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Familie im Wandel Kulturwissenschaftliche, soziologische und theologische Reflexionen Zugl.: Dissertation an der Universität Hamburg WS 2011/2012
Familie im Wandel
Kulturwissenschaftliche, soziologische und theologische Reflexionen


Zugl.: Dissertation an der Universität Hamburg WS 2011/2012

Anke Spory

Waxmann
EAN: 9783830928775 (ISBN: 3-8309-2877-7)
228 Seiten, paperback, 15 x 21cm, 2013

EUR 24,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Neuere sozialwissenschaftliche Analysen belegen, dass die Familie sich in einem grundlegenden Wandel befindet: die kulturellen Muster der Partnerwahl ändern sich ebenso wie der Verbindlichkeitscharakter der Ehe; tradierte Formen der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und der Kinderfürsorge und -erziehung werden in Frage gestellt.

Vor diesem Hintergrund untersucht Anke Spory Bedeutungsverschiebungen im Familienverständnis, die sich aufgrund der Veränderungen von Generationen- und Geschlechterverhältnissen ergeben. Aus sozialwissenschaftlicher und kulturanthropologischer Perspektive beleuchtet sie die pluralen Formen von Familie in Geschichte und Gegenwart und die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Familie und Gesellschaft. Dabei stehen das Verständnis von Kindheit und das Verhältnis von Familie und Erwerbsarbeit im Zentrum. Diese tiefgreifenden sozialen und kulturellen Veränderungen stellen auch eine Herausforderung für das protestantische Verständnis von Ehe und Familie dar. Der traditionelle Ansatz evangelischer Sozialethik, welcher die Familie von der Ehe her bestimmt, steht auf dem Prüfstand. Ihm stellt die Verfasserin eine Ethik der Familie gegenüber, die die normative Begründung von Lebensformen hinterfragt und welche die Familie in den sozialen Praktiken des Alltags begründet.

Anke Spory, geb. 1968, studierte in Göttingen, Frankfurt und Heidelberg Sozialwissenschaften und Theologie. Sie absolvierte ihr Vikariat an der Stadtkirche Darmstadt und war anschließend in der Personalentwicklung einer Frankfurter Großbank tätig. Sie wurde 2002 in Friedberg zur Pfarrerin der Ev. Kirche von Hessen und Nassau ordiniert. Nach ihrer Elternzeit und mehrjährigem Aufenthalt in London ist sie seit 2011 Pfarrerin in der Ev. Kirchengemeinde Bad Homburg-Gonzenheim.
Rezension
Diese Hamburger Dissertation macht den Wandel der Familie zum Gegenstand einer theologischen Untersuchung mit dem Untertitel "Kulturwissenschaftliche, soziologische und theologische Reflexionen". Ein solches Thema ist in theologischer Perspektive durchaus nicht selbstverständlich - und zeigt in erfreulicher Weise, wie sehr sich die gegenwärtige Theologie den Kultur- und Sozialwissenschaften gegenüber öffnet und dort neue Perspektiven einbringt. Denn insbesondere in protestantischer Perspektive kommt der Familie und der Ehe eine aufgewertete Bedeutung zu (vgl. S.18ff), - was sich u.a. an Martin Luthers Bewegung aus dem Kloster in die Ehe exemplarisch belegen läßt (vgl. S.107ff) oder auch durch die Theologie Karl Barths im 20. Jhdt. (vgl. S.121ff). Die Arbeit endet im 4. Teil mit Perspektiven einer Ethik der Familie (vgl. S.191ff).

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Einleitung

1. Problemstellung 15
2. Familie als Thema evangelischer Theologie 18
3. Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit 21

Erster Teil – Zur Genese der Familie in der Moderne

I. Partnerschaft, Ehe und Familie als Thema in der historischen Kulturanthropologie 27
1. Historisch-kulturanthropologische Fragestellungen 27
2. Bedeutungswandel der Familie 29

II. Die Bestimmung der Geschlechterverhältnisse im historischen Rückblick 34
1. Die Trennung von öffentlicher und privater Arbeitssphäre 34
2. Das Geschlecht als historisches Phänomen 39
3. Ehe, Elternschaft und Familie 45
4. Die Fundierung des Familienleitbildes im Recht 48

III. Die Kindheit im historischen Rückblick 51
1. Kindheit als historisches Phänomen 51
2. Erziehungskindheit als Konzept der bürgerlichen Gesellschaft 54
3. Kindheit als Phase der Entwicklung und des Wachstums 55

