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Lehrer-Bildungs-Forschung Festschrift für Ewald Terhart
Lehrer-Bildungs-Forschung
Festschrift für Ewald Terhart




Martin Rothland, Manfred Lüders (Hrsg.)

Waxmann
EAN: 9783830938385 (ISBN: 3-8309-3838-1)
270 Seiten, hardcover, 17 x 25cm, Juli, 2018

EUR 44,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Erst in den 1960er Jahren ist die Schulpädagogik in das System der Wissenschaften aufgenommen worden. Bis dahin war sie als Praktische Pädagogik ein Element des Erziehungssystems mit spezifischen Funktionen in der Lehrerbildung. Als Ewald Terhart 1978 promoviert wurde, war die Abkehr der Schulpädagogik von einer Konzentration auf die Bedürfnisse der Profession zu einer an der Produktion von Erkenntnissen ausgerichteten Orientierung kaum vollzogen. Wenn heute von ihrer relativen Konsolidierung als Teildisziplin der Erziehungswissenschaft die Rede sein kann, ist dies auch dem Wirken von Ewald Terhart insbesondere im Forschungsfeld der Lehrerbildung und des Lehrerhandelns zu verdanken.



Die Festschrift würdigt Ewald Terharts herausragende wissenschaftliche Leistungen, die sich keinesfalls in der Fülle seiner Arbeiten zur Forschung zum Lehrerberuf und zur Lehrerbildung erschöpfen, sondern mit Beiträgen zur Unterrichtsforschung, Allgemeinen Didaktik, Wissenschaftsforschung sowie zur empirischen Bildungsforschung allgemein weit darüber hinaus gehen.





