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Die deutsche Krankheit - German Angst
Sabine Bode
Klett-Cotta
EAN: 9783608944259 (ISBN: 3-608-94425-7)
287 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 13 x 21cm, 2007
EUR 19,95 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
»Von German Angst spricht man im Ausland mit Blick auf unsere kollektive Gefühlslage. Aber Angst wovor?«
Wolfgang Thierse
Mutlosigkeit ist in Deutschland ein allgemein verbreitetes Phänomen geworden, das lange vor Hartz IV, vor den Folgen der Globalisierung wie der Abwanderung von Arbeitsplätzen sichtbar wurde. Ihr können unbewußte vagabundierende Ängste zugrunde liegen, die von unverarbeiteten Kriegserlebnissen herrühren und die sich aus Scham und aus einem tiefen Mißtrauen gegenüber der deutschen Mentalität speisen. Leid und Schuld wurden nicht ausreichend betrauert. Das Führte zu Irritationen, die bis in die heutige Jugendgeneration weitergegeben werden. Die unbewußten Existenzängste der Deutschen in Ost und West wurden lange durch eine kostspielige StaatsFürsorge -im Westen übrigens ebenso wie in der DDR - in Schach gehalten. Ein unsichtbarer Deal zwischen Wählern und Politikern: Der Sozialstaat durfte nicht abspecken.
Wie stark das politische Handeln der Eliten, aber auch vor allem ihr Unterlassen, ihre Furcht vor einschneidenden ReFormen auF die Verluste als Kriegskinder zurückzuFühren sind, ist uns nicht bewußt. Ihre Kriegs-erFahrungen haben die meisten kleingeredet. Doch wie stark ihnen »das bißchen Krieg« in den Knochen steckte, das haben sie erst im Alter gemerkt.
Die kollektiven Ängste aus der Vergangenheit wurden und werden an die Jüngeren weitergegeben und sind eine Last Für unsere ZukunFt. Dennoch: wir könnten eine Menge tun, um die German Angst zu überwinden. Und das wäre nicht einmal teuer.
Rezension
Nicht nur das Jammern scheint eine typisch deutsche Mentalität zu sein. Es ist noch schlimmer: Wir sind ein überaus ängstliches Volk, das Mutlosigkeit und Schwarzmalerei vor sich trägt. Unverarbeitete und traumatisierende Kriegserfahrungen werden von Generation zu Generation weitergegeben. Und diese Erfahrungen scheinen ein ganzes Volk zu prägen. Im Ausland hat man dafür einen speziellen Begriff geprägt: German Angst. Das vorliegende Buch setzt sich mit dem Phänomen dieser kollektiven Angst fachkundig und tiefgehend auseinander. Sabine Bode hat viele Gespräche geführt, in denen Menschen über ihre Erfahrungen in der Kriegszeit, dem Berufsleben oder den Familien berichteten. Und so bringt sie ein wenig Licht in diese teilweise dunklen Erfahrungen, die ein ganzes Volk prägen. Denn der einzige Weg, diese lähmende Last der Angst zu beseitigen, ist die konstruktive Auseinandersetzung damit. Um der Zukunft der nachfolgenden Generationen willen.
Arthur Thömmes, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort und Dank 13
ERSTES KAPITEL
Wie lang sind die Schatten? 15
Ein Nachkriegsspiel 17
Langweilige Stille der Nachkriegsjahre 18
Zerstörung macht Spaß 20
»Die Deutsche Krankheit« 22
Warum verkauft sich Angst so gut? 23
Es fehlt die Tiefenschärfe 24
Allgemeine Sprachlosigkeit 26
»Hitler war ja Westdeutscher« 27
Welche Denkmuster müssen wir auflösen? 29
Wer ist gut davongekommen? 31
Die Schlüsselrolle der Kriegskinder 32
Das Leid fruchtbar machen 34
Aus Ratlosigkeit wird Hoffnungslosigkeit 35
ZWEITES KAPITEL
»Nie wieder» und die Angst vor dem Nichts 39
Werden meine Kinder genug zu essen haben? 41
Endlich im Schlafanzug zu Bett gehen! 42
Kein Trauerverbot - aber eine Selbstzensur 44
Die Büchse der Pandora 46
»Endlich hat mal jemand davon angefangen « 48
Wenn nichts mehr so ist, wie es einmal war 50
Millionen Menschen litten unter Kriegsfolgen 52
Das gute Beispiel von Dresden 54
Unbewußte Prägungen 56
Tüchtig, unauffällig und »emotional gebremst« 58
Die Kohl-Ära führte in den Reformstau 59
Lachende Franzosen: die Deutschen als Angsthasen 61
Hans Koschnick und die Kriege 63
Statt Familiengeschichten nur dunkle Andeutungen 65
