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Leitbild Raffael – Raffaels Leitbilder Das Kunstwerk als visuelle Autorität
Leitbild Raffael – Raffaels Leitbilder
Das Kunstwerk als visuelle Autorität




Sebastian Dohe

Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG
EAN: 9783865688606 (ISBN: 3-86568-860-8)
336 Seiten, hardcover, 22 x 30cm, 2014, 122 Abbildungen

EUR 69,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Wie Kunstwerke zu Ruhm und Ansehen gelangen, um als überragende Meisterwerke und ästhetische Vorbilder zu gelten, ist eine zentrale Frage kunstwissenschaftlicher Forschung. Die vorliegende Arbeit stellt hierfür das Modell der visuellen Autorität vor, angewandt auf die Rezeption verschiedener Werke von Raffael: Zu dessen „Transfiguration Christi“, die lange Zeit als das berühmteste Bild der Welt galt, wird ein umfassender Rezeptionsatlas erstellt und ihr Status als visuelle Autorität analysiert. Welche dynamische Verbindung Authentizität und Autorität miteinander eingehen können, lotet die Untersuchung zum Porträt des Bindo Altoviti aus, das als Selbstbildnis Raffaels zu falschem Ruhm gelangte. Schließlich wird das Motiv des „himmelnden Blicks“, das Raffael in prägender Weise einsetzte, als Katalysator für visuelle Autorität gedeutet. Zahlreiche Abbildungen und umfangreiches Quellenmaterial runden die Untersuchung ab, die gleichermaßen als methodischer Leitfaden wie Nachschlagewerk zur Raffaelrezeption dienen soll.
Rezension
Dieses voluminöse und großformatige Werk bietet auf zweifache Weise interessante Aspekte für Kunstwissenschaft und Kunsterziehung: Zum einen stellt es eine umfangreiche Rezeptionsgeschichte von Werken Raffaels dar, zum anderen fragt es am Beispiel Raffaels danach, was eigentlich ein Kunstwerk zu einer visuellen Autorität werden läßt; warum also das eine Bild erfolgreich und breit wahrgenommen wird, während ein anderes kaum Aufmerksamkeit und Wirkung erzielt. Raffael (1483-1520) verkörpert für uns neben Leonardo und Michelangelo die Kunst der Hochrenaissance in Italien und gilt als der Klassiker der neuzeitlichen Kunst. U.a. am Beispiel von Raffaels „Transfiguration Christi“, die lange Zeit als das berühmteste Bild der Welt galt, wird ein umfassender Rezeptionsatlas erstellt und ihr Status als visuelle Autorität analysiert.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Danksagung 7

1 Zur Methode 8

1.1 Einführung: Zum Begriff 'visuelle Autorität' und seiner Anwendung 8
1.2 Von auctoritas zu Autorität: Begriffsgenese und kulturelle Bedeutung 12
1.2.1 Römische Antike 12
1.2.2 Vom Mittelalter bis in die Gegenwart 14
1.3 Eigenschaften von Autorität 18
1.4 Autorität und imitatio 23
1.5 Autorität und Kanon 26
1.6 Autorität und Vervielfältigung 27
1.7 Kunstwissenschaftliche Anknüpfung 29

