Venedig, Alexandria, Koptos, Konstantinopel, Tyros, Jerusalem, Mekka, Damaskus, Palmyra, Dura Europos, Bagdad, Isfahan, Bukhara, Samarkand, Tilla Tepe, Kaschgar, Dehli, Hotan, Dunhuang, Chang’an. Was haben diese Orte Europas, Afrikas und Asiens gemeinsam? Alle lagen an der sogenannten „Seidenstraße“. Mit diesem Begriff bezeichnete 1877 der Geograph Ferdinand von Richthofen das florierende Handelsroutennetz, das Ostasien zwischen dem 2. Jhd. v. Chr. und dem 14. Jhd. n. Chr. über Zentralasien mit dem Mittelmeerraum verband. Der Gütertransfer und der Handel mit Sklaven erfolgte überwiegend auf Karawanenwegen von China durch heutige Länder wie Mongolei, Indien, Sri Lanka, Pakistan, Afghanistan, Usbekistan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Aserbeidschan, Georgien, Armenien, Iran, Irak, Saudi-Arabien, Syrien, Ägypten, Türkei. Transportiert wurden u.a. Seide, Gewürze, Tee, Wein, Glas, Porzellan, Elfenbein, Gold, Silber, Lapislazuli, Jade und Musikinstrumente sowie die großen fünf Weltreligionen und kleinere Religionen wie der Zoroastrismus und der Maniächismus. Zu den immateriellen Gütern des Kulturtransfer zählten auch Philosophien und naturwissenschaftlich-technisches Wissen wie die Schwarzpulverproduktion und die Papierherstellung. Das älteste gedruckte Buch der Welt, die Diamant-Sutra aus dem 9. Jahrhundert, stammt aus dem Südwesten Chinas.
Einen hervorragenden Einblick in die Geschichte dieser legendären Handelswege erhält man durch den mit 500 Bildern und Karten versehenen Text-Bildband „Die Seidenstraße. Landschaften und Geschichte“, erschienen bei wbg Theiss. Dabei handelt es ich um eine Übersetzung des von der englischen Historikerin Susan Whitfield (*1960) herausgegebenen Buches „Silk Roads. Peoples, Cultures, Landscapes“. Das Werk nimmt einen mit auf einer faszinierenden Reise durch alle Landschaftsformationen der Seidenstraßen. Außerdem werden in ihm einzelne, auch weniger bekannte, archäologische Funde in kurzen Exkursen vorgestellt. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die an verschiedensten Forschungseinrichtungen auf der Erdkugel tätig sind, gelingt es sehr gut, in ihren kurzen, prägnanten und verständlichen Texten zu verdeutlichen, dass die Seidenstraßen ein Schmelztiegel unterschiedlicher Kulturen waren.
Während in dem Buch geographische sowie wirtschafts-, kultur-, technik-, wissenschafts- und auch religionsgeschichtliche Aspekte des Handelsroutennetzes angemessen gewürdigt werden, kommt in dem Buch der Transfer von Philosophien, insbesondere der Philosophie der Islamischen Welt zu kurz. Etwas verwundert auch die Nicht-Berücksichtigung der Forschungsarbeiten des Professors für Globalgeschichte, Peter Frankopan. Angesichts der gerade von ihm herausgearbeiteten Aktualität der „Neuen Seidenstraßen“ – man denke nur an die 2013 vom Staatspräsident Chinas Xi Jimping verkündete Seidenstraßen-Initiative – lohnt sich erst recht ein Blick in die Geschichte dieser Handelswege.
Fazit: Der opulent illustrierte Text-Bildband „Die Seidenstraße“ wird allen an der Geschichte des Kulturtransfers Interessierten eine Freude bereiten. Durch ihn erhalten Geschichts- und Geographielehrkräfte eine besonders schöne Anregung, um sich mit der Thematik in ihrem Fachunterricht oder in einem fächerübergreifenden Projekt auseinanderzusetzen. Das Werk lädt außerdem dazu ein, selbst auf den ältesten Handelsrouten der Welt zu wandeln, um den „Mythos Seidenstraße“ nachzuspüren.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

Wo das Gras den Himmel berührt: ein Porträt der alten Seidenstraße
Die Seidenstraße war seit der Antike einer der wichtigsten Handelswege für Seide, Gewürze, Glas, Edelsteine und Metalle. Über diese Transferroute verbreiteten sich auch Kultur, Religion, Kunst und Know-How, wie die Kenntnis von Papier und Schwarzpulver, von Asien nach Europa
Die Spezialistin für Zentralasien Susan Whitfield bereiste die Regionen der Seidenstraße intensiv. In ihrem außergewöhnlichen Text-Bildband verbindet sie ihre persönlichen Erlebnisse mit ihren Forschungsergebnissen zu einer lebendigen Schilderung. So entsteht ein einzigartiges archäologisches, kunst- und wirtschaftshistorisches Portrait der Seidenstraße.
Lebendige Geschichte: umfassende Darstellung der Wechselbeziehung zwischen Europa und Asien seit der Antike bis in die Frühe Neuzeit
Wirtschaft, Kultur, Religion und Know-How: jedes Kapitel enthält detaillierte Karten, einen historischen Überblick und Erläuterungen der archäologischen Highlights, Kunst und Bauwerke
Die Seidenstraße erleben: nach den Landschaftsräumen geordnet reisen Sie als Leser auf diesem alten Handelsweg mit
500 atemberaubende Fotografien und detaillierte Karten illustrieren diesen beeindruckenden Text-Bildband
Über Wüsten, Steppen und Gebirge - eine zweitausendjährige Handels- und Kulturgeschichte
Vor den frühneuzeitlichen Entdeckungen der Seewege nach Indien waren die beiden Kontinente Europa und Asien über Handelsrouten zu Land miteinander verbunden. Als alte Seidenstraße wird ein weit reichendes Wegenetz bezeichnet, das von China aus über die Mongolei, die Taklamakan-Wüste, das Pamirgebirge und Afghanistan bis in die Levante führte.
Susan Whitfield zeigt, wie intensiv der Wirtschafts- und Kulturtransfer schon seit der Antike zwischen Asien und Europa verlief und welche Auswirkungen dies auf die europäische Geschichte hatte. Mit diesem ausführlichen Sachbuch erlangen Sie als geschichts- und kulturinteressierter Leser neue Einblicke in die Geschichte Europas und den globalen Handel.

Aus dem Engl. von Thomas Bertram, Katja Hald und Albrecht Schreiber. 2019. 480 S. mit 491 farb. Abb. und zahlreichen Karten, Zeitleiste und Bibliogr., 22,5 x 28,6 cm, geb. mit SU. wbg Theiss, Darmstadt.

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