Zu diesem Heft



Religion lernt sich - nicht nur, aber zunächst einmal - von außen nach innen. Wohl nirgends sonst steht die Form so sehr für den Inhalt, sucht sich der Inhalt eine eigene Ausdruckform. Wo es keine Form gibt, gibt es auch nichts zu lernen. Diese elementare Einsicht gilt auch für religiöses Lernen. Religion - auch die christliche -kommt von Zeit zu Zeit in den Blick -biografisch bedingt, vom Kalender (Kirchenjahr) veranlasst oder gesellschaftlich nachgefragt. Sie begegnet in Räumen, die Geschichten erzählen von Gott und der Welt, vom Glauben der Kirche, vom Leben der Gemeinde, von Angst und Hoffnung der Menschen. Und sie erschließt sich nicht zuletzt über Rituale und Gepflogenheiten, die hinein nehmen in ein Erleben, das Leib und Seele gut tut. Räume, Zeiten, Rituale sind so etwas wie die Software der Religion. Mit ihnen erst nimmt Religion Form an, vermitteln sich ihre Inhalte, werden diese »formatiert«. Kein Wunder also, dass die Konfirmandenarbeit in den zurück liegenden zwei Jahrzehnten immer mehr Form und damit auch Formen angenommen hat. Eine Zeitlang hieß das Programm geradezu: Reform der Konfirmandenarbeit durch Reform ihrer Organisationsform. Die Absage an das Vorbild des Schulunterrichts war verbunden mit der Entwicklung neuer Formen der Konfirmandenoröe/t, denen nicht zuletzt dieses gemeinsam ist: ein eigener zeitlichen Rahmen, der die herkömmliche Dauer einer Unterrichtsstunde, die 45 Minuten also, mit guten Gründen ignoriert, ein Bewusstsein für die Räume, in denen Konfirmandinnen und Konfirmanden dem Horizont des Christlichen begegnen, und die Entwicklung von eigenen oder die Auseinandersetzung mit vorhandenen Formen, in denen sich darstellen kann, was Menschen glauben, hoffen, lieben. Herausgekommen ist eine Unterrichtskultur, zu deren Kennzeichen eine besondere Aufmerksamkeit für Räume, Zeiten und Rituale gehört. Hier setzt KU-PRAXIS 45 an. Die Palette der Beispiele zum Stichwort »Zeiten« reicht von der Stille- und Konzentrationsübung zu Beginn über Anregungen zu meditativer Gestaltung (S.20, S. 21 ff, S. 24f, S. 30ff) oder die lange Nacht in der Kirche (S. 9f) bis hin zu den Tagen gemeinsamen Lebens und Lernens im Konfi-Camp. Besondere Momente und - auch wenn es klischeehaft klingt - unvergessliche Zeiten: An ihre Taufe in der Adria wird sich Franzi ihr Leben lang erinnern ... (S. 7ff).

Die (Wieder- ?) Entdeckung des Kirchenraumes als Lernort für Konfirmandinnen und Konfirmanden spiegelt sich gleich in mehreren Beiträgen: in einem Erfahrungsbericht aus St. Sebald in Nürnberg (S. 10f), in einem Vorschlag für einen »Raum der Stille« (S. 16ff), in einer Ideenbörse zur Kirchenerkundung mit Konfi-Gruppen (S. 14f), in einer detaillierten Anleitung zur Erkundung einer Kirche (S. 46ff) sowie in einem Grundsatzbeitrag zur Symbolik des Kirchenraumes (S. 83ff). Rituale, implizit in mehreren Beiträgen angelegt, werden besonders angeregt in zwei Vorschlägen für Konfi-Tage und Freizeiten (S. 12 und S. 20) sowie in einer kleinen Ritualtypologie (S. 89ff). Andachtselemente mit meditativer Akzentuierung (Tänze: S. 26ff, Psalm 104: S. 35ff, Gedenkliturgie: S. 42f) ergänzen diese Aspekte. Drei Unterrichtseinheiten zu einem mittelalterlichen Meditationstuch (S. 58ff), zu Stille und Meditation (S. 64ff) sowie zum Thema Zeit (Lernstraße, S. 67ff) runden das Heft ab. Die Rezensionen am Schluss gelten dieses Mal Büchern im Umfeld des Heftthemas und darüber hinaus einigen Neuerscheinungen, auf die wir hinweisen möchten.

R. St.

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