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Natur und Gender Kritik eines Machbarkeitswahns Christoph Türcke
Natur und Gender
Kritik eines Machbarkeitswahns


Christoph Türcke
Verlag C. H. Beck oHG
ISBN: 978340675729
233 Seiten, hardcover, 13 x 21cm, Januar, 2021

EUR 22,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die Natur ist mehr als das, was wir aus ihr machen - ein philosophischer Einspruch.

Corona und der Klimawandel nötigen zu einer elementaren Rückbesinnung auf die Natur. In einer brillanten Abhandlung zeigt der Philosoph Christoph Türcke, wie verhängnisvoll der Glaube ist, die Natur sei nichts als die Verfügungsmasse unserer Konstruktionen.
Rezension
„Gender“, „Gendern“, „Gender-Mainstreaming“, „Gender-Wahnsinn“, „Transgender“, „Queer-Bewegung“ und „Identitätspolitik“ sind Schlagwörter, welche den politischen und kulturellen Diskurs zurzeit prägen. Während Genderdebatten bisher vornehmlich von Soziolog:innen, Kulturwissenschaftler:innen, politischen Aktivist:innen, Feminst:innen und Politiker:innen beherrscht werden, fehlte bisher eine fundierte philosophische Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Gender und menschlicher Natur.
Eine solche hat Christoph Türcke (*1948) unter dem Titel „Natur und Gender. Kritik eines Machbarkeitswahns“ vorgelegt, erschienen bei C.H. Beck. Wie in seinen anderen Werken, zum Beispiel „Erregte Gesellschaft“(2. Aufl. 2012), „Hyperaktiv“(2. Aufl. 2012), „Lehrerdämmerung“(3. Aufl. 2016) oder „Digitale Gefolgschaft“(2019), beleuchtet er in seinem neuen Buch ein aktuelles Thema in Form eines ausführlichen kulturkritischen Essays. Den Genderdiskurs ordnet der ehemalige Professor für Philosophie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig gekonnt in einen kulturgeschichtlichen und philosophischen Kontext ein. Türcke gelingt es dabei sehr gut, den Einfluss des radikalen Konstruktivismus und des Dekonstruktivismus auf aktuelle öffentliche Debatten über Gender aufzuzeigen. So steht Judith Butler mit ihren Thesen zum sozialen Konstruktionscharakter auch des biologischen Geschlechts in der Tradition dieser Denkströmungen. Ihren Feminismus entlarvt Türcke – im Unterschied zu dem von Simone de Beauvoir - als „Transfeminismus“. Die „konstruktivistische Naturverleugnung“ identifiziert Türcke zurecht als Ausdruck eines Machtbarkeitswahn, der auch vor einschneidenden Eingriffen in den Körper nicht zurückschreckt.
Überzeugend widerlegt der Philosophieprofessor die einem Relativismus huldigenden Theorien des radikalen Konstruktivismus und des Dekonstruktivismus. Beide postfaktischen Denkrichtungen leiden nämlich unter einem performativen Widerspruch, da mit Denken immer ein Wahrheitsanspruch verbunden ist. Möge Türcke mit seiner Einschätzung Recht behalten, dass angesichts der Corona-Pandemie die Möglichkeit besteht, dem radikalen Konstruktivismus und dem Dekonstruktivismus „die Stimmführerschaft im Kulturbetrieb streitig zu machen“, sowie „eine Rückbesinnung auf die Natur einzuleiten“. Lehrkräfte der Fächer Philosophie und Ethik werden durch Türckes Buch jedenfalls aufgefordert, sich in ihrem Unterricht mit der komplexen anthropologischen und erkenntnistheoretischen Thematik „Natur und Gender“ problemorientiert auseinanderzusetzen.
Fazit: Christoph Türcke leistet mit den tiefsinnigen Reflexionen seines Buches „Natur und Gender. Kritik eines Machbarkeitswahns“ einen wichtigen Beitrag zur Rationalisierung der vielfach emotional geführten Natur-Gender-Debatten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Türcke, Christoph
Natur und Gender
KRITIK EINES MACHBARKEITSWAHNS
Corona und der Klimawandel nötigen zu einer elementaren Rückbesinnung auf die Natur. In einer brillanten Abhandlung zeigt der Philosoph Christoph Türcke, wie verhängnisvoll der Glaube ist, die Natur sei nichts als die Verfügungsmasse unserer Konstruktionen.
Konstruktivismus wie Dekonstruktivismus haben gleichermaßen den Glauben gefördert, die Natur sei nur das, was wir aus ihr machen. Sie sind pseudokritische Ableger eines High-Tech-Machbarkeitswahns. Gender gilt bereits als ein Konstrukt, für das es nur noch ein Kriterium gibt: persönliches Zugehörigkeitsempfinden. Dabei rückt aus dem Blickfeld, dass wir Menschen selbst bloß Naturwesen sind. Wenn wir die Natur – auch unsere eigene – nach Belieben zurechtkneten wollen und ihren Eigensinn ignorieren, schlägt sie umso heftiger auf uns zurück.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 7
I. Natur 13
Constructio – Creatio 13 – Erfindung 20 – Befragung 29 – Ding
an sich 37 – Selbstorganisation 44 – Flucht nach vorn 51 – Einbildung 58 – Eigensinn der Natur 67 – Radikaler Konstruktivis mus
81 – Gehirnkonstruktion 87 – Fehlkonstruktion 94 – Diskursfetisch 100 – Wahrheit 107 – Dekonstruktion 116
II. Gender 121
Sex – Gender 121 – Transfeminismus 128 – Heteropoiesis 134 – Exzeß 137 – Perversion – Inversion 142 – Bisexualität 150 – Identifikation 157 – Drittes Geschlecht 164 – Kapital wird divers 171 – Entpathologisierung 182 – Transgender­Schwelle 189 – Erregungsregime
193 – Body modification 199 – Cyborg 204 – Beschneidung 208 –
Berührung der Extreme 216
Nachbemerkung 221
Dank 223
Literatur 225