildung
im Sinne „allgemeiner Menschenbildung“ (Humboldt)
und der Entfaltung der Subjektivität der Person und ihre
Bedeutung im Sinne allgemeiner beruflicher und politischer Qualifikationen
(„Schlüsselqualifikationen“), also ökonomischer
Handlungsfähigkeit und politischer Mündigkeit. In beiden Hinsichten,
in bildungs- wie in qualifikationstheoretischer Hinsicht
stellt die Ästhetische Bildung also ein zentrales Moment dar.
Denn ästhetische Wahrnehmung, Erfahrung und Praxis stellen
Weltzugänge eigener Art dar, die sich von naturwissenschaftlichtechnischen,
hermeneutisch-geschichtlichen, strategischen und
diskursiv-normativen Weltzugängen unterscheiden. Alle öffentlichen
und privaten Handlungsfelder, sozialen Gruppen und soziokulturellen
Milieus, die Erfahrung des Eigenen und Fremden,
die Entwicklung und Darstellung von Identität, die Artikulation
und kulturelle Ausgestaltung existentieller Lebenserfahrungen,
der Lebensalltag und dessen Transzendenz sind auf grundlegende
Weise durch ästhetische Prozesse mitbestimmt.
Ästhetische Bildung umfasst in ihrer aktiven wie rezeptiven
Komponente alle Formen der Bildung durch kulturelle Aktivitä-
ten und Darstellungsformen, Kenntnisse von Kunst und Kultur,
Ausdifferenzierung von Wahrnehmungsformen und Geschmacksbildungen,
die Befähigung zu Bewegung, Spiel und Geselligkeit,
zur ästhetischen Urteilskraft, zu Imagination und Kritik, die Erschlie
ßung von (neuen) Ausdrucksformen und Handlungsperspektiven
und die Reflexion künstlerischer und kultureller Prozesse
und Resultate.
Die Unterscheidungen zwischen dem Schönen und dem Hässlichen,
dem Angenehmen und dem Unangenehmen sind für alles
Wahrnehmen und Handeln fundamental. Anthropologisch bilden
sie die Grundlage aller späteren Unterscheidungen. Ästhetische
Bildung ist ein zugleich aisthetischer, kognitiver, imaginativer,
körperlich-leiblicher und performativer Prozess. Ästhetische Bildung
ist Grundbildung. Ihre Erforschung und ihre Förderung
kann nur interdisziplinär gelingen.
Das Interdisziplinäre Zentrum Ästhetische Bildung will sich
daher unter mehreren Perspektiven mit ästhetischen Bildungsprozessen
beschäftigen:
• Erstens geht es um eine interdisziplinäre Perspektive, die die für
eine Theorie und Praxis der ästhetischen Bildung bedeutsamen
Konvergenzen und Divergenzen unterschiedlicher Disziplinen
anhand zentraler Komponenten herausarbeitet. Das Interesse
an Performativität verbindet die Theater- und Medienwissenschaft
mit der Sportwissenschaft, der Praktischen Theologie
und der Pädagogik und den Didaktiken. Das Interesse an der
Bedeutung von Ritualen ist der Soziologie, der Sportpädagogik,
der Japanologie und der Kunstgeschichte gemeinsam. Der
Bildbegriff bietet sich als Schnittstelle zwischen Praktischer
Theologie, Kunstgeschichte, Philosophie und Pädagogik an.
Das Interesse am Körper bildet eine zentrale Schnittstelle der
Geschichte der Medizin, der Sportwissenschaften, der Theaterund
Medienwissenschaften und der Musikwissenschaft. Der
Körper ist aber auch ein zentrales Thema in den Arbeits- und
Technikwissenschaften, der Pädagogik, der Psychologie, der
Biologie, der Medizin usw.
• Zweitens interessiert uns soziologisch und pädagogisch auf der
Mikroebene die Entwicklung und Bildung subjektiver ästhetischer
Haltungen und deren soziale Bedeutung. Auf der Mesoebene
geht es um die Beziehungen zwischen Bildungs- und
Kulturpolitik bzw. Bildungs- und Kulturmanagement und den
Institutionen der praktischen ästhetischen Bildung. Auf der
Makroebene steht die Bedeutung ästhetischer Praktiken und
Haltungen für die Gesellschaft im Ganzen im Mittelpunkt.
