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Rituale
Formen – Funktionen – Geschichte
Eine Einführung in die Ritualwissenschaft
Burckhard Dücker
Verlag J. B. Metzler
EAN: 9783476020550 (ISBN: 3-476-02055-X)
256 Seiten, paperback, 16 x 23cm, 2007
EUR 49,95 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Riuale sind allgegenwärtig. Sie finden sich zum Beispiel im Alltag, in der Politik, im Berufsleben und im religiösen Bereich. Rituale gab es zu allen Zeiten und in allen Kulturen. Als inszenierte Form symbolischen Handelns sind Rituale seit einiger Zeit ein zentraler Gegenstand kulturwissenschaftlicher Analyse. Dieser Band bietet eine systematische und umfassende Einführung in alle Aspekte des Phänomens >Ritual< und illustriert diese anhand von zahlreichen anschaulichen Beispielen.
Rezension
Rituale sind konstitutiver Bestandteil jeder menschlichen Kultur und sie sind auch in (post)modernen Gesellschaften vorhanden und notwendig und sind mithin nicht automatisch auf Stammesgesellschaften beschränkt (Stammesrituale). Rituale haben etwas Entlastendes, Rituale können aber auch sehr einschränkend sein. Rituale stellen ein symbolisches Handeln dar und erweisen sich als kultureller Ordnungsfaktor. Rituale, das wissen alle Lehrer/innen, sind insbesondere auch in der (Grund)Schule notwendig. Rituale haben ihren Ort und ihre Zeit und Rituale bilden Traditionen. Rituale finden sich gleichermaßen in Religion, Militär und Karneval. Kurz: Rituale sind ein ungemein vielfältiges, vielschichtiges und spannendes Thema. Rituale sind dabei, eine eigenständige Ritualwissenschaft auszubringen. Von alledem zeugt dieses gelungene Buch.
Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Konkurrenzloser Grundlagenband
Einführung in einen zentralen Gegenstand kulturwissenschaftlicher Analyse
Interdisziplinär und umfassend
Rituale sind ständige Begleiter: Im Alltag, in der Politik und in der Religion - zu allen Zeiten und in allen
Kulturen. Als inszenierte Form symbolischen Handelns sind Rituale ein zentraler Gegenstand der
kulturwissenschaftlichen Analyse. Was macht aus einer Handlung oder einem Ereignis ein Ritual? Welche Typen von Ritualen gibt es? Der Band führt in alle Aspekte des Themenfeldes ein. Anschaulich durch viele Beispiele.
Burckhard Dücker, geb. 1950, ist Professor an der Universität Heidelberg; Mitarbeit im Heidelberger Sonderforschungsbereich ‚Ritualdynamik` als Teilprojektleiter und assoziiertes Mitglied.
Pressestimmen:
Ohne Rituale ist kein Leben möglich, sagt Ritualwissenschaftler Burckhard Dücker. Er untersucht, wie sie wirken und welche neu entstehen. Dücker hinterfragt auch, wie eine wissenschaftliche
Auseinandersetzung mit ihnen aussehen könnte, die den Blick weitet vom ausgefeilten religiösen
Zeremoniell hin zu oft unauffälligen Ritualen des Alltags. Deutschlandradio Kultur
Wenn auch in der Religion begründet, gibt es Rituale auch vielfältig in anderen gesellschaftlichen
Zusammenhängen. Ihre Formen, Funktionen und Geschichte untersucht dieses interessante und zugleich grundlegende Werk von Burckhard Dücker, das nicht nur für religiös Intreressierte spannend zu lesen ist.
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Zeremonien des Alltags
Burckhard Dücker: Rituale. Formen - Funktionen - Geschichte. Eine
Einführung in die Ritualwissenschaft. J.B. Metzler 2007, 250 S.
