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Karl Barth Ein Leben im Widerspruch
Karl Barth
Ein Leben im Widerspruch




Christiane Tietz

Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406725234 (ISBN: 3-406-72523-6)
538 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 22cm, 2018, mit 50 Abbildungen

EUR 29,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
«Ein grauenerregendes Schauspiel für alle nicht Schwindelfreien»: So beschrieb der bedeutendste Theologe des 20.Jahrhunderts sein Denken. Christiane Tietz erzählt in dieser ersten deutschsprachigen Biographie seit Jahrzehnten Karl Barths Leben im Widerspruch – gegen den theologischen Mainstream, gegen den Nationalsozialismus und privat, unter einem Dach mit Ehefrau und Geliebter, im Widerspruch mit sich selbst. Ihr anschauliches Buch lässt einen der faszinierendsten Denker des letzten Jahrhunderts neu entdecken.

Während sich deutsche Dichter und Denker im Ersten Weltkrieg am Erlebnis von Gemeinschaft und Transzendenz berauschten, trat der Schweizer Theologe Karl Barth (1886 – 1968) allen Versuchen entgegen, in der Kultur oder den eigenen Gefühlen Göttliches zu finden. Gerade das machte ihn frei für höchst irdische Engagements: Er galt als «roter Pfarrer», war federführend an der «Theologischen Erklärung von Barmen» beteiligt, dem Gründungsdokument der Bekennenden Kirche, und protestierte gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik. Christiane Tietz geht überzeugend den Wechselwirkungen zwischen Barths persönlicher und politischer Biographie und seiner Theologie nach. Zahlreiche neu erschlossene Dokumente beleuchten weniger bekannte Seiten Barths, etwa seine langjährige «Notgemeinschaft zu dritt», die er mit seiner Frau und seiner Mitarbeiterin Charlotte von Kirschbaum führte. So entsteht das anschauliche Porträt eines Theologen, der sich selbst als «Gottes fröhlicher Partisan» bezeichnete, der als Prophet und genialer Geist verehrt und als Kritiker gefürchtet wurde und der wie kein Zweiter die Theologie eines ganzen Jahrhunderts geprägt hat.

Christiane Tietz ist Professorin für Systematische Theologie an der Universität Zürich, im Beirat der Karl-Barth-Stiftung Basel und in der Jury des Karl-Barth-Preises.
Rezension
Der Buchtitel ist treffend: "Karl Barth - Ein Leben im Widerspruch". Der wohl bedeutendste protestantische Theologe des 20. Jahrhunderts, der Schweizer Karl Barth (1886–1968), hat widersprochen; gegen die Vereinnahmung Gottes durch Welt und Kultur durch die Liberale Theologie (Adolf Harnacks), gegen die Religion ("Religion ist Unglaube"), gegen den Nationalsozialismus und die Deutschen Christen und eine sich anpassende Kirche, gegen die deutsche Wiederbewaffnung und die atomare Aufrüstung im Kalten Krieg. Barth hat die absolute Andersartigkeit Gottes gegenüber der «Welt» zur Geltung gebracht, deshalb Dialektische Theologie, deshlab Offenbarungstheologie (Offenbarung statt Religion und deren kulturwissenschaftliche Interpretation, psychologische Deutung und politische Instrumentalisierung). Auch das Privatleben zeigt Widerspruch: Fast vierzig Jahre lebte er mit Ehefrau und Geliebter unter einem Dach. Auch nach seiner Entlassung durch die Nationalsozialisten und der Rückkehr in die Schweiz blieb er Deutschland in kritischer Zeitgenossenschaft verbunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg rief er die Deutschen zum Schuldbekenntnis und die Schweizer zur Freundschaft mit den Deutschen auf. Diese Biographie zum 50. Todestag betrachtet Barths Biographie aus dem gebührenden Abstand und in einer Zeit, da Barths Theologie längst wieder einem Kulturprotestantismus gewichen ist.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagwörter:
dialektische Theologie, evangelisch, Karl Barth, kerygmatische Theologie, Kirchenvater, protestantisch, Schweiz, Theologie

Pressestimmen:

"Facettenreiche Zugänge zu Zeit, Werk und Leben (...), welche die theologische, politische und private Persönlichkeit erstmals in umfassender Form öffnen und darstellen."
literatur outdoors, Walter Pobatschnig

"Das Buch ist sorgfältig recherchiert, präzise geschrieben, verlässlich im Detail und sehr gut lesbar."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Wolfgang Huber
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 13

1 «Ich bin Basler»: 1886–1904 15

Zunftmeister, Pfarrer und Gelehrte: Die Vorfahren 15
Strengste Wahrheitsliebe und christliche Zucht: Die Eltern 24
«E großi großi Freud»: Kindheit und Jugend 30

2 «Dunkler Drang nach besserem Verstehen»: 1904–1909 39

Entschluss zum Theologiestudium 39
Student in Bern 40
Farbentragend und nichtschlagend: In der Zofingia 44
«Sehr fleißig und sehr tüchtig»: Student in Berlin 46
Noch einmal Bern und dann Tübingen 51
Endlich Marburg 55
Mitarbeit bei der «Christlichen Welt» 58

3 «Die Treppe von Calvins Kanzel hinauf gestolpert»: 1909–1911 65

Als Vikar in Genf 65
Recht anspruchsvoll: Erster Konfirmandenunterricht 68
Theologe in der Gemeinde 69
«In so schrecklich frommer Umgebung» 71
Eine Tochter aus gutem Hause: Verlobung mit Nelly Hoffmann 74
Abschied von Genf 76