Und selbstverständlich muss es auch um die Zusammenhänge
zwischen diesen Ebenen gehen.
• Drittens wollen wir einer pragmatischen Perspektive nachgehen,
die die Beziehungen zwischen Theorie und Praxis in den
Mittelpunkt rückt. Dabei handelt es sich um die Analyse der
Beziehungen zwischen Ideologien, Zielen, Mitteln im Bereich
der ästhetischen Bildung und ästhetischer Wahrnehmung, Erfahrung
und Urteilsbildung.
• Viertens soll eine interkulturelle Perspektive Inter- und Transkulturalit
ät sowohl zum Thema von ästhetischer Bildung machen
als auch vergleichende Analysen der internationalen Diskussionen
über die Rolle der ästhetischen Bildung in verschiedenen
Bildungseinrichtungen vorsehen. In verschiedenen
Ländern (z.B. Großbritannien, Niederlande, Skandinavische
Staaten) finden bereits Experimente statt, die sich mit einer
deutlichen Stärkung und zugleich offeneren Auffassungen von
ästhetischer Bildung befassen.
• Alle diese analytischen Perspektiven zielen schließlich, fünftens,
auf eine angewandte Perspektive. Ein zentrales Anliegen
des Zentrums ist die Stärkung der ästhetischen Bildung in allen
einschlägigen Praxisbereichen. Das Zentrum kann seinen
Aufgaben daher nur in enger Verbindung mit der pädagogischen
und der kulturellen Praxis gerecht werden.
Das „Interdisziplinäre Zentrum Ästhetische Bildung“ geht diesen
Aufgaben u.a. durch regelmäßige Zusammenarbeit der Mitwirkenden
in Forschung und Lehre, durch Tagungen, Kolloquien,
Forschungsprojekte und auch durch Ringvorlesungen nach.
Dieser Band eröffnet die Publikationsreihe des Zentrums „Ästhetik
und Bildung“. Er geht zurück auf die Universitätsringvorlesung
„Schönheit“ vom Sommersemester 2006, mit der das Zentrum
sich erstmals an die universitäre und die allgemeine Öffentlichkeit
gewandt hat.
Im Mittelpunkt steht der Zusammenhang der Schönheit mit
dem Traum, der Kunst und der Bildung. Schönheit braucht den
Traum als Ort der Erscheinung und des Scheins des Schönen, als
Glück verheißende Wunscherfüllung, die das Begehren entzündet.
Der Traum der Schönheit birgt die Versprechen der Unverg
änglichkeit und Unwiderstehlichkeit, aber auch den Alptraum
des Schrecklichen, der nach Rilke der Anfang des Schönen ist.
Schönheit braucht aber auch die Kunst als Ort der Sichtbarwerdung
der Schönheit. Jahrhunderte lang galten Kriterien wie Einheitlichkeit,
Symmetrie, Harmonie, „edle Einfalt, stille Größe“
(Winkelmann) als konstitutive Momente einer schönen Kunst. In
der Moderne dient die Kunst nicht mehr die Schönheit, sondern
dem Spiel mit ihr. Und schließlich braucht die Schönheit auch Bildung
– sei es als rezeptive Bildung der Wahrnehmung, Erfahrung
und Interpretation von Schönheit als Kunst- oder Naturschönheit;
sei es als produktive Bildung der Formung und Gestaltung des
Schönen, nicht zuletzt des schönen Lebens. Die Erkenntnis und
Praxis des Schönen ist ohne Geschmacksbildung nicht zu haben.
Wir danken dem Rektor der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg Prof. Dr. Karl-Dieter Grüske und dem Staatssekretär
Herrn Karl Freller (Bayerisches Staatsministerium für
Kultus und Unterricht) für die Unterstützung bei der Einrichtung
und Eröffnung des Interdisziplinären Zentrums Ästhetische Bildung.
Und wir danken Daniel Burghardt für seine Mitwirkung bei
der Erstellung der Druckvorlage.
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