Ohne Rituale ist kein Leben möglich, sagt Ritualwissenschaftler Burckhard Dücker. Er untersucht, wie sie wirken und welche neu entstehen. Dücker hinterfragt auch, wie eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ihnen aussehen könnte, die den Blick weitet vom ausgefeilten religiösen Zeremoniell hin zu den oft unauffälligen Ritualen des Alltags. Die katholische Kirche feiert ihre Messe wieder in lateinischer Sprache, Studierende wünschen wieder eine feierliche Abschlussfeier, tragen Talare und werfen Doktorhüte in die Luft, und bei Fußballübertragungen nimmt das rituelle Drumherum inzwischen genauso viel Zeit ein wie das Spiel selber. Das Leben wird zeremonieller. Und doch wird auf der anderen Seite immer wieder von Traditionsabbruch und Verflachung geredet. Wie ist das also mit den Ritualen? Burckhard Dücker hat ihnen eine Einführung in die Ritualwissenschaft gewidmet, die er unter dem schlichten Titel "Rituale" veröffentlicht hat. Menschliches Leben ohne Rituale ist schlicht nicht möglich - das ist Burckhard Dückers Grundüberzeugung. Menschen leben in Ritualen, sie verhandeln ihr Verhältnis zur Gemeinschaft und zu ihren Traditionen über Rituale. Wenn über eine neue Wertschätzung fürs Rituelle gesprochen wird, wird das unausgesprochen meist verknüpft mit der
Diagnose einer Rückkehr zu Werten allgemein, mit einer Abkehr von den formlosen Zeiten, für die das Jahr 1968 und die Studentenruhen ganz exemplarisch stehen. Damals wurden die Rituale zerstört, jetzt kommen ideologisch unbelastete Generationen und heben - manche reumütig - den leichtfertig aufgegebenen Schatz von Ritualen und Werten, so lautet ja, etwas überspitzt, diese These. Und da sagt Burckhard Dücker einfach auf Grund seiner Forschungen: nein, so ist es nicht. Zwar stellen 68 und die Folgen einen Einschnitt für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Ritualen dar: Diese wurde
nach 1970 ausgebaut, vielleicht aus einem Gefühl heraus, dass es in der eigenen Gesellschaft Verluste zu beobachten gab und nicht nur interessante, aber weit hergeholte Reiseberichte von eingeborenen Völkern von weit weg und ihren sonderbaren Bräuchen. Aber im Gefolge von 68 nahmen nicht die Rituale an sich ab. Ganz im Gegenteil: der Widerstand gegen eine in Ritualen erstarrte Gesellschaft hatte selber rituellen Charakter, exemplarisch deutlich an Fritz Teufels Weigerung, vor seinem
Richter mit dem gesamten Gericht aufzustehen, wie das Brauch war. Die Kritik am Ritual kann selber nur die Form eines Rituals annehmen, Burckhard Dücker zeigt das an Ritualen des Gegenweltlichen vom Karneval bis zum G8-Gipfel im Sommer dieses Jahres, der so inszeniert war, dass er natürlich auch Orte für Protestrituale bot. Also: Klagen über Werteverfall und Wünsche für eine werthaltige Gesellschaft knüpft man nach Lektüre dieses Buches nicht mehr an Klagen über scheinbar abnehmende Häufigkeit und Intensität von Ritualen. Rituale verknüpfen das Leben des Einzelnen mit dem der Gemeinschaft. Sie machen aus einem Lebensverlauf eine Biographie, indem eigentlich alle wichtigen Wendepunkte, Übergänge und Entscheidungen rituell besetzt sind, im wahrsten Sinne von der Wiege bis zur Bahre. Dücker liefert kein Kompendium von Ritualen, er kann das nach seinem Verständnis auch gar nicht: Bei genauerem Hinsehen ist jeder Moment menschlichen Lebens ritualhaltig, wenn auch im sogenannten Alltag weniger dicht als zu besonderen Festzeiten.
Entscheidend sind nicht die Inhalte möglicher Rituale, sondern das, was eine Gruppe von Menschen tatsächlich tut. Ein aktuelles Beispiel dafür wäre der Streit um den Schutz der Sonntagsruhe, den die Kirchen gerade vor das Verfassungsgericht getragen haben. Im Sinne von Dückers Ritualverständnis (er greift dieses Thema nicht selber auf) müsste man sagen: Der Sonntag wird durch die Praxis der Menschen besonders. Augenscheinlich findet dort gerade ein Wandel statt. Statt religiös fundierter Rituale (Gottesdienstbesuch, anschließend eventuell Frühschoppen) bilden sich.
