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Ein Hof und elf Geschwister
Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben
Ewald Frie
Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406797170 (ISBN: 3-406-79717-2)
191 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, Februar, 2023
EUR 23,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Die stolze bäuerliche Landwirtschaft mit Viehmärkten, Selbstversorgung und harter Knochenarbeit ist im Laufe der Sechzigerjahre in rasantem Tempo und doch ganz leise verschwunden. Ewald Frie erzählt am Beispiel seiner Familie von der großen Zäsur. Mit wenigen Strichen, anhand von vielsagenden Szenen und Beispielen zeigt er, wie die Welt der Eltern unterging, die Geschwister anderen Lebensentwürfen folgten und der allgemeine gesellschaftliche Wandel das Land erfasste.
Zuchtbullen für die monatliche Auktion, Kühe und Schweine auf der Weide, Pferde vor dem Pflug, ein Garten für die Vorratshaltung – der Hof einträglich bewirtschaftet von Eltern, Kindern und Hilfskräften. Das bäuerliche Leben der Fünfzigerjahre scheint dem Mittelalter näher als unserer Zeit. Doch dann ändert sich alles: Einst wohlhabende und angesehene Bauern gelten trotz aller Modernisierung plötzlich als ärmlich und rückständig, ihre Kinder riechen nach Stall und schämen sich. Wege aus der bäuerlichen Welt weist die katholische Kirche mit neuer Jugendarbeit. Der Sozialstaat hilft bei Ausbildung und Hofübergabe. Schon in den Siebzigerjahren ist die Welt auf dem Land eine völlig andere. Staunend blickt man zurück, so still war der Wandel: «Mein Gott, das hab ich noch erlebt, das kommt mir vor wie aus einem anderen Jahrhundert.» Ewald Frie hat seine zehn Geschwister, geboren zwischen 1944 und 1969, gefragt, wie sie diese Zeit erlebt haben. Sein glänzend geschriebenes Buch lässt mit treffsicherer Lakonie den großen Umbruch lebendig werden.
„Frie beschreibt einen Verlust, den Untergang einer Welt. Frei von Nostalgie, mit klarem Blick. Eine fast vergessene Geschichte der Bundesrepublik scheint hinter Fries Gesprächen mit seinen Geschwistern auf.“
Tobias Rapp, Der Spiegel
„Wie Frie die allmähliche Lösung von einer Welt beschreibt, die durch körperliche Arbeit und Gebet strukturiert war, illusionslos und doch sensibel, … das hinterlässt großen Eindruck.“
Johan Schloemann, Süddeutsche Zeitung
Rezension
Wie sah das bäuerliche Leben nach dem Zweiten Weltkrieg im Münsterland aus? Welche Rolle spielten die Zuchtviehmärkte in der Halle Münsterland? Wer musste auf einem Hof welche Tätigkeiten übernehmen? Gab es Freizeit für die Hofgemeinschaft? Wie war das Verhältnis von Hof- und Dorfbewohner:innen? Welche Modernisierung erfuhr die Landwirtschaft in den 1960er Jahren? Welche Faktoren bedingten den Niedergang der Höfe? Wie unterstützte der Sozialstaat den gesellschaftlichen Aufstieg von Kindern, die auf dem Bauernhof aufwuchsen?
Fundierte Antworten auf diese historischen Fragen gibt Ewald Frie (*1962) in seiner Monographie „Ein Hof und elf Geschwister. Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben“, erschienen bei C.H.Beck - mittlerweile in elfter Auflage. Für sein neues Werk hat der Professor für Neuere Geschichte an der Universität Tübingen, bekannt durch seinen Bestseller „Die Geschichte der Welt“(4. Aufl. 2018), den Deutschen Sachbuch Preis 2023 erhalten. Dem Historiker gelingt es in seinen Ausführungen sehr gut, die Geschichte seines elterlichen Hofes mit der Geschichte des Münsterlandes und der Landwirtschaft im 20. Jahrhundert in der Bundesrepublik zu verbinden. Frie selbst ist auf einem Bauernhof in der Nähe des Dorfes Nottuln – zwischen Münster und Coesfeld - zusammen mit zehn Geschwistern aufgewachsen.