Mit Beiträgen von

Hedda Bennewitz, Rainer Bromme, Maria Fölling-Albers, Susanne Gebauer, Andreas Gruschka, Andreas Hartinger, Werner Helsper, Manfred Lüders, Hilbert Meyer, Jürgen Oelkers, Hans-Joachim von Olberg, Raphaela Porsch, Astrid Rank, Roland Reichenbach, Martin Rothland, Moritz G. Sowada, Heinz-Elmar Tenorth, Klaus-Jürgen Tillmann, Rudolf Tippelt, Bernd Zymek
Rezension
Ewald Terhart (*1952) zählt im deutschsprachigen Raum zu den führenden Forschern im Bereich Lehrerbildung. Der 2018 pensionierte Inhaber des Lehrstuhls für Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster publizierte bisher über 300 erziehungswissenschaftlichen Schriften. Seit 1990 ist Terhart unter den Top Ten vertreten der meist zitiertesten Autoren der „Zeitschrift für Pädagogik“ (ZfP), dessen Herausgebergremium er angehört. Zu den Werken, welche sich in den Bücherregalen von Lehramtsstudierenden, Lehrkräften, Lehrerausbildern und Lehrerfortbildern finden, zählen „Lehr-Lern-Methoden“ (1989, 4. Aufl. 2005), „Nach PISA“ (2002), „Didaktik“ (2009) und die von ihm herausgegebene Schrift „Die Hattie-Studie in der Diskussion“ (2014). Besondere Erwähnung verdient zudem seine Aufsatzsammlung „Erziehungswissenschaft und Lehrerbildung“ (2013) sowie das von ihm zusammen mit Hedda Bennewitz und Martin Rothland herausgegebene „Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf“ (2011, 2. Aufl. 2014). Diese Buchtitel umreißen die zahlreichen Forschungsschwerpunkte eines der gefragtesten Vortragenden und Gremienberaters in Fragen der Lehrerbildung, nämlich: Unterrichtsmethodologie, Curriculumforschung, Allgemeine Didaktik, Schulentwicklung, Unterrichtsforschung, empirische Bildungsgangforschung, Lehrerprofessionsforschung, Professionswissenstransfer, Lehrerbildungsinstitutionenforschung. Terharts Engagement trug wesentlich zum Profilierungsprozess der Schulpädagogik bei, die sich in den letzten 30 Jahren zu einer auch von der Öffentlichkeit und der Politik respektierten erziehungswissenschaftlichen Subdisziplin entwickelt hat.
Frühzeitig erkannte und rezipierte der Wissenschaftler aktuelle Trends in der Unterrichtsforschung, auch der internationalen, sowie aktuelle Entwicklungen in der schulpraktischen Diskussion. Beispielsweise forderte er im Zuge der zweiten realistischen Wende in der Schulpädagogik eine produktive Kooperation von empirischer Unterrichtsforschung, Fachdidaktiken und Allgemeiner Didaktik. Zu seinen bekanntesten didaktischen Aussagen gehört die an Aristoteles` Mesoteslehre erinnernde Erkenntnis, dass es ein didaktisches Zuviel und ein didaktisches Zuwenig gebe. Vielmehr komme es bei didaktisch-methodischen Entscheidungen auf die „richtige Dosierung“ an. In seinen Abhandlungen zur Unterrichtsmethodologie lotet er die Chancen und Grenzen verschiedenster Unterrichtsmethoden aus. Zwar fordert er Ende der 1980er Jahre eine verstärkte Implementierung handlungsorientierter Methoden in die Schulpraxis, warnte aber gleichzeitig vor einer „Ent-Intellektualisierung des Unterrichts“ bei unreflektierter Anwendung.
Bekanntheit in Lehrerkreisen erlangte Terhart auch durch seine Kritik an konstruktivistischen Didaktiken, die um die Jahrtausendwende eine breite Rezeption in der Pädagogik und in den Fachdidaktiken erfuhren. In seinem mittlerweile klassischen Aufsatz „Konstruktivismus und Unterricht“ (In: ZfP 45 (1999) 5, S. 629-647) deckt der Erziehungswissenschaftler auf, dass die Varianten konstruktivistischer Didaktik keinen neuen Ansatz für eine Allgemeine Didaktik liefern, sondern nur in der Didaktik altbekannte Unterrichtskonzepte in neuer, neurobiologisch inspirierter Sprache, also nur „alten Wein in neuen Schläuchen“, präsentierten, was ihm zufolge aber nicht nichts sei.
Dass Terharts Schriften sowohl für die Erziehungswissenschaft als auch die pädagogische Praxis eine solche Relevanz erhalten sollten, ist umso erstaunlicher, zumal er selbst über kein Lehramtsstudium geschweige denn über Referendariat und Unterrichtspraxis als Lehrkraft verfügt. Das Fehlen der Schulpraxiserfordernis sollte ihn, der 1978 an der Universität Osnabrück bei dem Professor für Schulpädagogik Fritz Loser über „Interpretative Unterrichtsforschung“ promovierte, 1982 an der dortigen Universität habilitierte, als Berufungshindernis erweisen. Ein solcher Berufungseinwand mutet angesichts der gegenwärtigen empirischen Orientierung der Schulpädagogik, die sich an der Besetzung von genuin pädagogische Lehrstühlen mit empirischen Bildungsforschern zeigt, die über kein erziehungswissenschaftliches Studium verfügen, geradezu anachronistisch an. 1993 erhielt Terhart, der vorher an den Universitäten Osnabrück und Lüneburg Professor war, einen Ruf auf den Lehrstuhl für Schulpädagogik an der Ruhr-Universität-Bochum, wo bis 2002 wirkte und von dort nach Münster auf den Lehrstuhl von Wilhelm Wittenbruch berufen wurde.
Zur Würdigung des Erziehungswissenschaftlers haben Martin Rothland, ehemaliger Mitarbeiter Terharts, der nach einer Professor an der Universität Siegen seit Juni 2018 Nachfolger auf dem Lehrstuhl Terharts ist, und Manfred Lüders, Professor für Grundschulpädagogik an der Universität Erfurt, eine Festschrift mit dem adäquaten Titel „Lehrer-Bildungs-Forschung“ herausgegeben. Das im Waxmann Verlag publizierte Buch enthält Beiträge von Weggefährten, Kollegen und Mitarbeitern Terharts. Die Liste der Professoren liest sich wie das Who`s who der Erziehungswissenschaft der letzten 20 Jahre, vertreten sind u.a.: Jürgen Oelkers, Heinz-Elmar-Tenorth, Rudolf Tippelt, Werner Helsper, Andreas Gruschka, Bernd Zymek und Klaus-Jürgen Tillmann. Die Forschungsgebiete Terharts werden in der Festschrift durch Aufsätze abgedeckt, die sich alle auf dem aktuellem Forschungsstand der Erziehungswissenschaft bewegen.
Nur die Unterrichtsmethodologie, mit der sich Terhart am Beginn seines wissenschaftlichen Werdegangs in Kooperation mit dem Didaktiker Fritz Loser, der auch im Vorwort Erwähnung findet, intensiv beschäftigt hat, hätte in der Festschrift ausführlicher Berücksichtigung finden können. Während Loser in seiner „educativ-konstruktiven Didaktik“ die „lernerschließende und gegenstandskonstituierende Funktion“ von Unterrichtsmethoden elaborierte, nach der die Unterrichtsgegenstände und die Lernfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler - heutzutage würde man von Kompetenzen sprechen - eine Abhängige der Unterrichtsmethoden sind und nicht umgekehrt, hielt Terhart an der Trennung von Didaktik und Methodik fest.
Folgenden Beiträgen der Terhart-Festschrift kommt besondere Aktualität für Lehrerinnen und Lehrer zu: Gruschkas Text über das von Schülerinnen und Schülern im Fachunterricht zu Lernende, Oelkers` historische Perspektivierung des selbstregulierten Lernens, Reichenbachs Essay zur Kritik digitaler Kompetenz sowie Tippelts Aufsatz über die Auswirkungen des sozialen Wandels auf das Bildungsverständnis einer „Gesellschaft des langen Lebens“.
Fazit: Die „Festschrift für Ewald Terhart“ gibt allen Lehrkräften, insbesondere denen in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung, einen sehr guten Überblick über die Entwicklung der Lehrerbildung und die sie prägenden Debatten. Gleichzeitig unterstreicht das Buch aber auch, das Lehrerbildung immer noch - in einer Formulierung Terharts - ein „Bohren dicker Bretter“ ist.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Erst in den 1960er Jahren ist die Schulpädagogik in das System der Wissenschaften aufgenommen worden. Bis dahin war sie als Praktische Pädagogik ein Element des Erziehungssystems mit spezifischen Funktionen in der Lehrerbildung. Als Ewald Terhart 1978 promoviert wurde, war die Abkehr der Schulpädagogik von einer Konzentration auf die Bedürfnisse der Profession zu einer an der Produktion von Erkenntnissen ausgerichteten Orientierung kaum vollzogen. Wenn heute von ihrer relativen Konsolidierung als Teildisziplin der Erziehungswissenschaft die Rede sein kann, ist dies auch dem Wirken von Ewald Terhart insbesondere im Forschungsfeld der Lehrerbildung und des Lehrerhandelns zu verdanken.

