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Psalmen
Mit einem Nachwort von Hans Maier
SAID
Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406557507 (ISBN: 3-406-55750-3)
112 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 13 x 21cm, 2007
EUR 14,90 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
siehe o herr
ich rufe deinen namen
mit dem wehgeruch der felder
mit dem ruf des kieselsteins nach der mulde einer hand
dann wären wir zwei tauben
denen man keine botschaft anvertraut
SAID, 1947 in Teheran geboren, hat mit 17 Jahren seine Heimat verlassen. Seit 1965 lebt er in München. Sein literarisches Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis und der Goethe-Medaille. Für sein politisches Engagement und seinen persönlichen Einsatz für verfolgte und inhaftierte Schriftsteller wurde SAID 1997 die Hermann-Kesten-Medaille verliehen. Von Mai 2000 bis Mitte 2002 war er Präsident des deutschen PEN-Zentrums.
Im Verlag C.H.Beck sind erschienen: «Der lange Arm der Mullahs. Notizen aus meinem Exil» (1995), «Sei Nacht zu mir. Liebesgedichte» (1998), «Dieses Tier, das es nicht gibt. Ein Bestiarium» (1999), «Landschaften einer fernen Mutter» (2001) und «Außenhaut Binnenträume. Gedichte» (2002), «Friedrich Hölderlin empfängt niemanden mehr» (C.H.Beck-Hörbuch, 2002), «In Deutschland leben. Ein Gespräch mit Wieland Freund» (2004), «Ich und der Islam» (2005) sowie «Das Rot lächelt, das Blau schweigt. Geschichten über Bilder» (2006).
Rezension
99 moderne Psalmen. Hans Maier meint im Nachwort, es handle sich um einen beherzten, fast verwegenen Versuch, Psalmen aus islamischem Geist in heutiger Sprache zu ersinnen und sich mit ihnen an ein zeitgenössisches Publikum zu wenden.
Das ist zu religiös gedacht. Saids Psalmen stellen zunächst einmal moderne Lyrik dar und Said braucht keine Angst vor dem zeitgenössischen Publikum haben: diese Gedichte sprechen Zeitgenossen direkt an, auch wenn sie sich in die Reihe der (biblischen) Psalmen stellen und auch als Gebete gelesen werden können. Und wieso islamischer Geist? Das mag allenfalls heißen, dass Said aus Persien stammt und seine Herkunft in seiner Metaphorik und seinem Denken nachklingt. Ansonsten lebt er seit 1965 in München.
Was ist Thema in diesen Gedichten? Ein Ich ruft zum Herrn, aber es ist ein modernes, ein selbstbewusstes Ich (herr/begreife/ich will nicht unterworfen sein), das den Wert des Lebens und der eigenen Existenz angesichts den Unwägbarkeiten des Lebens zu bestimmen sucht und jenen 'Herrn' auch herausfordert, der angeblich das alles zu verantworten hat. Saids Gedichte sind von Liebe zu dieser Welt getragen, wie sie ist (herr/stimme mir zu/daß jeder körper heilig ist), aber ohne blind für ihre Mängel zu sein (herr/zögere/bevor du eine neue schöpfung wagst). Immer wieder, wenn man in diesen Psalmen liest, erweist sich die vermeintlich antiquierte Form des Gebets und der Anrede eines größeren Anderen als erkenntnisträchtig: im Blick auf die eigene Erfahrung, im Blick auf die Welt und im Blick auf das, was Menschen übersteigt. Wie schön, dass ein Dichter sich dem 'Gotteswahn' überlässt und die kreative Schönheit eines Begriffes demonstriert, der auch dann Sinn macht, wenn jener 'Herr' tatsächlich nur als Begriff existieren sollte.
Die Kritiker aller Couleur sind sich einig, dass SAID mit diesem schmalen Bändchen ein großer Wurf gelungen ist: "Wer Saids Psalmen aus der Hand legt, wird sie nicht wieder vergessen", sei stellvertretend für andere Bernhard Lang von der Neuen Zürcher Zeitung (30. Juni 2007) zitiert. Dem ist nichts hinzuzufügen.
M. Wörther, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Seit langem schreibt SAID, der eine unkonventionelle und nicht-konfessionelle Spiritualität sucht und um sie ringt, Psalmen. Die biblischen Psalmen, die die gesamte geistliche Dichtung bis heute prägen, haben Vorbilder in der altorientalischen Literatur, und wer könnte sich mehr berufen fühlen als SAID, dessen lyrische Sprache immer auch von der persischen Tradition zehrt, diese uralte Form des religiösen Gesangs und Gebets auf eine zeitgemäße Art aufzugreifen und mit neuem Sinn zu füllen?
Nichts in seinen Psalmen ist selbstverständlich, auch nicht das Verhältnis zum angerufenen Gott, alles ist radikal offen und neu. SAIDs Psalmen lassen niemanden kalt, und sie lassen nichts aus, nicht die Katastrophen und Konflikte der Geschichte, nicht die Sprache der Gegenwart, nicht die Nöte des Alltags, nicht die Lust, die Sehnsucht, die Angst vor dem Tod.
Nach dem Ende der großen Utopien, einem weltweiten Sieg des Marktes und den Weltmächten und Weltkonzernen ausgesetzt, sehnen sich nicht wenige Menschen nach einem Sinn jenseits des Konsums und des Körpers, und viele greifen zurück auf konventionelle Traditionen und Rituale, auch der Religion, obwohl sie hoch anfechtbar sind. SAID bewegt sich mit seinen Psalmen in einem Raum des Religiösen, der offen bleibt für alle Fragen, die wir hier haben, und er läßt keine dieser Fragen aus. |
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