|
»Es gibt kein Himmelreich auf Erden«
Heinrich Margulies - ein säkularer Zionist
Zugl.: Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam, 2013
Vera Regine Röhl
Königshausen & Neumann Verlag
EAN: 9783826054211 (ISBN: 3-8260-5421-0)
304 Seiten, paperback, 16 x 24cm, 2014
EUR 39,80 alle Angaben ohne Gewähr
|
|
Umschlagtext
»Ein deutscher Zionist und eine bis dato so gut wie unbekannte Facette des deutschen Zionismus ist neu entdeckt: Heinrich Margulies. (...) Was hat die Forschung in den letzten Jahrzehnten eigentlich gemacht?«
Christoph Schulte
Rezension
Diese Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam bietet eine Biographie des weitgehend unbekannten und unerforschten, aus Kattowitz stammenden, 1925 nach Palästina eingewanderten Zionisten und Nationalökonomen Heinrich Margulies (1890-1989), dessen leidenschaftliches Plädoyer für einen säkularen jüdischen Staat und ein aufgeklärtes Staats- und Gesellschaftsmodell u.a. einem jungen Martin Buber und religiösen Bestrebungen im deutschsprachigen Zionismus widersprach. Darin spiegelt sich grundlegend die Frage nach dem Selbstverständnis des Staates Israel. Margulies plädierte für einen säkularen jüdischen (Vielvölker-)Staat in Palästina - und eine Koexistenz mit der arabischen Bevölkerung, und vertrat damit einen ungewöhnlichen und umstrittenen Ansatz in der Diskussion um das Selbstverständnis und die Verfasstheit des jüdischen Staates. Genau hier wird deutlich, wie hochaktuell diese Position im gegenwärtigen palästinensich-israelitischen Konflikt sein könnte.
Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
"Religion ist Privatsache und sie zu rauben keine größere Gewalttat, als sie aufzuzwingen." schreibt Heinrich Margulies (1890-1989) in seiner ,Kritik des Zionismus’, die 1920 bei Löwit in Berlin und Wien erschien. Margulies stammte aus Kattowitz und lebte bis zu seiner Einwanderung nach Palästina im Jahr 1925 in Breslau, Berlin, Leipzig, Wien und Mailand und fiel in der zionistischen Bewegung früh durch sein leidenschaftliches Plädoyer für einen säkularen jüdischen Staat auf. Als Nationalökonom und späteres Direktoriumsmitglied der israelischen Nationalbank wies er auch immer wieder auf die Notwendigkeit wirtschaftlicher Konzepte für das zionistische Projekt hin. Er entwarf mit seiner ,Kritik des Zionismus’ ein aufgeklärtes Staats- und Gesellschaftsmodell, das den damaligen Tendenzen im deutschsprachigen Zionismus entgegentrat, Nationalismus und Mystizismus zu verbinden - und bezog damit Position gegen den jungen Martin Buber und seine Anhänger. Die Biographie von Heinrich Margulies, die hiermit erstmals vorliegt, spiegelt die weiterhin unbeantworteten Fragen nach dem Selbstverständnis des Staates Israel wider. Margulies plädierte für einen säkularen jüdischen (Vielvölker-)Staat in Palästina - und eine Koexistenz mit der arabischen Bevölkerung, und vertrat damit einen ungewöhnlichen, umstrittenen und letztlich hochaktuellen Ansatz in der Diskussion um das Selbstverständnis und die Verfasstheit des jüdischen Staates.
Die Autorin Vera Regine Röhl ist Sozial- und Geisteswissenschaftlerin und lebt in Berlin. Sie hat an der Universität Potsdam Jüdische Studien und Politikwissenschaft studiert und legt hier ihre Dissertationsschrift vor, die sie im Oktober 2013 an der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam erfolgreich verteidigte.