andere Formen heraus (ausschlafen, anschließend ausgiebiges Frühstück im Restaurant). Auf den "eigentlichen" Kern (Gebot der Sonntagsheiligung) gegen die rituelle Praxis der Mehrheit zu pochen, ist zumindest schwierig. Burckhard Dücker nennt einige andere Situationen, in denen rituelle Leerstellen ins Auge fallen: Scheidung und die Abschiebung von Asylbewerbern, Rituale der Trennung also, die nur schwach oder kaum entwickelt sind. Rituale sind besondere Punkte, die den Alltag übersteigen, aber, und das ist wichtig, nicht völlig aus dem Alltag herausfallen. Deswegen müssen Rituale gar nicht besonders exotisch sein. Dabei ist es nicht so, dass das Ritual selber
etwas oder jemanden verändert. Aber es macht ein Versprechen auf künftiges, anderes Handeln verbindlich. Also: Wenn ein Kind mit Zuckertüte die Schule betritt, dann wird es nicht plötzlich vom ungebundenen Kind zum relativ disziplinierten Schüler. Aber es wird Teil eines Kollektivs, zu dem es von jetzt an gehören wird, sich anders zu verhalten, also zum Beispiel regelmäßig zu kommen und aufmerksam am Unterricht teilzunehmen. Wenn Rituale wirklich lebendig sein wollen, muss die Erinnerung an die Urszene, an die im Ritual erinnert wird, lebendig sein. Ganz egal, ob es dabei um Weihnachten oder um den Großen Zapfenstreich geht. Ist diese Urszene nicht mehr da
oder den Beteiligten peinlich, dann wird das Ritual bloße Folklore oder touristisch. Bei Ritualen, die künstlich eingeführt werden, konstatiert der Autor zudem einen Zug zum Event, wo es zwar auch um Zugehörigkeit zu Gemeinschaft geht, hinter der aber vor allem finanzielle Motive stehen, nicht werthaltige oder religiöse wie bei gewachsenen Ritualen. Einen anderen Punkt deutet Dücker nur an: Gerade den Ritualen einer Gegenwelt fehlt zumindest in den westlichen Gesellschaften immer mehr das Gegenüber, wenn Körperbemalung, Tätowierungen, gar chirurgische Veränderungen immer selbstverständlicher werden. Was ein Ritual zum Ritual macht, dafür nennt Burckhard Dücker viele Details: Wiederholbarkeit zum Beispiel, ein bestimmter Ort, eine bestimmte Zeitstruktur, rituelle Experten, die Sichtbarmachung von Wertorientierungen. Was aber genau an einem Ritual der wirksame Teil ist - an dieser Frage arbeiten sich, so Dücker, die verschiedenen Wissenschaften immer noch ab, ohne zu einem eindeutigen Schluss zu kommen. Es gibt nicht die eine wirksame Grundform, auf die alle Rituale zurückzuführen sind. Es gibt nur eine große Vielzahl gegenwärtiger und vergangener Rituale, in denen ganz konkrete Menschen sich zusammenfinden, um über ihren Alltag
hinaus wirksame Dinge zu tun. Die kann man beschreiben und versuchen, die Handlungen und die dahinterliegenden Motive zu verstehen. Das klingt erst einmal nach wenig, aber es ermöglicht einen genauen beobachtenden Blick, der erkennen lässt, wie hoch der Anteil an rituellem Geschehen ist, der sich zum Beispiel in einer ganz gewöhnlichen Nachrichtensendung spiegelt.
Dass es eine Nachrichtensendung ist und nicht etwa eine religiöse Spezialsendung, das ist die zweite grundlegende Erkenntnis aus Dückers Buch über Rituale: Ritual ist eben nicht nur, wenn ein Gott mit im Spiel ist, sondern wenn sich Menschen ganz profan in ihren alltäglichen Zusammenhängen an das zurückbinden, was sie trägt - und zwar indem sie wirklich etwas tun.
Rezensiert von Kirsten Dietrich
Burckhard Dücker: Rituale. Formen - Funktionen - Geschichte. Eine Einführung in die Ritualwissenschaft
J.B. Metzler 2007
250 S., 49,95 Euro
© 2007 Deutschlandradio
RADIOFEUILLETON:
KRITIK
Deutschlandradio Kultur - Kritik - Zeremonien des ... http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/6...
