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Gesundheitsmonitor 2010 Bürgerorientierung im Gesundheitswesen
Gesundheitsmonitor 2010
Bürgerorientierung im Gesundheitswesen




Jan Böcken, Bernard Braun, Juliane Landmann (Hrsg.)

Verlag Bertelsmann Stiftung
EAN: 9783867933056 (ISBN: 3-86793-305-7)
456 Seiten, paperback, 15 x 21cm, 2010

EUR 38,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
"Bürgerorientierung im Gesundheitswesen" ist das Thema des Gesundheitsmonitors 2010. Mit dem Informationsstand der deutschen Bevölkerung und den Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger werden in diesem Band zunächst zwei zentrale Dimensionen des Begriffs beleuchtet. Wie gut kennen sich die Bürgerinnen und Bürger mit dem deutschen Gesundheitswesen aus? Gibt es auch hierzulande eine "gesundheitliche Legasthenie"? Welche Effekte sind von einer Beteiligung der Bevölkerung in Gesundheitsfragen zu erwarten?



In der Tradition des Gesundheitsmonitors steht im Weiteren die Gesundheitspolitik auf dem Prüfstand: Wie weit spielt Bürgerorientierung in ausländischen Reformen und Gesundheitssystemen eine Rolle? Wie bewerten Patienten und Versicherte die Gesundheitsreformen früherer Jahre? Vertrauen die Bürgerinnen und Bürger dem deutschen Gesundheitssystem und empfinden sie es als gerecht?

Da für diese Legislaturperiode ein Patientenrechtegesetz auf der gesundheitspolitischen Agenda steht, wird zum Abschluss geprüft, wer sich aktuell mit welchen Patientenrechten bereits auskennt.

Die vorgestellten Ergebnisse basieren überwiegend auf repräsentativen Bevölkerungsumfragen, die die Bertelsmann Stiftung seit 2001 durchführt. Sie werden in die Erkenntnisse nationaler und internationaler Studien zur Bürgerorientierung im Gesundheitswesen eingeordnet.

Weitere Informationen unter www.gesundheitsmonitor.de.
Rezension
Der Gesundheitsmonitor erhebt in regelmäßigen Abständen Daten zur Gesundheitsversorgung in Deutschland. Ziel ist es, Informationen über die Reformfähigkeit und die zeitlichen Veränderungen des deutschen Gesundheitswesens zu erheben und darauf aufbauend Reformvorschläge zu entwickeln. Eine stärkere Berücksichtigung von Versicherteninteressen ist bei der Ausgestaltung des Gesundheitssystems von elementarer Bedeutung. Dazu aber müssen die Versicherteninteressen systematisch durch Befragungen erhoben werden. Der Gesundheitsmonitor hat sich mittlerweile zu einem Standardhilfsmittel etabliert; er ist mehr als 90% der Entscheidungsträger und Experten im Gesundheitssystem bekannt. In diesem Jahr stehen Fragen der "Bürgerorientierung im Gesundheitswesen" im Mittelpunkt und damit Fragen wie diese: Wie gut kennen sich die Bürgerinnen und Bürger mit dem deutschen Gesundheitswesen aus? Gibt es auch hierzulande eine "gesundheitliche Legasthenie"? Welche Effekte sind von einer Beteiligung der Bevölkerung in Gesundheitsfragen zu erwarten?

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Wie gut kennen sich die Bürgerinnen und Bürger mit dem deutschen Gesundheitswesen aus? Gibt es auch hierzulande eine "gesundheitliche Legasthenie"?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 7
Jan Böcken, Bernard Braun, Juliane Landmann

2 Bürgerorientierung im Gesundheitswesen 11
Bernard Braun

3 Gesundheitsfragen – Information und Wissen der Bürger 43
Gerd Marstedt

4 Gesundheitspolitische Beteiligungen im Licht internationaler Empirie 91
Juliane Landmann, Jan Böcken, Annlijn Conklin, Zoe Morris, Ellen Nolte

5 Gesundheitspolitik auf dem Prüfstand 119
Bernard Braun, Gerd Marstedt

Bürgerorientierung in ausländischen Reformmodellen 121
Bürgerorientierung in Gesundheitssystemvergleichen und nationalen Qualitätsberichten 142
Gesundheitsreformen im Urteil der Versicherten 173
System-Vertrauen im Gesundheitssystem 251
Gerechtigkeit im Kontext von Gesundheit 289
Patientenrechte im deutschen Gesundheitssystem 329

