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Ich!
Selbstbildnisse in der Moderne von Vincent van Gogh bis Marina Abramović
Uwe M. Schneede
Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406787478 (ISBN: 3-406-78747-9)
240 Seiten, hardcover, 18 x 24cm, September, 2022
EUR 29,95 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Im Selbstporträt verkörpert sich programmatisch das Grundwesen der Moderne. Wie das christliche Altarbild im Mittelalter oder die Landschaft in der Romantik stellt das Selbstporträt das neue symbolhafte Thema in der Kunst des 20. Jahrhunderts dar. Der renommierte Kunsthistoriker Uwe M. Schneede erzählt mit dieser ersten Überblicksdarstellung versiert und kenntnisreich eine Geschichte der modernen Kunst am Beispiel der persönlichsten aller Kunstgattungen.
Rezension
Vincent van Gogh, Paul Gaugin, Edvard Munch, Käthe Kollwitz, Ottilie W. Roederstein, Lovis Corinth, Felix Nussbaum, Helene Schjerfbeck, Paula Modersohn-Becker, Ernst Ludwig Kirchner, Max Beckmann, Frida Kahlo, Pablo Picasso, Joseph Beuys, Andy Warhol, Cindy Sherman und Marina Abramović. Was verbindet diese Künstler:innen des 19., 20. und 21. Jahrhunderts miteinander? Sie alle haben bekannte Selbstbildnisse geschaffen, sei es in Form von Gemälden, Drucken, Fotografien oder Performances. Während bei Vincent van Gogh und den Vertreter:innen der Klassischen Moderne in ihren Selbstporträts die Selbstanalyse im Vordergrund steht, offenbart sich in den Selbstdarstellungen von Künstler:innen ab den 1960er Jahren der body turn. Sie verobjektivieren sich in ihren Arbeiten, in denen nun die Bildidee vom eigenen Körper getragen wird. Dabei werden von den Künstler:innen auch gesellschaftlich fixierte Geschlechterrollen problematisiert.
Diese kunsthistorische Entwicklung zeigt Uwe M. Schneede (*1939) in seiner Monographie „Ich! Selbstbildnisse der Moderne. Von Vincent van Gogh bis Marina Abramović“ differenziert auf. Publiziert wurde das auch ästhetisch überaus gelungene Werk 2022 bei C.H. Beck. Bekanntheit erlangte der Kunsthistoriker, welcher von 1985 bis 1990 Professor für Kunstgeschichte der Moderne an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und von 1991 bis 2006 Direktor der Hamburger Kunsthalle war, u.a. durch seine mehrfach aufgelegten Bücher „Die Geschichte der Kunst im 20. Jahrhundert“(2. Aufl. 2010), „Die Kunst der Klassischen Moderne“(3. Aufl. 2020), „Paula Modersohn-Becker“ (2. Aufl. 2021) und „Vincent van Gogh“(3. Aufl. 2019).
In seiner jüngsten Buchpublikation zu den Selbstbildnissen demonstriert Schneede wieder eindrücklich, dass er ein exzellenter Kenner der Kunstgeschichte ist. Die in seinem Buch abgedruckten künstlerischen Selbstdarstellungen sind gekonnt ausgewählt, anhand derer sich zentrale Entwicklungen einer Geschichte der künstlerischen Selbstthematisierung von van Gogh bis zur Gegenwart nachvollziehen lassen. Schneede bestätigt in seinen Ausführungen die These von Andreas Reckwitz aus seiner Habilitationsschrift „Das hybride Subjekt“(2006), ohne die Untersuchung des Soziologen zu erwähnen, dass das Subjekt als ein „Dispositionsbündel“ als ein „Hybridphänomen“ zu begreifen ist. Zugleich gelingt es Schneede in seinem Buch „Ich!“ durch seine kunsthistorische Interpretation und Kontextualisierung der ausgewählten Werke einen sehr guten Einblick in das Œuvre der einzelnen Künstler:innen zu geben.
Lehrkräfte der Fächer Bildende Kunst und Ethik werden durch die vorliegende Darstellung motiviert, sich in ihrem Fachunterricht oder in einem fächerübergreifenden Projekt mit Selbstporträts problemorientiert auseinanderzusetzen. Im Fach Ethik eignet sich dieses beispielsweise, um Probleme der Identitätsbildung zum Gegenstand eines Unterrichts in der Mittelstufe zu machen.
