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Die aufgeregte Gesellschaft Wie Emotionen unsere Moral prägen und die Polarisierung verstärken
Die aufgeregte Gesellschaft
Wie Emotionen unsere Moral prägen und die Polarisierung verstärken



C. Bertelsmann
EAN: 9783570103623 (ISBN: 3-570-10362-5)
432 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, März, 2019

EUR 22,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Konservative Landbewohner mögen Hunde, moderne Städter lieber Katzen. Mit unserer Kleidung drücken wir auch eine politische Haltung aus. Weible werte machen Gesellschaften liberaler. Das sind keinev Klischees, sondern Erkenntnisse, die unsere moralische Identität betreffen, wie der Philosoph Philipp Hübl darlegt. Zwischen Traditionalisten und Kosmopoliten verstärkt sich weltweit die Polarisierung, wir leben in einer immer aufgeregteren Gesellschaft.

Hübl präsentiert provokante Gedankenexperimente und aktuelle Befunde der Psychologie. Er zeigt, aus welchen Gefühlsneigungen unsere Werte und Überzeugungen entspringen: aus Zorn, Angst, Ekel, Neugier, Scham und Mitleid. Wir sind der allgemeinen Aufregung aber nicht hilflos ausgeliefert, sondern in der Lage, Klarheit über uns zu gewinnen und selbst zu entscheiden, nach welchen Werten wir leben wollen.


Rezension
Warum erleben wir auf der Welt gegenwärtig eine Polarisierung? Wie hängen politische Präferenzen und moralische Vorstellungen zusammen? Welches sind die Werte der Progressiven, welches die der Konservativen? Woran erkennt man Populisten? Wie lässt sich der Rechtsruck erklären? Schützt Bildung vor Fremdenfeindlichkeit? Hängt gesellschaftlicher Fortschritt von universellen Werten ab? Diese Fragen der Ethik, Moralpsychologie, Soziologie und Politikwissenschaft werden gegenwärtig in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.
Antworten auf sie gibt der Philosoph Philipp Hübl in seinem neuen Buch „Die aufgeregte Gesellschaft. Wie Emotionen unsere Moral prägen und die Polarisierung verstärken“, erschienen bei C. Bertelsmann. In ihm knüpft der ehemalige Juniorprofessor für Philosophie an der Universität Stuttgart, Autor zahlreicher Beiträge in überregionalen Tageszeitungen und Kolumnist im „Philosophie Magazin“ an Themen an, die er in seinen Bestsellern „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012) und „Der Untergrund des Denkens“ (2015) bearbeitet hat.
So vertritt er in seinem jüngst erschienenen Werk unter Verweis auf Forschungsresultate der Moral- und Sozialpsychologie die These, dass sechs Emotionen (Zorn, Angst, Ekel, Neugier, Scham und Mitleid) die Basis unserer moralischen Werte und damit unserer politischen Positionen bilden. Gesellschaftliche und politische Polarisierungen liegen in den konträren Vorstellungen vom guten Leben, die unterschiedliche soziale Gruppen besitzen, begründet. Dabei wird von Hübl die Voraussetzung gemacht, dass für den Menschen, für das „moralische Tier“, die moralische Identität den Kern seiner Person bildet. Während Progressive, so der Philosoph in seiner etwas holzschnittartigen Gegenüberstellung, für die drei universellen Werte Fürsorge, Fairness und Freiheit eintreten, halten Konservative an den drei nicht-universellen, asymmetrischen Werten Autorität, Loyalität und Reinheit fest. Mithilfe dieser beiden Wertesysteme gelingt es Hübl in seiner Analyse, neue gesellschaftliche „Bruchlinien“ zu beleuchten, etwa die zwischen Land und Stadt, Nationalismus und Kosmopolitismus oder Vergangenheits- und Zukunftsorientierung.
In seinem an ein breites Publikum ohne philosophische Vorkenntnisse gerichteten Buch deckt der Philosoph manches in der Öffentlichkeit und von den Medien kolportiertes Vorurteil auf, beispielsweise dass Angst per se fremdenfeindliche Einstellungen hervorrufe oder dass wir moralische Entscheidungen ausschließlich aufgrund von Emotionen treffen würden und Gründe nur nachträgliche Rationalisierungen seien. Der von dem amerikanischen Moralpsychologen Jonathan Haidt vertretene soziale Intutionismus wird also von Hübl einer kritischen Analyse unterzogen. Haidts Position liegt ein naturalistischer Fehlschluss zugrunde, außerdem huldigt sie dem ethischen Relativismus, kann Hübl in seinem Buch überzeugend nachweisen.
Demgegenüber setzt Hübl auf die „Macht der Vernunft“ und die Willensfreiheit des Menschen, plädiert dafür, Offenheit als Tugend der Zukunft zu begreifen. Trotz einer zurzeit nachweisbaren globalen „autoritären Delle“ hält der Philosoph daran fest, dass Freiheit „auf Dauer immer gewinnen“ wird. Über diese optimistische Sichtweise Hübls lässt sich angesichts der globalen Umweltkrise und angesichts der von extremen Ambivalenzen geprägten Geschichte des 20. Jahrhunderts trefflich diskutieren.
Philipp Hübl kommt mit seinem neuen Buch „Die aufgeregte Gesellschaft“ das Verdienst zu, die ethische Dimension aktueller gesellschaftlicher und politischer Debatten fokussiert aufgezeigt zu haben. Dem Buch ist eine breite Leserschaft zu wünschen, was zur Versachlichung mancher Debatte beitragen könnte. Besondere Erwähnung verdient die didaktische Anlage des Werks: seine mit Problemfragen versehenen einzelnen Kapitel und ihre halbseitigen Zusammenfassungen unter dem Titel „Kurz gefasst“, Hübls funktionale Berücksichtigung von klassischen Gedankenexperimenten, Dilemmata und Beispielen in seinen Argumentationen, insbesondere aber seine gut verständliche Sprache und sein hervorragender Sprachstil. Deshalb können ausgewählte Textauszüge des Buches produktiv im Unterricht der Fächer Ethik, Philosophie oder Politik eingesetzt werden. Lehrkräften dieser Unterrichtsfächer sei daher die philosophische Gesellschaftsdiagnose „Die aufgeregte Gesellschaft“ zur Lektüre empfohlen.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Eine Gesellschaftsdiagnose aus philosophischer Sicht voller überraschender Erkenntnisse

