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Georg Büchner Geschichte eines Genies
Georg Büchner
Geschichte eines Genies




Hermann Kurzke

Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406644931 (ISBN: 3-406-64493-7)
591 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 15 x 22cm, Februar, 2013, mit 48 Abbildungen

EUR 29,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Georg Büchner (1813-1887) ist bisher vorwiegend als politischer Agitator, Frühsozialist und Vorläufer der 1848er Revolution betrachtet worden. Das Menschliche kam dabei zu kurz, ebenso das Künstlerische, das Romantische, das Psychologische, das Metaphysische und die wildwüchsige Religiosität. Hermann Kurzke deutet Büchners Leben und Werk von den geistigen Wurzeln her, die Büchner selbst wichtig waren, wissenschaftlich fundiert und erzählerisch auf höchstem Niveau.

Aufsässig und melancholisch, satirisch aggressiv und romantisch verträumt, politisch gescheitert und steckbrieflich gesucht, in mindestens zwei Frauen verliebt, Naturliebhaber und eiserner Arbeiter, im französischen und schweizerischen Exil steile Karriere als Anatom, dann der schreckliche Typhustod mit 23 Jahren, gerade als das erste Berufsziel erreicht war - dieses Leben verschlägt einem den Atem. Die politische Flugschrift, deren Verfasser er war, löst eine Verfolgungs- und Verhaftungswelle aus. Er kann fliehen, fühlt sich aber schuldig, meidet fortan politische Aktionen und steckt seine Kraft in Wissenschaft und Dichtung. Er schreibt seine Dramen (Dantons Tod, Leonce und Lena, Woyzeck) und seine Erzählung (Lenz) autobiographisch und quellengestützt, das erklärt sein Tempo. Die autobiographischen Elemente wurden bisher unterschätzt. Sie bilden die wichtigste Quelle dieses Buchs. Es sucht nach dem Bedingungsgeflecht der Genialität. Da spielt vieles mit: Büchners Herkunft aus einer großen Ärztedynastie, die aus der Angst vor Verrat und Verhaftung herrührende Klaustrophobie, eine allzu frühe Verlobung, die ihn einengte, eine geheime Liebe zu einer Unbekannten, die er ins dichterische Werk hineinversteckte, Frauen im Plural überhaupt, wissenschaftlicher Ehrgeiz und Wissenschaftssatire im Widerspruch, hohe Maßstäbe (Goethe, Shakespeare) und ein verzweifelndes Christentum. Die Kräfte, für die das Leben keinen Raum bietet, drängen ins Werk. Den Abschluß bildet eine eingehende Darstellung der dreiwöchigen Krankheit zum Tode, ausklingend in Visionen der Unsterblichkeit.

Hermann Kurzke ist Professor em. für Neuere deutsche Literatur an der Universität Mainz. Einer breiten Leserschaft bekannt ist er durch seine große Biographie Thomas Manns. Bei C.H.Beck ist von ihm lieferbar: Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk; Novalis; Unglaubensgespräch (zus. mit Jacques Wirion), Geistliches Wunderhorn (Hrsg.), Thomas Mann. Epoche-Werk-Wirkung ; Die kürzeste Geschichte der deutschen Literatur; Thomas Mann. Ein Portrat für seine Leser.
Rezension
Zum 200. Geburtstag Georg Büchners am 17. Oktober 2013 mehren sich die Veröffentlichungen über ihn. Jenseits des politischen Agitators, Frühsozialisten und Vorläufers der 1848er Revolution, als der Büchner häufig dargestellt wird, hebt diese voluminöse Biografie wesentlich auf das Menschliche und das Künstlerische bei Georg Büchner ab, zugleich werden die autobiographischen Aspekte seines Werks besonders herausgestellt. Georg Büchner (1813-1837), Revolutionär des Deutschen Vormärz, hat trotz seines tragisch kurzen Lebens ein kurzes, aber kraftvolles Werk hinterlassen hat (u.a. der "Hessische Landbote", "Dantons Tod", "Lenz", "Leonce und Lena" und "Woyzeck"). Der Schriftsteller, Naturwissenschaftler, Freiheitskämpfer und Revolutionär (Parole „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“) gehört heute zu den meist aufgeführten und gelesenen Dramatikern in Deutschland.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Georg Büchner (1813–1837) ist bisher vorwiegend als politischer Agitator, Frühsozialist und Vorläufer der 1848er Revolution betrachtet worden. Das Menschliche kam dabei zu kurz, ebenso das Künstlerische, das Romantische, das Psychologische, das Metaphysische und die wildwüchsige Religiosität.
Aufsässig und melancholisch, satirisch aggressiv und romantisch verträumt, politisch gescheitert und steckbrieflich gesucht, in mindestens zwei Frauen verliebt, Naturliebhaber und eiserner Arbeiter, im französischen und schweizerischen Exil steile Karriere als Anatom, dann der schreckliche Typhustod mit 23 Jahren, gerade als das erste Berufsziel erreicht war – dieses Leben verschlägt einem den Atem. Die politische Flugschrift, deren Verfasser er war, löst eine Verfolgungs- und Verhaftungswelle aus.

Hermann Kurzke ist Professor em. für Neuere deutsche Literatur an der Universität Mainz. Einer breiten Leserschaft bekannt ist er durch seine große Biographie Thomas Manns.