Inhaltsverzeichnis
Einführung in den Gegenstand der Arbeit und Anmerkungen zum biographischen Schreiben 13
1 Kindheit und Jugend in Kattowitz und Breslau, Studium in Leipzig — frühes zionistisches Engagement 21
1.1 Elternhaus und Bildung 21
1.1.1 Bekanntschaft mit Arnold Zweig und Die Gäste 24
1.2 Erstes zionistisches Engagement und Studium in Leipzig 29
1.2.1 Tendenzrede vom 05. September 1908 29
Exkurs: Die Entstehung des deutschen Zionismus 34
1.2.2 Studium in Leipzig: „dass ich jüdisch-national gesinnt bin und außerhalb jeder religiösen Grundlage stehe." 37
1.2.3 Intermezzo in Breslau 43
1.2.4 Margulies, der Anti-Liberale: „Darf sich unsere Jugend jüdisch-liberal organisieren?" 48
2 Heinrich Margulies und Martin Buber: Ringen um Ideen und Werte 59
2.1 Der Anhänger Bubers: Krieg als nationales Erweckungserlebnis 61
2.2 Margulies „im Felde": Zeit zum Umdenken 70
2.3 Der Gegner Bubers: Margulies gegen „die Vergeistigung des Zionismus" 73
2.3.1 „Wege und Irrwege": Wohin strebt die jüdische Renaissance? 78
2.3.2 „Quo vadis domine?": Margulies' offene Distanzierung von Buber 94
2.3.3 Martin Bubers Reaktion: „Träger, Gefäß, Erlebender meiner Idee" 111
2.3.3 Der Jüdische Jugendtag in Wien im Mai 1918: „nur bis Damaskus gekommen" 115
2.4 Die Kulturzionistische Fichterezeption und Martin Bubers Nationsbegriff 125
2.4.1 Die Idee der Nation bei Martin Buber 128
2.4.2 Die Fichte-Rezeption im Kulturzionismus — einige Beispiele von Mitgliedern der Prager Studentenvereinigung Bar Kochba 132
2.4.3 Die Idee der Nation bei Johann Gottlieb Fichte und den Bar Kochba-Zionisten: „Gestaltung des Lebens aus dem Geiste" 139
3 Heinrich Margulies' Kritik des Zionismus (1920): Ein Plädoyer für einen säkularen jüdischen Staat 147
3.1 Die argumentative Grundlage: Verweltlichung des Volksbegriffs 150
3.1.1 Theorie der menschlichen Kräfte: Sittlichkeitsstreben und Machtstreben 153
3.1.2 Theorie der Geschichte: ein Parallelogramm der widerstrebenden Kräfte 158
3.2 Gemeinschaft und Gesellschaft im säkularen Staat bei Heinrich Margulies 162
3.2.1 Abgrenzung von Ferdinand Tönnies und Martin Buber 165
3.3 Margulies' Nationsbegriff und die „Legende vom heiligen Volk" 170
3.3.1 Die Legende vom heiligen Volk — warum „unglückselig"? 175
Exkurs: Auf der Suche nach der säkularen Geschichte des Judentums —Margulies' Altertums- und Tanach-Forschungen 183
Der Kampf zwischen Bagdad und Suez im Altertum (1916) und Der Pharao Josephs (1963) 183
Christlich Jüdische Koexistenz (1965/66) 191
3.4 Zukunftsvisionen: Nationalitätenstaaten in Europa und ein binationaler Staat in Palästina 195
3.5 Synthetischer Zionismus: Heinrich Margulies in der Galuth-Palästina-Debatte 202
3.5.1 Diskussion mit Adolf Böhm 208
3.6 Palästina-Realismus 219
3.6.1 Repatriierung 221
3.6.2 Palästina 1947/67: »der Realität nach ein binationales Land" 224
4 Die Wirtschaft: Basis für den Zionismus Margulies' 229
4.1 Pläne für ein Jüdisches Wirtschaftsarchiv 232
4.2 Die Zionistische Finanzwirtschaft von 1922: Programm für eine national-rechtsliberale Partei in der zionistischen Bewegung 240
4.3 Pläne für den wirtschaftlichen Aufbau Palästinas — Wirtschaftsrevisionismus 253
4.4 Margulies im Herzl-Bund, Vereinigung zionistischer Kaufleute 260
4.4.1 Die Ära Margulies 269
4.5 Aliya über Italien und Aufbauarbeit für den jüdischen Staat 273
5 Zusammenfassung und Forschungsausblick 279
Quellenverzeichnis 291
Personenregister 301
|
|
|