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Ernstfall Nietzsche Debatten vor und nach 1989
Ernstfall Nietzsche
Debatten vor und nach 1989




Jürgen Große

Aisthesis Verlag Bielefeld
EAN: 9783895287718 (ISBN: 3-89528-771-7)
148 Seiten, kartoniert, 13 x 21cm, Februar, 2010

EUR 17,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Das Werk von Friedrich Nietzsche hat stets polarisiert. Im 20. Jahrhundert entsprachen die Hauptlinien der Nietzschedeutung meist dem Grabenverlauf des Kalten Krieges. Daran konnte auch die Nietzscherenaissance wenig ändern, die von der enttäuschten Linken Westeuropas her allmählich in den Ostblock eindrang. Im Gegenteil: Die Nietzschedebatte kurz vor dem Ende der DDR und der sogenannte deutsche Literaturstreit kurz danach bezeugten eindrucksvoll das Fortwirken liebgewordener Feindbilder. Die Literaturwissenschaftler Wolfgang Harich und Karl Heinz Bohrer agierten hüben und drüben jeweils als Strategen von Weltanschauungskämpfen, die in den beiden Debatten kulminierten, sie aber überdauern sollten. Der Pazifist und der Bellizist, der Nationalkommunist und der Trans­atlantiker, der Heinrich-Mann-Preisträger der Ulbricht- und jener der Merkel-Republik verkörpern dabei in verblüffenden Parallelen den Typus Gesinnungskrieger, dem Nietzsche zum Ernstfall werden muß.

Jürgen Große, Jahrgang 1963, Dr. habil., lebt als freier Autor in Berlin. Jüngere Veröffentlichungen: Philosophie der Langeweile (2008), Nach dem Vergnügen. Kompendium zur bürgerlichen Passion (2009), Fünf Zeitbilder. Geschichtsphilosophische Glossen (2010).
Rezension
Nicht viele Philosophen bieten in ihrem Werk so viel Raum für freie Auslegung, dass unterschiedlichste Weltanschauungen darin gleichzeitig ein Fundament für ihre Ideologie heranziehen können. Nietzsche jedoch schon. In "Ernstfall Nietzsche" stellt Jürgen Große mit den Literaturwissenschaftlern Wolfgang Harich und Karl Heinz Bohrer zwei Typen der Nietzschedebatte in der späten DDR und seit den 1990er Jahren gegenüber. Auf der einen Seite steht der ostintellektuelle Nietzschehasser Harich, der von einer ideologischen Steuerung der Politik träumt, und auf der anderen Seite der nietzschezitierende Bohrer, der sich nach Weltläufigkeit sehnt. Konträrer kann eine Debatte nicht laufen. Gleichzeit wirft die Gegenüberstellung aber auch ein neues Licht auf Nietzsches Denken, indem der Leser seinen eigenen Weg im gedanklichen Irrgarten der Diskussion finden muss. Das Buch bietet keinen Leitfaden, sondern erörtert essayistisch verschiedenste Aspekte des philosophischen Zeitgeschehens. Hintergrundwissen ist dabei Voraussetzung, sodass der Einsatz für schulische Zwecke nur begleitend bzw. unterstützend erfolgen kann.

Georg Pfahler, lehrerbibliothek.de