Reinhard Mey gehört sicher zu den prägendsten musikalischen Gestalten der deutschen Nachkriegszeit. Seine Texte und seine Lieder beschreiben alle Stimmungen und Lebenslagen, regen zum Nachdenken an, sind manchmal auch einfach nur lustig und zählen zu dem Hörrepertoire ganzer Generationen. Der Literaturwissenschaftler und Mey-Kenner Oliver Kobold legt in der Reihe "100 Seiten" des Reclam-Verlags nun eine Biographie des 1942 in Berlin geborenen Künstlers vor. Er verschränkt die wichtigsten privaten Lebensstationen (Kindheit im Krieg, Aufwachsen im Nachkriegsdeutschland, enge Bindung nach Frankreich, Familiengründung) mit Meys Musik und lässt die Publikation so zu einem (trotz der Kürze von 100 Seiten!) profunden und aussagekräftigen Mey-Kompendium werden. Kobold flicht zahlreiche Liedtitel in seinen Text ein, wodurch er die bei Mey in nahezu jeder Zeile existente Beziehung zwischen eigener Biographie und Kunst besonders verdeutlichen kann. Der Werdegang Meys beginnt nach den legendären Auftritten auf der Burg Waldeck eher in Frankreich als in Deutschland - daher ist es sehr schön, dass dieses in Deutschland eher unbekannte Kapitel hier so ausführlich behandelt wird. Aber natürlich stehen auch die legendären Erfolge im Mittelpunkt einiger Kapitel. Der Rhythmus in Meys Leben, der sich aus der sog. "Schreibzeit", der Tournee nach meist sehr ähnlichem Muster und ganz privaten, zurückgezogenen Momenten zusammensetzt, wird aufschlussreich erläutert.
Kobold interpretiert viele der Lieder Meys, auch solche, die vielleicht nur noch einem kleinen Publikum bekannt sind, weil sie in einem lange zurückliegenden Album enthalten sind. Bei 28 Studioalben kann man leicht den Überblick verlieren, weshalb die Werkübersicht im Kapitel "Gib mir Musik!" gute Dienste leistet. Die knappe Aufstellung "Fünf Lieder über..." (z.B. ...Dinge, ...das Fliegen, ...Berlin, ...den Tod, ...die Liebe) auf S.80-82 eignet sich gut als Erstzugang zu Meys Werk.
Die Verwendung dieses Kompendiums im Musikunterricht ist sicher vielfältig möglich, so z.B. als Grundlage für Referate über Meys Schaffen, als vertiefende Lektüre für interessierte Schülerinnen und Schüler, als Ideengeber für eine Unterrichtsreihe über diesen wunderbaren Musiker, der es vermag, das ganze Leben in Tönen und Texten zu umreißen und so zur Identifikationsfigur für viele zu werden.

Eine rundum gelungene Publikation, die den (ebenfalls von Oliver Kobold kuratierten) Text-Band mit Liedtexten von Reinhard Mey bei Reclam hervorragend ergänzt.

J. Groß, www.lbib.de

»Meys Lieder sind Feier des Gelungenen wie Einspruch gegen das Schlechte. Wovon handeln sie? Von der Liebe zwischen Asphalt und Wolken. Von den Widrigkeiten des Alltags. Vom ganzen Leben.«

»Ich wollte wie Orpheus singen« – selten hat jemand mit dem ersten Lied seine Karriere und sein öffentliches Bild so genau vorweggenommen. Alles ist schon da: der Bänkelsänger, der sogar die Felsen zum Weinen bringen will; die Lieder aus Wein und Rauch, die von der Liebe ebenso handeln wie vom »Pfandleihhaus« und dem manchmal nicht zu verscheuchenden Gefühl der eigenen »Mittelmäßigkeit«. Meys insgesamt 28 Studioalben sind mehr als nur eine Autobiographie in Liedern. Immer erzählen sie auch, wie es sich in Deutschland so leben ließ in den letzten fast sechs Jahrzehnten.
Auf 100 Seiten blickt Oliver Kobold auf die wichtigsten Stationen von Meys langer Karriere und zeigt, was seine Lieder, ihre Sprache und Wirkung so unverwechselbar und einzigartig macht.

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