Die Festschrift würdigt Ewald Terharts herausragende wissenschaftliche Leistungen, die sich keinesfalls in der Fülle seiner Arbeiten zur Forschung zum Lehrerberuf und zur Lehrerbildung erschöpfen, sondern mit Beiträgen zur Unterrichtsforschung, Allgemeinen Didaktik, Wissenschaftsforschung sowie zur empirischen Bildungsforschung allgemein weit darüber hinaus gehen.


Mit Beiträgen von

Hedda Bennewitz, Rainer Bromme, Maria Fölling-Albers, Susanne Gebauer, Andreas Gruschka, Andreas Hartinger, Werner Helsper, Manfred Lüders, Hilbert Meyer, Jürgen Oelkers, Hans-Joachim von Olberg, Raphaela Porsch, Astrid Rank, Roland Reichenbach, Martin Rothland, Moritz G. Sowada, Heinz-Elmar Tenorth, Klaus-Jürgen Tillmann, Rudolf Tippelt, Bernd Zymek
Inhaltsverzeichnis
Inhalt


Manfred Lüders und Martin Rothland

Vorwort 7


Rainer Bromme

Ewald Terhart, John Hattie und das informierte
Vertrauen in Wissenschaft 9

Martin Rothland und Hedda Bennewitz

Praktiker zu Theoretikern!?
Das Schulpraxiserfordernis oder warum Ewald Terhart
kein Schulpädagoge sein dürfte 25

Manfred Lüders

Bildungswissenschaft liches Wissen.
Das Babylon der Lehrerbildung? 43


Werner Helsper

Vom Schülerhabitus zum Lehrerhabitus.
Entwurf eines Theorie- und Forschungsprogramms 61


Maria Fölling-Albers, Susanne Gebauer, Astrid Rank und Andreas Hartinger

Situiertes Lernen in der Lehrer(fort)bildung 77


Raphaela Porsch

Lehrer/in werden – oder doch nicht?
Zum Zusammenhang von Berufswahlsicherheit und
Berufswahlmotivation bei Lehramtsstudierenden 91

Klaus-Jürgen Tillmann

Wenn Lehrer/innen forschen.
Stellenwert und Perspektive der Praxisforschung 109


Heinz-Elmar Tenorth

Zum Beispiel Salzmanns Symbolon.
Eine kleine Erinnerung an alte und gelegentlich unbeachtete
Herausforderungen des Lehrerberufs 125

Hans-Joachim von Olberg

Vorüberlegungen zu einer Theorie der Didaktikgeschichte 141


Hilbert Meyer

Allgemeine Didaktik im Globalisierungsprozess 161


Andreas Gruschka

Was verlangt die Fachlichkeit eines Unterrichtsfaches? 179


Jürgen Oelkers

Selbstreguliertes Lernen.
Ein Blick in die Geschichte 191


Roland Reichenbach

„Digitale Kompetenz“?
Launige und weniger launige Bemerkungen
zur Pädagogik des Lehrmittels 207

Moritz G. Sowada

Schulinspektion zwischen Gestaltungswille und Machtlosigkeit
Prekäre Einflussversuche auf Schulen und Lehrkräfte 219

Bernd Zymek

Zum Verhältnis von Schulentwicklung, Schulpolitik und empirischer
Bildungsforschung in Deutschland.
Die „G8-oder-G9-Kontroverse“ als zeithistorisches Lehrstück
über die Notwendigkeit eines „historisch-politischen Realismus“
der Bildungswissenschaften. 235

Rudolf Tippelt

Bildung und sozialer Wandel.
Eine aktualisierte, theoretisch-empirische Skizze
aus einer Makro- und Mesoperspektive 253

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 269