Für sein Buch hat der Wissenschaftler seine zwischen 1944 und 1969 geborenen Geschwister in Interviews befragt, wie sie das Aufwachsen auf dem elterlichen Hof erlebt haben, und hat deren Zitate gekonnt in seine quellengesättigte Darstellung eingebunden. Leser:innen erfahren u.a. detaillierte Informationen zu den Diskussionen über die Kriterien zur Vergabe des Siegerpreises bei der Stammbullenschau, über die einzelnen Arbeitsprozesse auf dem Hof, zu unterschiedlichen Antworten auf die Frage nach guter Hofarbeit, über die Bedeutung des Katholizismus für das Gewinnen von Weltbildern, über die Rolle der Frauenarbeit auf dem Hof, zur Gestaltung von Familienfeiern sowie über den Auszug von Geschwistern aus dem Bauernhof. Wer selbst auf einem Hof oder einem Dorf nach dem Zweiten Weltkrieg aufgewachsen ist, unternimmt bei den Schilderungen von Frie eine Reise in die Vergangenheit. Geschichtslehrkräfte werden durch das Buch motiviert, sich in ihrem Fachunterricht mit dem bäuerlichen Leben problemorientiert auseinanderzusetzen. Bei einer solchen Unterrichtseinheit bietet sich eine Exkursion zu einem Bauernhof an, auf dem gegebenenfalls mit Personen, die auf diesem noch leben, Interviews geführt werden können.
Fazit: Ewald Fries hervorragend lesbarer Bestseller „Ein Hof und elf Geschwister“ zeigt die Produktivität einer Verbindung von überindividueller historischer und autobiographischer Forschung. Das Buch verdient einen Platz in der Bibliothek alle am bäuerlichen Leben im 20. Jahrhundert Interessierten.
Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Frie, Ewald
Ein Hof und elf Geschwister
Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland.
Die stolze bäuerliche Landwirtschaft mit Viehmärkten, Selbstversorgung und harter Knochenarbeit ist im Laufe der Sechzigerjahre in rasantem Tempo und doch ganz leise verschwunden. Ewald Frie erzählt am Beispiel seiner Familie von der großen Zäsur. Mit wenigen Strichen, anhand von vielsagenden Szenen und Beispielen zeigt er, wie die Welt der Eltern unterging, die Geschwister anderen Lebensentwürfen folgten und der allgemeine gesellschaftliche Wandel das Land erfasste.
Zuchtbullen für die monatliche Auktion, Kühe und Schweine auf der Weide, Pferde vor dem Pflug, ein Garten für die Vorratshaltung – der Hof einträglich bewirtschaftet von Eltern, Kindern und Hilfskräften. Das bäuerliche Leben der Fünfzigerjahre scheint dem Mittelalter näher als unserer Zeit. Doch dann ändert sich alles: Einst wohlhabende und angesehene Bauern gelten trotz aller Modernisierung plötzlich als ärmlich und rückständig, ihre Kinder riechen nach Stall und schämen sich. Wege aus der bäuerlichen Welt weist die katholische Kirche mit neuer Jugendarbeit. Der Sozialstaat hilft bei Ausbildung und Hofübergabe. Schon in den Siebzigerjahren ist die Welt auf dem Land eine völlig andere. Staunend blickt man zurück, so still war der Wandel: «Mein Gott, das hab ich noch erlebt, das kommt mir vor wie aus einem anderen Jahrhundert.» Ewald Frie hat seine zehn Geschwister, geboren zwischen 1944 und 1969, gefragt, wie sie diese Zeit erlebt haben. Sein glänzend geschriebenes Buch lässt mit treffsicherer Lakonie den großen Umbruch lebendig werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Familie, Bauerschaft und Dorf • 7
Elf Geschwister • 7
Siebzehn Höfe • 16
Viele im Dorf • 20
2. Die Jahre meines Vaters • 25
Züchten • 30
Arbeiten • 46
Glauben • 62
Feiern • 72
3. Die Jahre meiner Mutter • 81
Ankommen • 86
Gestalten • 94
Anpassen • 108
Entwerfen • 121
4. Auszug • 129
Siebzehn A • 129
Elf • 141
Zwei • 155
5. Nachwelten • 161
Dank • 171
Die Geschwister • 172
Anmerkungen • 173
Quellen • 186
Literatur • 187
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