IV. Die Privatisierung der Kleinfamilie 58

Zweiter Teil – Familienbilder am Anfang des 21. Jahrhunderts

I. Familienbilder zwischen Krise, Wandel und Anpassung 63
1. Reflexion soziologischer Familienbegriffe und -bilder 63
2. Strukturwandel der Gesellschaft 65
3. Pluralisierung der Lebensformen 67
4. Die Pluralisierungsthese in der Diskussion 72
5. Die Lebenslaufperspektive 75
6. Deinstitutionalisierung von Ehe und Familie 77
7. Von der ehe- zur kindzentrierten Familie 80

II. Familie und Wohlfahrtsstaat 83
1. Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Entscheidungsproblem 83
2. Vereinbarkeit als sozialstaatliche Regelung 86

III. Aufwachsen von Kindern zwischen familiären und institutionellen Formen 93
1. Gestaltung von Pflege, Erziehung und Fürsorge 93
2. Expansion und Erosion des Schutz- und Vorbereitungsraumes 96
3. Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Bildungsaufgabe 98
4. Zeit verlieren können und Zeit gewinnen müssen 101

Dritter Teil – Familie als Thema evangelischer Theologie

I. Die Grundlegung des evangelischen Familienverständnisses bei Martin Luther 107
1. Von der weltlichen zur kirchlich fundierten Ehe 108
2. Die Ehe als Schöpfungsordnung und Gegenstand des weltlichen Rechts 110
3. Luthers Verständnis der Ehe 112
4. Elternschaft und Askese: Zur Konkurrenz zweier Lebensformen 114
5. Der Alltag als Raum der Lebensführung 116

II. Ehe und Familie als eigenständige Lebensformen bei Karl Barth 121
1. Die Einheit von Ethik und Dogmatik 121
2. Die Schöpfungsgeschichten in der exegetischen Diskussion 123
2.1 Die Gottebenbildlichkeit von Mann und Frau 123
2.2 Die Mann-Frau-Beziehung als Erwählungsgeschehen 126
2.3 Die christologische Deutung 127
3. Ethische Implikationen der theologischen Anthropologie 131
3.1 Diskurse um Geschlechterkonstruktion 131
3.2 Die Ordnung der Geschlechter 132
3.3 Die Ehe als exemplarische Darstellung des Bundes 136
4. Die Bedeutung der Familie 139
4.1 Vorrang des Eros vor der Nachkommenschaft 139
4.2 Familie als eigenständige Lebensform 141
4.3 Der Erziehungsauftrag der älteren Generation 144
5. Das Tätigsein und Arbeiten 146

III. Ehe als Grundstruktur ethischer Lebensformen bei Trutz Rendtorff 148
1. Die Lebensführung als Grundlegung der Ethik 148
2. Die Ehe und Familie als ethische Lebensformen 152
3. Die Ehe und andere Lebensformen 157
4. Die Verschiedenheit der Lebensführung von Mann und Frau 161
5. Familienplanung und verantwortliche Elternschaft 163

IV. Ehe und Familie als Institution und Leitbild in Stellungnahmen der EKD 166
1. Wahrnehmung des gesellschaftlichen Wandels 166
2. Das Leitbild der Ehe als göttliche Institution 169
2.1 Was Gott zusammengefügt hat, darf der Mensch nicht scheiden 169
2.2 Die Schöpfungsgeschichten 171
3. Die Unterscheidung zwischen weltlicher und geistlicher Dimension 174
3.1 Zur Veränderung des Personenstandsgesetzes 175
4. Das Leitbild als ethische Ausgestaltung der Beziehung 178
4.1 Verbindlichkeit 179
4.2 Sexualität und Generativität 180
4.3 Innere Ausgestaltung der Beziehung 181
5. Der kindzentrierte Ansatz 183
5.1 Das Kind-Eltern-Verhältnis 183
5.2 Die biblisch-theologische Argumentation 187

Vierter Teil – Perspektiven einer Ethik der Familie

I. Familie als kulturelle Aufgabe 191
1. Die Familie als kontextabhängige Universalie 191
2. Die Familienmetapher im Kontext der Nachfolgeproblematik 192
3. Intentionales Familienverständnis 194

II. Alltagsorientierung und Lebensvollzug 197
1. Identität und Stabilisierungsleistungen 197
2. Narrationen, Texte und Bilder 198
3. Ambivalenz als Deutungskategorie biblischer Familiengeschichten 201

III. Familie zwischen Autonomie und Dependenz 204
1. Familie als weltzugewandte Gemeinschaft 204
2. Die Familie im Spannungsfeld unterschiedlicher Handlungslogiken 205

Schlussbetrachtung

1. Familie im Wandel 211
2. Lebensformen 211
3. Familie – Staat – Gesellschaft 212
4. Ausblick 214

Literatur 215