"Liebe zur Literatur und Erbarmen mit dem unglückseligen Menschen sprechen aus jeder Zeile von Kurzkes hingebungsvoller Biographie. Mit ihr im Sinn wird selbst dem skeptischen Leser die Büchner-Lektüre nachhaltig 'farbiger, räumlicher, sinnlicher, erstaunlicher' geraten."
Friedmar Apel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. Februar 2013

"Wer hingegen ein passioniertes und engagiertes Porträt Büchners, seines Denkens und seiner Zeit lesen will, der greife zu Kurzke – und verziehe sich in eine ungestörte Leseecke."
Eduard von Habsburg, Der Standard, 16. Februar 2013

"Oft genug wurde Georg Büchner für das Falsche in Anspruch genommen. Jetzt liegt uns Hermann Kurzkes große Biographie vor. Darin erzählt uns der Germanist nicht nur die Geschichte eines Genies. Vielmehr revolutioniert er unser bisheriges Bild des Dichters."
Friedmar Apel, faz.net, 15. Februar 2013
Inhaltsverzeichnis
1 Steckbrief 11

Im Betretungsfalle festnehmen 11
Filtrierungen 14
Imaginationen 20
Phantasien 21
Projektionen 23
Kind seiner Zeit 25
Das Junge Deutschland 26
Romantik 32
Klassik und Antike 36
Aufklärung und Christentum 39
Trotzdem ein Genie 43
Wenn Büchner den Büchnerpreis bekäme 48

2 Der Hessische Landbote 50

Der Tod des Dr. Weidig 50
Schaeffer, Schulz und Noellner 55
Die Verhaftung Minnigerodes 62
Verräter 65
Die Wende des Lebens 73
Georg gedenkt der Gefangenen 83
August Becker packt aus 85
Der Hessische Landbote 91
Neobabouvismus? 100
Der Fatalismusbrief 105

3 Was ihn prägte 108

Großherzogtum Hessen-Darmstadt 108
Der Vater 114
Mutter und Mütter 124
In der Geschwisterreihe, im Geschwisterblick 132
Als Gymnasiast 142
Phantasie über den Verrat 146
Kindsein 148
1813 155

4 Dantons Tod 160

Straßburg leuchtet, Gießen nicht 160
Alexis Muston 165
Gefängnisse, Befreiungsaktionen 172
Fliehen, Flüchtling 177
Wie Pallas Athene aus dem Haupt des Zeus 180
Georg Büchner in Georg Danton gespiegelt 182
Der Schreibprozeß 185
Gewalt und Gewissen 190
Theodizee 200
Obszönitäten 207
Karl Gutzkow 215

5 Liebesgeschichten 222

Wie? 222
Mosaik 223
Die Blonden und die Schwarzen 224
Frauen 226
Huren 229
Wilhelmine Jaegle (l) 231
Une fille perdue 236
Amalie Weidig 238
Liebe und Ehe 239
Minna (2): der Verlobungsbrief 241
Wollust, Sexualität 248
Männlichkeit 254
Marion 256
Julie 258
Lucile 261
Minna (3): im Exil 262
Friederike und Lena 268
Marie 269
Minna (4): der Donnerschlag 271

6 Lenz 277

Das Riesige und das Winzige 277
Die Ordnung des Wahnsinns 278
Waldbach. Eine Imagination 283
Immer darben, um einmal zu genießen 286
Phantasie, Psychose, Depression 287
Büchner und Oberlin 290
Entstehungslegende 293
Psychosomatik 300
Schmerzen heiß und kalt 303
Angst 304
Willkür 305
Zuckungen 306
Kunstgespräch 307
Sentimentalisch und naiv 312
Christentum 314
Gott 317
Beten Singen 318

7 Wissenschaft 322

Der Doktorgrad im 19. Jahrhundert 322
Elf Semester 326
Kurswechsel 330
Finanzen und Bilanzen 333
Student sein 338
Eugenia 341
Anatomie 346
Sur le Systeme nerveux du barbeau 350
Über Schädelnerven 354
Zootomische Demonstrationen 357
Philosophische Schriften 359
L'homme machine 361
Gottesbeweise 363

8 Leonce und Lena 367

Im Elysium 367
Georgs Traum 367
Immer noch die Ständeklausel 368
Lachfabrik 370
Weltschmerz und Wortspiel 374
Prinz und Narr 378
Wer ist dieser Büchner? 380
E la fame? 384
Ponce und Leonce 385
Peter und Vater 388
Romantische Satire 389
Archäologie und Philologie 392
Notabene Weidig 396
Drei Alpträume 398
Heiraten 398
Signalement 401
Gewissen 402
Abgründige Unkeuschheit 403
Epitaph auf eine Verlorene 410

9 Woyzeck 412

Tintenfluß 412
Das lebende Skelett und der dogmatische Atheist 415
Ein dressiertes Pferd 419
Der Professor 421
Der Doktor 422
Der Hauptmann 424
Medizin und Militär 426
Darmstadt, Gießen, Straßburg 428
Der historische Woyzeck 429
Wie könnte es gewesen sein? 433
Wir arme Leut 445
Genialität 447
Ein langer Weg zum Ruhm 452
Schwarz-Rot-Gold 1875 453
Karl Emil Franzos 456
Büchner und die Moderne 458
Büchner unter Hitler 462
Juden 463
Im real existierenden Sozialismus 466
Im westdeutschen Verbalradikalismus 469
Lehrplan 472

10 Sterben und Unsterblichkeit 475

Zürich 475
2. bis 7. Februar 1837 477
Thanatologie 479
8. bis 12. Februar 1837 486
Apokalyptik 488
13. bis 16. Februar 1837 494
Himmel und Hölle, Teufel und Engel 498
17. bis 19. Februar 1837 501
Die Erde müßte eine Wunde bekommen von
dem Streich 505
19. bis 23. Februar 1837 506
Im himmlischen Garten 507
Unsterblichkeit 512

Anhang

Anmerkungen 519
Literaturverzeichnis 569
Abgekürzt zitierte Literatur 570
Weitere Quellenwerke 575
Weitere Sekundärliteratur 580
Dank 583
Abbildungen 585
Namenregister 587