Konservative Landbewohner mögen Hunde, moderne Städter lieber Katzen. Wutbürger sind eigentlich Ekelbürger. Angst macht nicht fremdenfeindlich. Politische Korrektheit ist ein Erkennungszeichen für Gruppenzugehörigkeit. Menschen leben dort streng religiös, wo es viele Parasiten gibt. Erkenntnisse wie diese präsentiert Philipp Hübl aus weltweiten wissenschaftlichen Untersuchungen. Seine Erklärung lautet: Emotionen prägen unsere moralische Identität und damit unsere politischen Präferenzen. Zwischen Traditionalisten und Kosmopoliten verstärkt sich die Polarisierung, wir leben in einer immer aufgeregteren Gesellschaft. Dabei geht es um die Frage, welche Werte ein gutes Leben ausmachen. Die Bruchlinien verlaufen zwischen Alt und Jung, Land und Stadt, Auto und Fahrrad, Tatort und Netflix, Vergangenheit und Zukunft. Wir sind der Aufregung aber nicht hilflos ausgeliefert, sondern in der Lage, selbst zu entscheiden, nach welchen Werten wir leben wollen.

»Richtig ist zweifellos: Es ist wichtig, unser moralisch relevantes Handeln nüchtern zu untersuchen. Wie viel es da zu berücksichtigen gibt, präsentiert Hübl auf beeindruckende Weise.«
Frankfurter Allgemeine Zeitung (07. Mai 2019)
Inhaltsverzeichnis
Inhalt

Einleitung
Der Mensch, das moralische Tier 9
Teil I: Moral 23
Teil II: Politik 133
Teil III: Gesellschaft 239
Ausblick
Die Zukunft der freien Gesellschaft 327
Anhang 339
Dank 339
Anmerkungen 341
Literatur 391
Personenregister 421
Sachregister 425