6 Ausblick 353
Jan Böcken, Bernard Braun, Juliane Landmann

Die Autorinnen und Autoren 355


1 Einleitung
Jan Böcken, Bernard Braun, Juliane Landmann
Die treuen Leserinnen und Leser des Gesundheitsmonitors werden
feststellen, dass die vorliegende Publikation anders aufgebaut ist als
die der vergangenen Jahre. Das hatten wir 2009 schon angekündigt,
ohne damals bereits eine genaue Vorstellung der künftigen Struktur
zu haben. In der Vergangenheit war deutlich geworden, dass die Vielfalt
aus renommierten Autorinnen und Autoren diverser Professionen
und thematisch unterschiedlichen Beiträgen es erschwert, den
Lesern* einen roten Faden zu verdeutlichen. Anders ausgedrückt: Unsere
einzelnen Kommunikationsformate (Jahrespublikation, Newsletter,
Fachveranstaltungen, Chartbooks etc.) erfreuen sich zwar einer
äußerst hohen Bekanntheit und Beliebtheit, gleichzeitig hat ein Teil
der Nutzer aber eine eher diffuse Vorstellung von dem Markenkern
des Gesundheitsmonitors. Um das zu ändern, haben wir nun den
Aufbau der Jahrespublikation 2010 modifiziert.
Dieses Jahr gibt es nur ein Thema: die Bürgerorientierung im Gesundheitswesen.
Das mag manchen Lesern eher als eine marginale
Neuerung erscheinen. Tatsächlich ging es auch in den letzten Jahren,
wie im Untertitel formuliert, um »Gesundheitsversorgung und Gestaltungsoptionen
aus der Perspektive der Bevölkerung«, was von einer Bürgerorientierung
nicht weit weg zu sein scheint. Allerdings wurde diese
Fokussierung vor allem dadurch erreicht, dass alle Buchkapitel die Befragungsdaten
des Gesundheitsmonitors als empirische Grundlage verwendeten.
Die Begriffe Versicherten- bzw. Bürgerorientierung wurden
darüber hinaus nicht weiter definiert oder theoretisch hinterfragt – obwohl
sie schillernd sind und in der gesundheitspolitischen Debatte
durchaus unterschiedlich, bisweilen antagonistisch interpretiert werden.
* In dieser Publikation verwenden wir nicht durchgängig eine geschlechtergerechte
Sprache. Mit »Lesern«, »Bürgern«, »Patienten« etc. sind immer auch Frauen gemeint.
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Deshalb startet dieser Band mit einer begrifflichen Einordnung
der Bürgerorientierung. Diese versteht sich nicht als wissenschaftstheoretische
Reflexion: Dafür wäre hier nicht der richtige Ort und es
existieren auch bereits einige umfassende und gute Abhandlungen
dazu, auf die Bernard Braun in Kapitel 2 verweist. Vielmehr geht es
um eine kompakte Begründung, warum Bürgerorientierung in gesundheitspolitischen
Fragen notwendig ist, sowie um die Chancen
und Risiken von konkreten Implementierungsoptionen in einigen
zentralen inhaltlichen Feldern.
Für diese Felder wird hier geprüft, wie weit gesundheitspolitische
Institutionen und Reformen, aber auch der Alltag der Versicherten
dem Leitmotiv der Bürgerorientierung folgen. Wie in der Vergangenheit
greifen wir dafür auf neue Befragungsdaten des Gesundheitsmonitors
zurück. Stärker als zuvor werden zusätzlich nicht nur Daten
aus früheren Befragungen in die quantitativen Analysen einbezogen,
sondern auch Ergebnisse bisheriger Analysen aus fast zehn Jahren
Gesundheitsmonitor komprimiert, mit externen Befragungen verglichen
und in den Kontext internationaler Studien gesetzt. Die einzelnen
Kapitel sind dadurch länger und komplexer geworden. Sie liefern
im Gegenzug jedoch einen umfassenden Überblick und mehr Hintergrundinformationen.
Dies schien uns ein guter Weg zu sein, um
den für den Gesundheitsmonitor zentralen Begriff der Bürgerorientierung
zu schärfen.
Ein entscheidender Baustein ist bei diesem Thema die Information