Fazit: Uwe M. Schneedes neue Monographie „Ich!“ gibt einen hervorragenden Überblick über die faszinierende Entwicklung von Selbstbildnissen. Das aufschlussreiche Buch wird nicht nur kunsthistorisch Interessierten eine Freude bereiten, sondern auch all jenen, die an der Geschichte des modernen Subjekts interessiert sind.
Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Ich!
Selbstbildnisse in der Moderne
Im Selbstporträt verkörpert sich programmatisch das Grundwesen der Moderne. Wie das christliche Altarbild im Mittelalter oder die Landschaft in der Romantik stellt das Selbstporträt das neue symbolhafte Thema in der Kunst des 20. Jahrhunderts dar. Der renommierte Kunsthistoriker Uwe M. Schneede erzählt mit dieser ersten Überblicksdarstellung versiert und kenntnisreich eine Geschichte der modernen Kunst am Beispiel der persönlichsten aller Kunstgattungen.
Autonome Selbstbildnisse sind keine Erfindung der Moderne. Sie kommen bereits in der Renaissance auf – jedoch rückte die Gattung erst im 20. Jahrhundert in den Mittelpunkt und wurde zum zentralen Anliegen der Künstlerinnen und Künstler. Während es zunächst bei Künstlern wie Vincent van Gogh, Edvard Munch, Käthe Kollwitz oder Paula Modersohn-Becker vor allem um eine schonungslose Selbstanalyse ging, gerät ab 1960 der eigene Körper als Akteur in den Blick – so etwa bei Bruce Nauman, Cindy Sherman, Marina Abramovic oder Joseph Beuys. Uwe M. Schneede schildert eindrucksvoll, wie sich über einen Zeitraum von 100 Jahren die inhaltlichen und formalen Beweggründe immer wieder paradigmatisch verändert haben.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Einführung 9
Teil I
Die Neuerer. Von der Verhöhnung zur Anerkennung 17
Aufbegehren
Unter Einfluss. Vincent van Gogh in Paris 25
Selbstbehauptungen. Vincent van Gogh in Arles 29
«Märtyrer der Malerei.» Paul Gauguin 39
Selbstprüfungen «In schwierigen Jahren.» Edvard Munch 44
Bestandsaufnahmen. Oskar Kokoschka 54
(Sinn-)Bildliche Autobiographien
Vernehmbare Selbstgespräche. Käthe Kollwitz 61
Unverblümte Selbstversicherungen. Ferdinand Hodler 66
Selbstbehauptungen als Künstlerin. Ottilie W. Roederstein 71
Schrittweise Auflösungen. Lovis Corinth 76
Inbilder des Widerstands. Felix Nussbaum 83
Bildliches Entschwinden. Helene Schjerfbeck 88
Ich ist auch ein Anderer (oder eine Andere)
Das «tolerante» Spiegelbild. Paula Modersohn-Becker 94
Das lädierte Selbst. Ernst Ludwig Kirchner 103
Selbst in der Zeit. Max Beckmann 111
Fremd im Selbst
Der performative Körper. Egon Schiele 124
Öffentlich inszeniertes Selbst. Frida Kahlo 130
Vom augenfälligen zum verkappten Selbstbild
Ich, der Künstler. Pablo Picasso 136
Teil II
Umstieg in die neuen Medien
Das Selbst als Akteur
149
Der Künstler als Werk
Das katatonisch gesteigerte Ich. Arnulf Rainer 153
Der Körper als Werk. Günter Brus 158
Selbst Künstler werden. Bruce Nauman 163
Verwandlungen und Geschlechterfragen
Ich als Transformer. Jürgen Klauke 171
Medial verwandelt. Katharina Sieverding 178
Kritische Verkleidungen. Cindy Sherman 184
Grenzerfahrungen
Das geschundene Selbst. Marina Abramović 192
Das besonders kommunikative Selbst
Perfektionierte Images. Andy Warhol 199
Das öffentliche Selbst. Joseph Beuys 207
Schluss 215
Kurzbiographien 219
Anmerkungen 226
Literatur 231
Bildnachweis 233
Personenregister 236
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