4 «Der rote Pfarrer»: Safenwil 1911–1921 79

«Dieses Erwerbssystem muß fallen»: Arbeiter und Sozialisten 80
Theologische Freundschaft: Eduard Thurneysen 86
«Die Welt … entgöttert»: Der Erste Weltkrieg 89
«Ein offenes Haus»: Familienleben 95

5 «Ein Buch für die Mitbekümmerten»: Der erste Römerbrief, 1919 99

Menschliche Religion und göttliches Wort 99
«Wie eine Bombe auf dem Spielplatz der Theologen» 106
«Ohne Fenster gegen das Himmelreich»: Der Tambacher Vortrag 108

6 «Immer etwas schneller arbeiten»: Göttingen 1921–1925 113

Vom Schweizer Pfarrer zum deutschen Professor 113
«Unvermeidlicher Unfug des akademischen Betriebs» 117
«Fast kameradschaftlich»: Studenten 125
«Lebhafte Gefechte»: Emanuel Hirsch und andere Kollegen 126
«Fremdling aus Neutralien»: Karl Barth und die Deutschen 129

7 «Kein Stein auf dem andern»: Der zweite Römerbrief, 1922 133

«Kritische Wende» 133
Die Neufassung des «Römerbriefs» 138
Kritiker und Bewunderer 145
Was ist Dialektische Theologie? 148
Dialektische Weggenossen: Brunner, Bultmann, Gogarten 153
Fünfzehn Fragen und sechzehn Antworten: Die Kontroverse mit Harnack 160

8 «Not des Weiterdenkens»: Münster 1925–1930 163

Ein Ruf und eine folgenreiche Begegnung 163
Herzlich empfangen, im Streit gegangen 166
Im Tunnel des Semesters 170
Zurück nach Bern? 176
«Die Kirche, die Kirche, die Kirche»: Begegnungen mit dem Katholizismus 178
Ausritte, Hausmusik und Reisen 180

9 «Notgemeinschaft» zu dritt: Charlotte von Kirschbaum 187

Ein lange gehütetes Geheimnis 187
«Ich habe doch nie gewußt, daß es so etwas geben könne» 188
«Ein gewisses Doppelleben» 194
Zu dritt unter einem Dach 200

10 «Mitten in Deutschland ein Schweizer»: Bonn 1930–1935 207

Arbeit an der Theologie 207
Die Menschlichkeit Gottes 211
Erste Auseinandersetzung mit den Deutschnationalen: Der Fall Günther Dehn 216
Gerade jetzt in der SPD: Das Jahr 1933 221
Mahnungen an die Kirche und ein Brief an Hitler 223
1933 als häusliches Krisenjahr 227
Die theologische Dimension der Beziehung zu Charlotte von Kirschbaum 235
Angriffe auf den Schweizer 239
Gegen den «deutschen Gruß» 241
Bruch mit den dialektischen Weggenossen 242
Die Barmer Theologische Erklärung 248
Suspendierung, Redeverbot, Entlassung 259

11 «Wir, die wir noch reden können»: Basel 1935–1945 273

Das Leben geht weiter: Professor in Basel 273
Internationale Ehrungen und Unverständnis 276
Kampf für die Bekennende Kirche 279
Anti-Appeasement: Aufruf an die Tschechen zum Widerstand 285
Die politische Verantwortung der Christen 290
Kirchenkampf und Flüchtlingshilfe 294
Der Krieg beginnt, die Ökumene schweigt 297
Intrigen und Trauer in der Familie 299
Aufruf zum militärischen Widerstand und die Schweizer Zensur 303
Ein Freund der Deutschen trotzdem 314

12 «In politischer Hinsicht ein bedenkliches Irrlicht»: Basel 1945–1962 319

Kriegsende und Schulderklärung 319
Zurück in Bonn und noch einmal Staat und Kirche 327
«Gottes geliebte Ostzone»: Gegen den Antikommunismus 333
Also doch Pazifist? Protest gegen Wiederbewaffnung und Atomrüstung 341
Ja zur Ökumene, aber ohne Katholiken 348
Der Meister mit der krumpeligen Krawatte 355
Die Entdeckung des Optimismus im Gefängnis 359
Mut, Tempo, Reinheit, Friede: Bekenntnis zu Mozart 361
Kinder, Enkel und ein abgelehnter Wunschnachfolger 364

13 «Weißer Wal»: Die Kirchliche Dogmatik 369

«Spiralenförmige Gedankengänge»: Barths Monumentalwerk 369
Die dreifache Gestalt des Wortes Gottes 372
Drei Seinsweisen Gottes 374
«Gott ist» heißt «Gott liebt» 376
Wen Gott erwählt 378
Was Gott gebietet 381
Warum Gott die Schöpfung will 382
Das Nichtige und die Schattenseiten der Schöpfung 384
Drei Ämter Christi und drei Gestalten der Sünde 386
Das Licht leuchtet, wo es will 388
Wassertaufe und Geisttaufe 389

14 «Alles in allem ein bisschen müde»: Die letzten Jahre, Basel 1962–1968 391

«Fantastic»: Ein Calvinist in den USA 391
«Lebensregeln für ältere Menschen im Verhältnis zu jüngeren» 396
«Wie tief verschleiert»: Charlotte von Kirschbaum muss ausziehen 400
«Getrennte Brüder»: Im Gespräch mit Rom 405
Späte Freundschaft mit Carl Zuckmayer 409
Unvollendetes Mammutwerk 411
Am Ende des Lebensweges 413

Epilog 417

Anhang

Dank 423
Zeittafel 424
Anmerkungen 429
Literaturverzeichnis 522
Bildnachweis 532
Personenregister 533