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Fabelhafte Rebellen Die frühen Romantiker und die Erfindung des Ich
Fabelhafte Rebellen
Die frühen Romantiker und die Erfindung des Ich




Andrea Wulf

C. Bertelsmann
EAN: 9783570103951 (ISBN: 3-570-10395-1)
528 Seiten, hardcover, 15 x 23cm, Oktober, 2022

EUR 30,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Seit wann genau kreist unser Denken und Handeln um uns selbst, um unser Ich? Seit wann erwarten wir, dass wir allein über unser Leben bestimmen?

Ende der 1790er Jahre, als die meisten Staaten in Europa noch im eisernen Griff absolutistischer Herrscher waren, wagte eine Gruppe von Denkern in der kleinen Universitätsstadt Jena, das Ich in den Mittelpunkt ihres Denkens, Schreibens und Lebens zu stellen und entfachte damit eine Revolution des Geistes.

Zu diesen fabelhaften Rebellen gehörten die Dichter Goethe, Schiller und Novalis, die Philosophen Fichte, Schelling und Hegel, die genialen Schlegel-Brüder sowie der junge Wissenschaftler Alexander von Humboldt und ihre Muse, die mutige und freigeistige Caroline Schlegel. Ihr Leben bewegte sich zwischen wortreichen Auseinandersetzungen, aufsehenerregenden Skandalen, leidenschaftlichen Liebesaffären und vor allem radikalen Ideen.

