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Ein neues Zeitalter des Wissens? Kritische Beiträge zur Diskussion über die Wissensgesellschaft
Ein neues Zeitalter des Wissens?
Kritische Beiträge zur Diskussion über die Wissensgesellschaft




Peter Streckeisen, Michael Gemperle (Hrsg.)

seismoverlag
EAN: 9783037770450 (ISBN: 3-03-777045-7)
280 Seiten, kartoniert, 16 x 22cm, März, 2007

EUR 28,00
alle Angaben ohne Gewähr

Rezension
Im Politik- bzw. Gemeinschaftskundeunterricht lernen die Schüler, dass ab den 1960er Jahren in Westeuropa ein Übergang von der traditionellen Industriegesellschaft zur postindustriellen Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft einsetzte. Während in den Medien die neue Wissensgesellschaft oftmals als Befreiung des Individuums gefeiert wird, mehren sich in der Soziologie seit Mitte der 1980er Jahre kritische Stimmen. Zum Beispiel verbreitete der Münchner Soziologieprofessor Ulrich Beck die Begriffe „Risikogesellschaft“, „Zweite Moderne“ und „Weltrisikogesellschaft“.
Auf einem Workshop des Jahreskongresses der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie 2003 mit dem Thema „Triumph und Elend des Neoliberalismus“(vgl. meine Rezension unter www.lbib.de) wurde die Wissensgesellschaft kritisch beleuchtet. Diese Referate sind 2007 in dem Sammelband „Ein neues Zeitalter des Wissens? Kritische Beiträge zur Diskussion über die Wissensgesellschaft“ abgedruckt. Die Herausgeber Michael Gemperle und Peter Streckeise verfolgen mit ihrem, im „Seismo Verlag“ erschienenen Buch die Intention, „einen Beitrag zum Brückenschlag zwischen der kritischen Auseinandersetzung mit soziologischen Konzepten und empirischen Forschungen zu leisten.“(S. 48) Die Betriebs- und Wissenssoziologen zeigen in ihren Beiträgen auf, wie die Ideologie des heutigen Neoliberalismus zu einer Bedrohung partizipatorischer und emanzipativer Strömungen in der Wissensgesellschaft führt. So spricht zum Beispiel Oliver Schöller in seinem Beitrag „Vom Bildungsbürger zum Lernbürger“ von einer „Refeudalisierung“(S. 274) des Bildungssystems durch neoliberale Programme im Bildungssektor. Dabei entlarvt er das in der Gesellschaft propagierte verbreitete Konzept vom „lebenslangen Lernen“ als ideologisches Werkzeug zur Panökonomisierung des Bildungssystems.
Fazit: Jeder Politik- und Gemeinschaftskundelehrer, der sich differenziert den ‚Schattenseiten‘ unserer Wissensgesellschaft auseinandersetzen möchte, wird dem Buch „Ein neues Zeitalter des Wissens?“ aus dem „Seismo Verlag“ aktuelles soziologisches Wissen zur Neoliberalismusdebatte entnehmen können.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Führungskräfte der Wirtschaft, Politiker wie auch wissenschaftliche Experten behaupten, wir befänden uns im Übergang zu einer neuen Gesellschaft, deren zentrales Organisationsprinzip das «Wissen» darstellt. Mit der Aufforderung «lebenslang zu lernen» und ins eigene «Humankapital» zu investieren, werden Erwerbstätige und Arbeitslose dazu angehalten, selbst mehr Verantwortung für ihre Qualifikation zu übernehmen und auf bislang garantierte Rechte zu verzichten. Der Sammelband präsentiert kritische Studien zu den Widersprüchen, die sich hinter dieser neuen Weltsicht verbergen. Gefragt wird nach dem Realitätsgehalt und der politischen Bedeutung dieses Diskurses, der alle Mitglieder unserer Gesellschaft zu Unternehmern ihrer selbst machen will. Dazu werden Möglichkeiten skizziert, wie die technologischen und wirtschaftlichen Veränderungen, auf die sich die Propheten der Wissensgesellschaft berufen, anders interpretiert und zum Wohle aller genutzt werden können.
Die Beiträge stammen von Michalis-Michel Fragomichelakis, Technische Universität Crète (Griechenland); Michael Gemperle, Universität Basel; Roger Häußling, Universität Karlsruhe und Universität Koblenz-Landau, Alessandro Pelizzari, Universität Freiburg i.Ue.; Holger Schatz, Redaktor beim Denknetz Schweiz; Oliver Schöller, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung; Peter Streckeisen, Universität Basel; George Waardenburg, Universität Genf.

Inhaltsverzeichnis
Vorwort (Michael Gemperle und Peter Streckeisen) 7
Michael Gemperle und Peter Streckeisen
Einleitung zur Diskussion über die Wissensgesellschaft 9
Alessandro Pelizzari
Am Rande der Wissensgesellschaft? Neoliberale Arbeitsmarktintegration und milieuspezifische Unsicherheitsbewältigung von working poor 61
Roger Häußling
Zur kommunitaristischen Ethik aus dem Geiste des Neoliberalismus – Entindividualisierungstendenzen im Wissensmanagement am Fallbeispiel einer Vertriebsabteilung eines Industriekonzerns 82
Mihalis-Michel Fragomichelakis
Savoirs et compétences: objets-enjeux d‘antagonismes sociaux et idélogiques 114
Peter Streckeisen
Die Chemie der immateriellen Arbeit – Zur Aktualität einer materialistischen Analyse von Arbeit und Gesellschaft 146
Holger Schatz
Wertloses Wissen – Die Krise des Eigentumsprinzips und der Versuch, ihrer Herr zu werden 173
Michael Gemperle
Die Ideologie der Praxis – ein Instrument zur Privilegiensicherung in der „Wissensgesellschaft“ 193
George Waardenburg
La Suisse: une société du savoir basée sur l’apprentissage dual?
Oliver Schöller
Vom Bildungsbürger zum Lernbürger: Bildungstransformation in neoliberalen Zeiten 255
Autorenverzeichnis 280