Hinter den zahlreichen klassischen Büchern des Lektürekanons, der in Schulen seit Jahrzehnten besteht, kommt die zeitgenössische Literatur häufig zu kurz. Nur wenige davon schaffen es, meist nur kurzlebig, für den Unterricht thematisiert zu werden. Dennoch steckt in der Gegenwartsliteratur die beste Möglichkeit, Schüler losgelöst von Jugendromanen für das Lesen zu sensibilisieren, indem sich darin die unmittelbare Erfahrungswelt der Jugendlichen widerspiegelt. Einer der bekanntesten Bühnenautoren unserer Zeit ist Botho Strauß, der sich neben zahlreichen durchschlagenden Erfolgen als Bühnenautor auch mit seinen Romanen einen Namen gemacht hat. In "Rumor" beschreibt Botho Strauß die Geschichte eines Verfalls, von dem die Romanfiguren und ihre Umwelt betroffen sind. Ein Vater, der seine schwerkranke Tochter pflegt, andererseits dem Alkohol verfällt, philosophiert über die Idiotie seiner Umwelt und findet Halt in der 'wiedergewonnenen' Tochter, um dann doch dem Verfall zu erliegen. Die Handlung symbolisiert eine Untergangsstimmung der siebziger und achtziger Jahre und steht dabei stellvertretend für den Verfall Deutschlands. Zeitbezüge werden deutlich und regen zu Diskussionen an. Insofern eignet sich "Rumor" als Klassenlektüre, auch wenn dabei Geschick und Einfühlungsvermögen gefordert sind.

Georg Pfahler, lehrerbibliothek.de