2 von 2 26.11.2007 15:01
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 1
1.1 Gegenstand und Aufbau des Buches 1
1.2 Zur Aktualität des Rituellen im öffentlichen Diskurs 6
2. Begrifflichkeit und semantisches Feld 14
2.1 Ritus und Ritual 14
2.2 Das Rituelle 19
2.3 Brauch/Gewohnheit/Sitte 19
2.4 Fest 20
2.5 Spiel 22
2.6 Zeremonie und Zeremoniell 23
2.7 Event 27
3. Was sind Rituale? Merkmale ritueller Handlungsprozesse und ihre Funktionen 28
3.1 Wie Rituale gemacht werden und was Rituale machen – eine Annäherung 28
3.2 Rituelles als symbolisches Handeln 32
3.3 Rituelles Handeln als kultureller Ordnungsfaktor 37
3.3.1 Rituelle Zeitstruktur 39
3.3.2 Wiederholung/Wiederholbarkeit 42
3.3.3 Tradition 43
3.3.4 Ritualorte 44
3.4 Personal 48
3.4.1 Präsentation und Repräsentation 50
3.5 Außeralltäglichkeit 51
3.6 Sichtbarmachung und Sichtbarkeit 52
3.6.1 Rituale und Werte 57
3.7 Rituale und Medien 59
3.7.1 Der Körper als rituelles Medium 60
3.8 Wirkung und Wirksamkeit rituellen Handelns 61
3.9 Rituelle Aufführungen als Wirtschaftsfaktor 66
3.10 Das Ritual der Ersteinschulung – Ein Fallbeispiel 67
4. Kulturen und Rituale 74
4.1 Gleichursprünglichkeit des Rituellen und des Kulturellen 74
4.2 Rahmen und Rahmung 78
4.2.1 Rahmen und Rahmung als kulturelle Metaphern 80
4.2.2 Zur Rahmenforschung 82
4.2.3 Theatralität und Ritualität 90
4.2.4 ›Ritual‹ als Rahmenbegriff 98
4.2.5 Merkmalmatrix für ›Ritual‹ als Rahmen- bzw. Rahmungsbegriff 100
4.3 Symbolrationalität rituellen Handelns 102
4.4 Konzept der Rituotope 109
4.4.1 Rituale und Lebensgeschichte 113
4.5 Zur Dimension des Performativen 114
4.5.1 Sprechakte 115
4.5.2 Text- bzw. Sprachhandlungsklassen 116
4.5.3 Kategorien des Performativen 120
4.6 Das Alltägliche und das Rituelle 122
4.6.1 Grundzüge einer ritualwissenschaftlichen Theorie des Alltags 122
4.7 Das Heilige und das Profane 127
4.8 Rituale und Emotionen 132
5. Typologie historischer Rituale 135
5.1 Rituotop Geben/Nehmen: Opferrituale und Gabentausch 136
5.2 Religiöser Kontext 139
5.2.1 Struktur 140
5.2.2 Fallbeispiele 142
5.2.3 Opfertheorien 151
5.2.4 Gabentausch 156
5.3 Rituotop: Einführung/Aufnahme: Initiationsrituale 161
5.3.1 Schamanische Initiation 165
5.3.2 Rituotop: Einführung/Aufnahme Variante: Neuanfang: Konversionsrituale 171
5.4 Rituotop Selbstschutz: Militärrituale 172
5.5 Rituotop Gegenereignis/Welterweiterung: Karneval/Rausch 174
6. Konturen einer Wissenschaft von den Ritualen 177
6.1 Zur Aktualität des Rituellen in den Wissenschaften 177
6.1.1 Rituelle Wende um 1970 179
6.2 Zur Gegenstandsbestimmung der Ritualwissenschaft 185
6.2.1 Zur Methodik der Ritualwissenschaft 193
6.2.2 Zur Analyse ritueller Sichtbarkeit 195
6.2.3 Gelingen und Scheitern – Rituale als historische Ereignisse 199
6.3 Zur Geschichte der Ritualwissenschaft 202
6.3.1 Reiseberichte als Quellen der Ritualwissenschaft 202
6.3.2 Anfänge der Ritualwissenschaft 205
6.3.2.1 Ritualwissenschaft und ›Primitive Culture‹ 206
6.3.2.2 Ritualtheorien 209
6.3.3 Zur Konzeption von Ritualgeschichte 213
6.4 Rituale im Internet/Internetrituale 214
6.5 Schlussbetrachtung 216
7. Anhang 221
7.1 Abkürzungen 221
7.2 Aktuelle Sammelbände und Monographien zur Ritualwissenschaft 221
7.3 Institutionen der Ritualwissenschaft 223
7.4 Literatur 224
7.5 Personenregister 244
7.6 Sachregister 249
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