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Lebewohl, Martha
Die Geschichten der jüdischen Bewohner meines Hauses
Ingke Brodersen
Kanon Verlag
EAN: 9783985680740 (ISBN: 3-9856807-4-4)
288 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 15 x 22cm, April, 2023
EUR 26,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Rezension
„Lebewohl Martha“ ist ein beeindruckendes und tief berührendes Buch, das sowohl die dunkle Geschichte des Zweiten Weltkriegs als auch die aktuelle Flüchtlingsproblematik miteinander verknüpft. Ingke Brodersen, Historikerin und Autorin, hat in ihrer eigenen Wohnung ein Stück Geschichte entdeckt, das sie nun in Form dieses Werkes aufarbeitet: 1942 wurden aus dem Gebäude, in dem sie heute lebt, 24 jüdische Menschen deportiert. Einige konnten entkommen, andere überlebten im Verborgenen. Brodersen erzählt ihre Geschichten und wirft gleichzeitig einen Blick auf die Schicksale heutiger Flüchtlinge, die ähnliche Erfahrungen von Vertreibung und Verlust durchleben müssen.
Der Erzählstrang von Brodersens Recherchen führt uns zurück zu den Schicksalen von Menschen wie Hanns-Stephan, der 1939 mit dem Kindertransport nach London fliehen konnte, und seiner Familie, die von den Wirren des Krieges zerstört wurde. Doch der Autorin geht es nicht nur um die Erinnerung an diese Verfolgten, sondern auch um die Menschen von heute, die, vor Krieg und Verfolgung fliehen.
Brodersens Sprache ist eindrucksvoll und einfühlsam – sie verknüpft Vergangenheit und Gegenwart auf eine Weise, die zum Nachdenken anregt und zum Handeln auffordert. Das Buch vermittelt nicht nur historische Fakten, sondern auch das Gefühl der Verantwortung, das jeder von uns für das Wohl der anderen trägt.
Für den Geschichtsunterricht eignet sich „Lebewohl Martha“ besonders, da es nicht nur eine detaillierte und gut recherchierte Darstellung der Geschichte der jüdischen Verfolgung im Nationalsozialismus bietet, sondern auch einen aktuellen Bezug zu den Flüchtlingsbewegungen und den Herausforderungen der Gegenwart herstellt. Es ist ein wertvolles Zeugnis des Gedenkens und der Mitmenschlichkeit.
In Summe lässt sich festhalten, dass Ingke Brodersens „Lebewohl Martha“ ein bewegendes und wichtiges Buch ist, das auf eindrucksvolle Weise zeigt, wie Geschichte weiterlebt und wie wichtig es ist, Verantwortung für das Leben der anderen zu übernehmen. Ein eindrückliches Werk über Verlust, Überleben und Mitmenschlichkeit, das sowohl in der Geschichtsvermittlung als auch in der gesellschaftlichen Diskussion von Bedeutung ist.
Verlagsinfo
24 Verschwundene. Deportiert aus dem Haus, in dem Ingke Brodersen wohnt. Ein »Judenhaus«. Einige flüchten, andere verstecken sich. Von ihnen erzählt die Historikerin. Und von denen, die heute Zuflucht suchen.
»Dieses Buch erzählt von 24 Verschwundenen. 1942 deportiert aus dem Haus, in dem ich wohne. Und von den anderen, die entkamen. Ich lernte sie alle erst Jahre nach meinem Einzug kennen. Ich erzähle ihre Geschichten. Und meine.«
Hanns-Stephan ist zwölf, als er 1939 in London Liverpool Station auf dem Bahnsteig steht. Gerettet mit dem Kindertransport. Seine Mutter stirbt im Bombenhagel. Sein Vater Siegfried Jacob taucht unter und überlebt. Ihm gehört das Haus, in das andernorts vertriebene Juden zwangseingewiesen werden. Ein sogenanntes »Judenhaus«, wie es auch in anderen Ländern Europas zu finden war. Als Ingke Brodersen in eine Wohnung im vierten Stock genau dieses Hauses einzieht, weiß sie nichts von Martha, Clara und Bertha. In einer beeindruckenden Recherche rekonstruiert sie die Lebenswege der Verfolgten. Und sie wendet sich denen zu, die heute Vertriebene sind: Safed aus Bosnien oder Aziz und Rana aus Kabul. So ist ihr Buch ein bewegendes Zeugnis des Gedenkens und gelebter Mitmenschlichkeit.
