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Gelehrtenbriefe 1878-1920  Herausgegeben von Rita Aldenhoff-Hübinger und Edith Hanke
Gelehrtenbriefe 1878-1920


Herausgegeben von Rita Aldenhoff-Hübinger und Edith Hanke

Max Weber

Reihe: Ausgewählte Briefe


Mohr
EAN: 9783161575167 (ISBN: 3-16-157516-4)
294 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, April, 2020

EUR 29,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die Gelehrtenbriefe führen direkt in die Werkstatt des Wissens eines der bedeutendsten Denker der Moderne. Sie geben nicht nur Einblicke in das Leben eines herausragenden Gelehrten, sie sind zugleich Ausdruck einer reichen bildungsbürgerlichen Brief- und Kommunikationskultur.
Rezension
„Der Politiker soll und muß Kompromisse schließen. Aber ich bin von Beruf: Gelehrter. […] Der Gelehrte darf keine Kompromisse schließen und „Unsinn“ nicht decken.“, schreibt Max Weber (1864-1920) in seinem Brief vom 14.4.1920 an den Vorsitzender der Deutschen Demokratischen Partei, Carl Petersen. Mit dieser berufsethischen Position begründet der ab 1919 in München wieder tätige Professor für Gesellschaftswissenschaft, Wirtschaftsgeschichte und Nationalökonomie seinen Rückzug aus der Politik. Von 1903 bis 1918 lebte der homo politicus als Privatgelehrter in Heidelberg, nachdem er seine dortige Professur für Nationalökonomie aufgegeben hatte. Der Soziologe verfasste weltweit bekannte Schriften wie „Wissenschaft als Beruf“(1917/19), „Politik als Beruf“(1919), die religionssoziologische Studie „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“(1904/05, 1920 überarbeitet) oder das posthum erschienene Opus Magnum „Wirtschaft und Gesellschaft“(1921/22).
Dem Tübinger Verlag Mohr Siebeck kommt das Verdienst zu, von 1984 bis 2019 in einer historisch-kritischen Edition alle Schriften Webers der Wissenschaft und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Max Weber-Gesamtausgabe (MWG) enthält 25 Bände „Schriften und Reden“, 7 Bände „Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften“ sowie 11 Bände „Briefe“. Von den über 3500 Briefen, Karten und Brieffragmenten wurden für den Band „Max Weber. Gelehrtenbriefe 1878-1920“ von Rita Aldenhoff-Hübinger (*1954) und Edith Hanke (*1962) 107 ausgewählt, die Aufschluss geben über das Gelehrtenleben des Wissenschaftlers und seine intellektuelle Verarbeitung der „klassischen Moderne“. Gegliedert sind die Briefe in dem bei Mohr Siebeck erschienenen Buch nach drei Gruppen: „Lebensführung“, „Politik“ und „Wissenschaft“. Unter den Briefdokumenten entdeckt man manchen kulturwissenschaftlichen Schatz.
Genannt seien hier nur, neben dem Brief an den DDP-Vorsitzenden, Webers Kritik am „Scheinconstitutionalismus“ des wilhelminischen Deutschland (Brief an Friedrich Naumann vom 14.12.1906), seine Aufforderung an Erich Ludendorff, sich vor einem Gericht zu verantworten (Brief an den General vom 14.5.1919), seine Kritik an Freuds Psychoanalyse (Brief an Else Jaffé vom 13.9.1907) oder seine Kritik an der Dichtung Stefan Georges (Brief an Dora Jellinek vom 9.6.1910). Webers Briefe an den neukantianischen Philosophen Heinrich Rickert sind für das Verständnis seiner Soziologie hilfreich, werden in ihnen doch zentrale Begriffs seines Grundriss wie „Idealtypus“(14.6.1904), „Werthprobleme“(24.7.1911) oder „soziales Handeln“(26.4.1920) thematisiert. Besondere Erwähnung verdient noch die hervorragende Einleitung in dem Band der „Gelehrtenbriefe“ von dem renommierten Kulturhistoriker Gangolf Hübinger.
Lehrkräfte der Fächer Geschichte oder Politik lädt der vorliegende zweite Band „Ausgewählter Briefe“ Max Webers – der erste trägt den Titel „Reisebriefe 1877-1914“– ein, in ihrem Unterricht oder besser in einem fächerübergreifenden Projekt den Gelehrten Max Weber und sein Werk zu würdigen.
Fazit: Max Webers „Gelehrtenbriefe“ geben einen hervorragenden Einblick in das Gelehrtenleben des politisch engagierten, kulturell vernetzten, soziologischen Diagnostikers der Moderne. Seine Briefe erinnern zugleich an eine Lebensform, die mancher in der heutigen Scientific Community schmerzlich vermisst.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Die Gelehrtenbriefe führen direkt in die Werkstatt des Wissens. Sie bilden nach den Reisebriefen den zweiten Band der Ausgewählten Briefe Max Webers. Der Band enthält über hundert Briefe und Karten, beruhend auf der Max Weber-Gesamtausgabe. Die ausgewählten Dokumente zeugen von der reichen Briefkultur des Bildungsbürgertums im ausgehenden 19. Jahrhundert. Max Webers stilsichere Briefsprache kannte alle Schattierungen: Trost, Mitgefühl, Leidenschaft, Belehrung, Streitlust, Rechthaberei. Der Band unterscheidet die drei Felder, Lebensführung, Politik und Wissenschaft, auf denen uns der Gelehrte Max Weber begegnet. "Lebensführung" umfasst die persönliche Haltung in zentralen Fragen zu Familie, Ehe, Erotik, Kunst, Musik und Religion, "Politik" die ständige, von klein auf erlernte Bereitschaft, sich mit politischen und brisanten Zeitfragen kritisch und teilnehmend auseinander zu setzen, und schließlich das Kerngebiet des Gelehrten, die "Wissenschaft", die Weber mit Unnachgiebigkeit und Strenge als unabhängige Sphäre verteidigte. Positionen und Zusammenhänge, die sich sonst nur schwer erschließen lassen, werden in der lebhaften Auseinandersetzung mit einem Briefpartner oft klarer und direkter formuliert. Die Briefe geben Einblick in Gelehrtenmilieus mit ihrer jeweiligen intellektuellen Ausstrahlung, ihren akademischen Geselligkeitsformen und kulturellen Mustern von Zugehörigkeit und Ausgrenzung. Eingeleitet wird die Auswahl durch einen Essay von Gangolf Hübinger (Frankfurt/Oder). Ein biografisches Personenregister erschließt die Briefe, die gegenüber der Max Weber-Gesamtausgabe vereinfacht zum Abdruck gelangen.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort VII
Gangolf Hübinger
„Von Beruf: Gelehrter“ IX
Gelehrtenbriefe
Lebensführung 1878-1920 3
Politik 1878-1920 87
Wissenschaft 1891-1920 163
Verzeichnisse und Register
Zur Briefausgabe 229
Drucknachweise 231
Abkürzungsverzeichnis 237
Abbildungsnachweise 243
Personenregister 245