Große Aufregung über »Heuschrecken« 67
Ein pessimistischer Grundzug mit Tradition 69
DRITTES KAPITEL
Zwischen Rentenillusion und Panikmache 73
Eine schlecht gelaunte Sprache 75
Steinbrück und die etwas andere Sozialisation 76
Was war für die Bundesrepublik identitätsstiftend? 78
Ohne Psychologie nicht zu erklären 80
»Man kann ja doch nichts machen « 81
Eine Sanierung, die zu spät kommt, wird teuer 83
Norbert Blüm: »Eine Mentalitätskrise« 84
»Christian von der Post« kämpfte 87
Neid und Intrigen in der eigenen Partei 89
Es fehlte ein Machtwort 91
VIERTES KAPITEL
Kinder des Krieges in Zeiten des Friedens 93
Was die Gewalt lehrt 95
Moral statt Nüchternheit 96
Zeitgeschehen, das Biographien prägt 98
Das Trauma einer Familie 100
»Im Graben des Überlebens« 102
Angst, die Kindern eingeredet wurde 103
Blümchen auf Panzer 105
Die skeptische Generation 106
Eine ausgeschlagene Erbschaft 108
Dieter Wellershoff und die Freiheit 110
Ein einfühlsamer älterer Bruder 112
Der Tod der Mutter 113
FÜNFTES KAPITEL
Die verletzten Idealisten 117
Kriegsängste und ideologischer Kampf 119
Kein Blut für öl 121
Bloß keine Psychologie! 122
Die Katastrophen und die Kriegerin 124
Vorbild Albert Schweitzer 126
1968 - in eigener Sache 129
Verbotene Partys 130
Die Kinder waren Schulversager 133
Unruhige Studenten 134
Schluß mit dem braunen Geist! 136
SECHSTES KAPITEL
Der Blick von außen 139
Die Angst vor Liebe und vor Frieden 141
Wenn endlich alles gut wird, kommt der Teufel 143
Der Wiedervereinigung folgte die Depression 145
Kornblum - ein kenntnisreicher Ausländer 147
»Das Vergangene ist nicht tot« 150
Deutschlands Problem heute: von Freunden umgeben 151
Warten auf den Mißerfolg 153
Das Gift des Mißtrauens 156
SIEBTES KAPITEL
Dar Blick nach innen 159
Darauf warten, daß etwas schiefgeht 161
Der verdächtige Kuchen vom Kindergeburtstag 162
Kleine Kinder merken nichts? 165
Grausame Märchen wurden umgeschrieben 167
Ptttnerersatz für die Mutter 169
Was Generationen erben können 172
Hoffnungssignal Währungsreform 174
Das Drama der Erziehung 176
Verständnis für elterliche Gewalt 178
ACHTES KAPITEL
Können Vaterlose führen? 181
Am Grab eines Fremden 183
Eine Schockreaktion auf Panzer 185
»Vati kommt nie mehr zurück« 187
Die Sehnsucht nach einem vergessenen Helden 189
Peter Härtling, der große Bruder 191
Blinde Flecken in der Psychotherapie 193
Die Heimkehrer: deprimiert und kriegsversehrt 195
Von der Vaterlosigkeit zur Kinderlosigkeit 198
Der Faktor Zukunftsangst 200
Schwierige Ehen 202
Ein Buch über mutige Eltern 204
Der Vater wanderte aus 206
NEUNTES KAPITEL
Der vergiftete Boden 209
Kinder als Zeugen von Gewalt 211
Mißtrauen gegenüber den eigenen Landsleuten 212
Reflexe des Unbehagens auf deutsche Symbole 213
»Sei bereit, dein Land zu verlassen« 214
Die jungen »Unverkrampften« 217
Die blinden Flecken der Mitscherlichs 218
Konfrontation mit einem grauen Land 221
Die jüdische Herkunft störte 223
Keine echte Empathie für die Überlebenden 225
»Suchte die Revolution ein gutes Ende?« 226
Schuldgefühle - in eigener Sache 229
Das Ende der Verdrängung 230
Familienforschung 233
Austausch über eine Pilgerreise 235
German Angst im Ost-West-Vergleich 237
Die Wende beendete die Nachkriegszeit 239
ZEHNTES KAPITEL
Was ein Land zusammenhält 243
Erziehungsziel mündige Bürger 245
Der deutsche Umgang mit Problemen 247
Land ohne eigene Interessen 249
»Ein Volk von Radikalen« 250
Dauerthema Zuwanderung 253
Nebelfelder in der Politik 255
Störmanöver aus dem Unterbewußten 257
Der Vorwurf Larmoyanz 258
Mitgefühl oder moralische Verpflichtung?, 260
Eine Sternstunde im Bundestag 263
Familiengedächtnis gegen Erinnerungskultur 264
Hölderlin ein Nazi? 266
Der Umgang mit Ambivalenzen 268
Wer bist du, Deutschland? 269
Gedenkkultur hält eine Stadt lebendig 270
Wie versäumte Trauer nachgeholt werden kann 272
Zwei Hymnen mit Lücken 274
Eine kollektive Krankheit verstehen lernen 276
Anmerkungen 279
Personenregister 285
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