In ihrem inspirierenden Buch erzählt Bestsellerautorin Andrea Wulf deswegen nicht nur von dem wohl turbulentesten Freundeskreis der deutschen Geistesgeschichte, sondern erklärt auch, warum wir bis heute zwischen den Gefahren der starken Ichbezogenheit und den aufregenden Möglichkeiten des freien Willens schwanken.
Rezension
Caroline Schlegel-Schelling, August Wilhelm Schlegel, Friedrich Schlegel, Dorothea Schlegel, Friedrich W. J. Schelling, Novalis, Johann Gottlieb Fichte, sie alle wirkten um 1800 in Jena. Die thüringische Universitätsstadt – nicht Weimar – bildete zwischen 1794 bis 1803 das geistige Zentrum „Deutschlands“, genauer des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Während die Französische Revolution 1789 den politischen Sturz des Absolutismus bewirkte, kam es im Reich ‚nur‘ zu einer „Geistesrevolution“. Einzige Ausnahme bildete die Mainzer Republik 1793, an der auch der Naturforscher und Revolutionär Georg Forster mitwirkte, mit dem Caroline Böhmer verkehrte. Die „Democratin“ wurde aufgrund ihrer Kontakte zu den Jakobinern in Festungshaft gesetzt. 1796 heiratete sie August Wilhelm Schlegel und zog mit ihm nach Jena. Nach der Scheidung von ihm heiratete sie Friedrich Schelling. Welche Ideen und Denkfiguren wurden in der dortigen Gelehrtenrepublik, dem Jenaer Kreis, entwickelt? Entdeckten die Denker:innen das Ich und begründeten die Frühromantik? Identifizierten sie Freiheit als Willensfreiheit? An welchen kulturellen Veranstaltungen nahmen die Mitglieder teil? Gab es persönliche Annäherungen und Spannungen zwischen ihnen?
Antworten auf diese Fragen liefert die Sachbuchautorin Andrea Wulf (*1972) in ihrem historisch fundierten und unterhaltsam geschriebenen Werk „Magnificent Rebels: The First Romantics and The Invention of the Self“, erschienen 2022. Im selben Jahr erschien das Buch in der deutschen Übersetzung von Andreas Wirthensohn unter dem Titel „Fabelhafte Rebellen. Die frühen Romantiker und die Erfindung des Ich“ bei C. Bertelsmann. Bekanntheit erlangte die Autorin durch ihre preisgekrönte Biographie „Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur“(dt. 2016), welche in 21 Sprachen übersetzt wurde. In ihrem neuen Werk beleuchtet Wulf verständlich zentrale Gedankensplitter der führenden Köpfe des Jenaer Kreises. Dabei berücksichtigt sie auch den Einfluss Johann Wolfgang von Goethes, Friedrich Schillers und Alexander von Humboldts. Manches Zitat der Philosoph:innen hätte allerdings eine begrifflich genauere Interpretation erfahren können. Wulf spricht dem Jenaer Kreis eine weltverändernde Bedeutung zu, da von seinen Repräsentant:innen die „Kunst, ichbezogen zu sein“ erfunden wurde. Dabei hätte gerade Friedrich Schlegels Bildungstheorie, in dessen Zentrum der Umgang mit dem Fragmentarischen steht, genauer gewürdigt werden können.
Wulf liefert in ihrem neuen, schön illustrierten Sachbuch keine neuen Forschungsergebnisse zum Jenaer Kreis und diesen in einer Darstellung zu würdigen ist auch nicht neu. 2018 veröffentlichte der in Philosophie mit einer Arbeit über Schellings Philosophie promovierte Peter Neumann sein fachlich hervorragendes Sachbuch „Jena 1800. Die Republik der freien Geister“, das von Wulf nicht einmal im Literaturverzeichnis Erwähnung findet. Wulfs neues Werk jedenfalls motiviert alle Philosophie- und Deutschlehrkräfte, dem im schulischen Unterricht vernachlässigten Deutschen Idealismus und der Frühromantik mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Fazit: Andrea Wulf hat mit ihrem auch für philosophische Laien gut lesbarem Bestseller „Fabelhafte Rebellen“ die Bedeutung der einstigen Denkmetropole Jena für die Denkrevolution gewürdigt und zugleich allen an deutscher Geistesgeschichte Interessierten sehr gutes Histotainment geliefert.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Der neue Bestseller von Andrea Wulf - »›Fabelhafte Rebellen‹« ist eine Möglichkeit, die deutsche Geistesgeschichte zum Tanzen zu bringen, sie für sich persönlich zu entdecken und unglaublich viel für das eigene Leben zu lernen.« Denis Scheck
Seit wann genau kreist unser Denken und Handeln um uns selbst, um unser Ich? Seit wann erwarten wir, dass wir allein über unser Leben bestimmen?
Ende der 1790er Jahre – als die meisten Staaten in Europa noch im eisernen Griff absolutistischer Herrscher waren – galt die Idee vom freien Individuum als brandgefährlich. Und doch wagte zu dieser Zeit eine Gruppe von Denkern in der kleinen Universitätsstadt Jena, das Ich in den Mittelpunkt ihres Denkens, Schreibens und Lebens zu stellen. Zu diesen fabelhaften Rebellen gehörten die Dichter Goethe, Schiller und Novalis, die Philosophen Fichte, Schelling und Hegel, die genialen Schlegel-Brüder sowie der junge Wissenschaftler Alexander von Humboldt und ihre Muse, die mutige und freigeistige Caroline Schlegel.
Während die Französische Revolution die politische Landschaft Europas veränderte, entfachten diese jungen Romantiker in Jena eine Revolution des Geistes. Ihr Leben bewegte sich zwischen wortreichen Auseinandersetzungen, aufsehenerregenden Skandalen, leidenschaftlichen Liebesaffären und vor allem radikalen Ideen. Ihre Gedanken über die kreative Macht des Ich, den Anspruch von Kunst und Wissenschaft, die Einheit von Mensch und Natur und die wahre Bedeutung von Freiheit sollten nicht nur das Werk vieler Maler, Dichter und Musiker beeinflussen, sondern prägend werden für unser Naturverständnis, unsere Gesellschaftsentwürfe und unsere Sehnsucht nach einem selbstbestimmten Leben.
In ihrem inspirierenden Buch erzählt Bestsellerautorin Andrea Wulf deswegen nicht nur von dem wohl turbulentesten Freundeskreis der deutschen Geistesgeschichte, sondern erklärt auch, warum wir bis heute zwischen den Gefahren der starken Ichbezogenheit und den aufregenden Möglichkeiten des freien Willens schwanken. Denn die Entscheidung zwischen persönlicher Erfüllung und zerstörerischem Egoismus, zwischen den Rechten des Einzelnen und unserer Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft und künftigen Generationen ist heute so schwierig wie damals.
»Niemand bringt einem die Geistesgeschichte so packend und aufregend nahe wie Andrea Wulf [...] Ein Buch, das Erkenntnis stiftet und Aufklärung bietet über unser eigenes Ich.«
Denis Scheck in SWR »lesenswert« (20. October 2022)
Inhaltsverzeichnis
Karten 12
Prolog 17
TEIL I:
ANKUNFT
1 »Ein glückliches Ereignis«
Sommer 1794: Goethe und Schiller 41
2 »Ich bin ein Priester der Wahrheit«
Sommer 1794: Fichtes Ich-Philosophie 62
3 »Die besten Köpfe der Nation«
Winter 1794 - Frühjahr 1795: Alle Wege führen nach Jena 80
4 »Wo wir uns durch eine Geistesreibung elektrisierten«
1795-1796: Liebe, Leben, Literatur 96
5 »Die Filosofie ist ursprünglich ein Gefühl«
Sommer 1796: Verliebter Novalis 118
6 »Unser prächtiger Kreis«
Sommer - Winter 1796: Die Schlegels treffen ein 131
TEIL II:
EXPERIMENTE
7 »Unsere kleine Akademie«
Frühjahr 1797: Goethe und Alexander von Humboldt 155
8 »Greift doch eine Handvoll Finsterniß«
Sommer - Winter 1797: Novalis’ Todeswunsch 176
9 »Erhabne Frechheit«
Winter 1797 - Frühjahr 1798: Die Morgendämmerung
der Romantik 191
10 »Symphilosophie«
Sommer 1798: Eine Auszeit in Dresden und
Schellings Ankunft 210
TEIL III:
VERBINDUNGEN
11 »Eins zu sein mit allem, was lebt«
Herbst 1798 - Frühjahr 1799: Schellings Naturphilosophie 227
12 »Götzendiener, Atheisten, Lügner«
1799: Skandale, Teil 1 - Fichtes Entlassung 240
13 »Man verliert sich in einem Schwindel«
1799: Skandale, Teil 2 - Scheidung, Frauen und Sex 252
14 »Die Schlegelsche Clique«
Herbst 1799: Arbeit und Vergnügen 265
15 »Der feierliche Ruf zu einer neuen Urversammlung«
November 1799: Ein Treffen in der Leutragasse 280
TEIL IV:
ZERSPLITTERUNG
16 »Eine Republik von lauter Despoten«
Winter 1799 - Sommer 1800: Entfremdungen 297
17 »O welch ein schwarzer Nebel«
Sommer 1800 - Frühjahr 1801: Die Finsternis bricht an 314
18 »Wenn Philosophen wie ausgehungerte Ratten sich einander
selber auffressen«
Frühjahr 1801 - Frühjahr 1803: Trennungen 333
19 »Gegenwärtige Auswanderungen«
1804 - 1805: Jena verstummt 355
20 »Die Franzosen sind in der Stadt!«
Oktober 1806: Die Schlacht bei Jena 368
Epilog 387
ANHANG
Dank 417
Abkürzungen 421
Anmerkungen 421
Literatur und Quellen 499
Bildnachweis 517
Register 519