Inhaltsverzeichnis
Vierundzwanzig
Zehnter August 1942
Die Lücke im Stuck
Ihre Namen
Rusts Kautsch
Die „Mauer des Gedenkens“ Marthas Stein
Der Himmel blieb stumm: Martha Cohen
Die Frau im schwarzen Kleid
Der jüdische Gelehrte
Geld, Schreibmaschine, Emanzipation Marthas Testament
Vier Frauen
Ordnung muss sein
Spurensuche
Die Unbekannten Die doppelte Edith Vom anderen Leben Aktenlektüre
Eine blieb zurück: Clara Marcus
Das rettende Affidavit Bürokratische Schikanen
Ein Haus in Berlin
Das Bayerische Viertel
Begegnung im Grundbuchamt: Alfons Anker
Die Letzte: Bertha Sternson
Die Männer flüchten Im Wartesaal Sidneys Rente
14. Dezember 1942
Architekt des Führers
Der rote Einband
Mietverhältnisse mit Juden „Weltstadt“ Berlin
„Entjuden“
Räumen, umsiedeln, abreißen Speer unterm Weihnachtsbaum
Das „Judenhaus“
Der Sternträger
„Schachteln“
Zwangswohngemeinschaften
Sara, Israel und der Beerdigungskommissar Die „arischen“ Hausbewohner
Die Tore schließen sich
Wer flüchtet, wird heimatlos Vertrieben und erniedrigt
Winston Churchill und die enemy aliens Abschied für immer
Vom Leben in der Erinnerung
Wer nicht flüchtet, wird ermordet
Der Krieg gegen das Buch
Die Papier-Brigade Sarajewos Ruine
Mutabor: Eine andere werden Das Wort, eine Waffe
Flucht nach Italien
Die getrennten Brüder „Polen-Aktion“ Abgeschoben Verhaftet in Mailand Judengesetze
Antrag auf Entschädigung Rosenkrieg
Ins Warschauer Getto
Vermögenserklärung und „Abtransport“ „Umsiedlung“ nach Treblinka
Im Tower
Herbert Marcuse und die „Feindabwehr“
Die Schwestern
Tod im Grunewald Deutsch-argentinische Beziehungen Buenos Aires oder Auschwitz Gefangenennummer 95448
Kampf um ein Todesdatum
Gefangen im „Deutschtum“
Ausreiseverbot
Trennung und Trauma
Vom Leben im „Dazwischen“ Entwurzelt
Senat, zwölf Jahre
In letzter Minute
Am Genfer See Fake-Visum Comandante Che Auf Kuba Illimani
„Most loyal enemy aliens“
Im „Paradiesgetto“
27. August 1942 Oskars Tod
Die Reichsvereinigung Heimeinkaufsverträge
Zum Sterben nach Sobibór
Himmlers Schmach
Bettys blaues Sofa
Zwei Töchter und die Hoffnung auf Zukunft Ausgeplündert
Bettys Schwester
„Entjudungsgewinne“
Nach der Evakuierung
Die Profiteure
„Judenhäuser“ zum Schnäppchenpreis
„I desire the passport for the purpose of protection“
Vom Gefängnis ins Lager „Schikanen-Promenade“ „Station Z“
Iwan mit der Mundharmonika Großrazzia
Ausgeliefert
Das „Wiener Modell“
Die einzige Tochter
Ein Zug fährt durch die Nacht
Etwas Besseres als den Tod
Verhaftung
Edith und die britische Dienstbotenkrise Kindertransport
Untertauchen
Bratkartoffeln
Jüdische Greifer
Jacobs Entschädigungsansprüche
Rosenbaums Vermächtnis
Wiedergutmachung
Das Abkommen
Walter Janka und die „Gruppe Mexiko“ Entschädigungsverfahren
Die Balken von Ravensbrück „Judenhäuser“ in unserer Straße
Verschwunden
Meine Schützlinge
Verstreut in alle Welt Zonen-Pakete und Baracken Kopfbilder
Familiengeschichten
Heldenglanz Geschäftsbilanz Adieu, Martha
Dank
Quellen
Antisemitische Verordnungen In memoriam Personenregister
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