der Bürger zu Gesundheitsfragen. Erst auf einer guten Informationsgrundlage
ist es möglich, beispielsweise medizinische Leistungen
gezielt in Anspruch zu nehmen, aber auch im gesundheitspolitischen
Bereich zu partizipieren. Gerd Marstedt gibt in Kapitel 3 einen Überblick
über Informationsmöglichkeiten in Deutschland und das tatsächliche
Informationsverhalten der Bürger. Er arbeitet erhebliche Mängel
gerade im Bereich der Systeminformationen zu Früherkennungsuntersuchungen
oder IGeL heraus, die einer sachgemäßen Inanspruchnahme
imWege stehen. Die klassischen Printmedien scheinen nur begrenzt
in der Lage, diese Defizite aufzufangen, während das Internet zumindest
die Chance einer themenspezifischen Ansprache ermöglicht.
Beteiligung ist eine weitere Säule des Begriffs Bürgerorientierung.
In Kapitel 4 unternehmen Juliane Landmann, Jan Böcken, Annlijn
Conklin, Zoe Morris und Ellen Nolte den Versuch einer Bestandsaufnahme
zum Thema Öffentlichkeitsbeteiligung. Dabei werfen sie ei-
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nen Blick auf den aktuellen Stand der Forschung zu der damit verbundenen
Nutzenerwartung, zur Erfolgsbeurteilung und zu möglichen
Hürden für eine Beteiligung der Bevölkerung, um daraus Lehren
für Initiativen in Deutschland zu ziehen.
Das Kapitel 5 von Bernard Braun und Gerd Marstedt gliedert sich in
zwei Teile und zoomt quasi aus der Vogelperspektive das deutsche
Gesundheitssystem heran. Im ersten Teil wird zunächst auf Basis einer
Literaturrecherche untersucht, wie viele Elemente der Bürgerorientierung
in ausländischen Reformmodellen enthalten sind. Im
nächsten Schritt wird geklärt, ob ausländische Gesundheitssysteme
mit diesen Versorgungsmodellen mehr Bürgernähe beweisen als das
deutsche Gesundheitswesen. Zuletzt wird beleuchtet, wie Menschen
hierzulande die Gesundheitsreformen und deren Bestandteile erlebt
haben bzw. beurteilen.
Der zweite Teil des Kapitels richtet sich auf Dimensionen der Bürgerorientierung,
die jenseits des Versorgungsalltags von Patienten liegen.
Es geht um die Frage, ob die Bürgerinnen und Bürger dem deutschen
Gesundheitssystem vertrauen und ob sie es als gerecht empfinden.
Dies ist gewissermaßen der Kitt, der das Gesundheitswesen zusammenhält
und über Inhalt, Akzeptanz und Umsetzungschancen
neuer Reformvorhaben mitentscheidet. Ein Vorhaben, das die Bundesregierung
als eines der wenigen auch explizit benannt hat, ist die Kodifizierung
der Patientenrechte. In der abschließenden Analyse des Kapitels
stellt sich heraus, dass viele Menschen zentrale Patientenrechte
nicht kennen oder falsch auslegen – was dazu führen kann, dass sie
Leistungen nicht angemessen in Anspruch nehmen. Die Festlegung
eines legislativen Rahmens reicht also nicht aus, um ein System an
dem Bedarf der Bürger auszurichten. Aber es ist ein Anfang.
Unsere Bestandsaufnahme zum Thema »Bürgerorientierung im
Gesundheitswesen« ist sicher nicht erschöpfend: Sie stellt unseren
derzeitigen Blick auf die Dinge dar. Sie nimmt auch diesmal im empirischen
Teil schwerpunktmäßig Bezug auf bevölkerungsrepräsentative
Befragungsdaten, was den Blickwinkel bisweilen mehr verengt,
als es wünschenswert wäre. Daher können wir uns gut vorstellen, das
methodische Instrumentarium künftig zu erweitern, um die Fakten,
die für die Versorgung der Bürger relevant sind, in die gesundheitspolitische
Diskussion und breite Öffentlichkeit zu tragen. Wir hoffen,
damit einen Beitrag zu leisten, um mehr Teilhabegerechtigkeit im
deutschen Gesundheitssystem zu realisieren.
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