2 Die Transfiguration als visuelle Autorität 33

2.1 Datenerhebung und Forschungsüberblick 33
2.2 Raffaels Transfiguration in der Literatur 38
2.2.1 Vorüberlegung 38
2.2.2 Das 16. Jh.: Entwürfe und Festigungen 40
Die Bildrezeption bis Vasari: Raffaels Tod und erste Autoritätskonstruktionen 40
Vasaris Vite: Verklärung Christi – Verklärung Raffaels 43
Neben und nach Vasari: Theoretiker und Guidenliteratur 47
2.2.3 Das 17. Jh.: Ausbau und Modifikationen 51
2.2.4 Das 18. Jh.: Kritik und Gegenkritik 56
Richardson und die 'klassische' Bildkritik 56
Flut an Reiseberichten und -führern: Verortungen, Rühmungen, Stellungnahmen 60
Raffael und die Akademie: Urteile von Künstlern und Akademikern 67
Lexika und Kunstgeschichten 72
Das Bild in der Fiktion: Spiegelungen der Debatte und romantischer Gegenschwung 74
Fazit zum 18. Jh. 76
2.2.5 1797–1815: Der Bildaufenthalt in Paris. Politische Instrumentalisierung,
Museale Neukontextualisierung und Restitution 76
2.2.6 Das 19. Jh.: Vom Raffaelkult zur Kunstgeschichte. Ambivalenzen, Werteabklang und
Interessenverschiebungen 87
Das Bild im Vatikan: Reiseberichte und -führer 87
1815–1860: Vom Raffaelkult zur frühen Kunstwissenschaft 93
1860–1880er Jahre: Zweite Welle von Biographien und weitere Überblickswerke 103
2.2.7 Um 1900 und frühes 20. Jh.: Versachlichungen und steigende Raffaelkritik 109
Fazit zum 19. und frühen 20. Jh. 113
2.3 Die kopierte Transfiguration 114
2.3.1 Das faksimilierte Bild 114
2.3.2 Das 16. Jh.: Die Schülerkopie und spanische Kopienflut 117
2.3.3 Das 17. und 18. Jh.: Vom Kopienmarkt bis zum Monumental-Mosaik 122
2.3.4 Das 19. und frühe 20. Jh.: Museale Kopierfabriken, der Raffael-Saal und die Neue Welt 126
2.4 Die vervielfältigte Transfiguration: Druckgraphik und Photographie 133
2.4.1 Raffael und die Druckgraphik: Mediale Grundbedingungen 133
2.4.2 Stiche des 16. Jh.: Erste Reproduktionen, Stich als Illustration und erste Personalisierung; der 'Cort-Cluster' 136
2.4.3 Das 17. und 18. Jh.: 'Thomassin-' und 'Dorigny-Cluster', kanonische Würdigungen und Dorigny als Marktstratege 143
2.4.4 Um 1800 und frühes 19. Jh.: Vom frz. Bildaufenthalt über Raphael Morghen bis zur Photographie 152
2.4.5 1820–1880: Stiche als Illustrationen und letzte Einzelblätter 161
2.4.6 Zergliederung des Bildes: Didaktisch für den Lernenden, inspirierend für den Künstler.
Karikatur als Kritik dieser Praxis 167
2.4.7 Das späte 19. und frühe 20. Jh.: Stiche und Photographien in Parallele 173
2.4.8 Populärgraphik: Meisterwerkskult von unten 176
2.4.9 Fazit: Die Transfiguration in Reproduktion 184
2.5 Die adaptierte Transfiguration: Bildzitate 185
2.5.1 Bildzitat und visuelle Autorität 185
2.5.2 Zitate des 16. Jh.: Neukombinationen und Anspielungen 187
2.5.3 Zitatkultur um 1600: Synthesen und Transformationen 195
Annibale Carracci 195
Rubens 200
2.5.4 Vom 17. bis 19. Jh.: Gemeinplätze, Einzelzitate und das Ende von Zitaten 203
Italiener des 17. Jh. und das Problem der Verunschärfung 203
Franzosen des 17. Jh. und die begrenzte Pluripotenz eines Meisterwerkes 205
Mitteleuropa des 18. Jh.: Raffael nach Bedarf 208
Vom späten 18. bis 19. Jh.: Das Ende des kreativen Bildzitats 211
2.5.5 Bibelillustrationen und Kirchenbilder: die Transfiguration in der Provinz 214
2.6 Ein Ausblick auf das 20. Jh.: Ein Meisterwerk verschwindet 220

3 Die bemühte Autorität: Raffaels Porträt des Bindo Altoviti 225

3.1 Autorität und Authentizität 225
3.2 Von Bindo Altoviti zu Giovanni Bottari: Vom Porträt zum Selbstbildnis 226
3.3 Kopplungen, Museumspolitik, Vervielfältigung: Autoritative Konsolidierung 231
3.4 Deautorisierung und ihre Konsequenzen 235

4 Entwicklung eines autoritativen Motivs: Der himmelnde Blick 241

4.1 Vorüberlegung 241
4.2 Der himmelnde Blick als physiognomisches Motiv: Eigenschaften und Forschungsprobleme 242
4.3 Griechische und römische Antike: Strafe, Kampf, Rausch und Erhebung 244
4.4 Spätantike bis Frührenaissance: Inspiration, Devotion und ein Blick auf den Orient 250
4.5 Raffaels Heilige Cäcilie 254
4.6 Das 16. Jh.: über die Hl. Cäcilie zur Kodifizierung des Motivs 260
4.7 Ende 16. bis Anfang 17. Jh.: Von der Hl. Cäcilie zu Guido Renis close up 264
4.8 Von Guido Reni bis ins 19. Jh.: Auffächerung und Verkitschung 274
4.9 Vom 20. bis ins 21. Jh.: Die Gegenwärtigkeit eines Motivs 280

5 Schlussbetrachtung: Das Kunstwerk als visuelle Autorität 285

Tab. 1: Literaturquellen zur Transfiguration 288
Tab. 2: Bildquellen zur Transfiguration 301
Literaturverzeichnis 316
Register 332
Bildnachweis 336