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Die Kreuzzüge
Thomas Asbridge
Klett-Cotta
EAN: 9783608946482 (ISBN: 3-608-94648-9)
807 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 15 x 23cm, 2010
EUR 39,95 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Vom Kreuzzug ist häufig die Rede bei Auseinandersetzungen zwischen Vertretern des Westens und der muslimischen Welt. Doch ist diese historische Parallele berechtigt? Und sind in den Kriegen zwischen CHristen und Muslimen um das Heilige Land im 12. und 13. Jahrhundert tatsächlich historische Wurzeln zu suchen für die Konflikte in unserer Zeit? Dieses Buch umfasst die gesamte Kreuzfahrerzeit von der Entstehung des Kreuzzugsgedankens um 1095 bis zum Fall der Festung Akkon im Jahr 1291. Thomas Asbridge bereichtet gleichberechtigt und in wechselnder Perspektive von den von Christen wie von Muslimen verübten Grausamkeiten und erduldeten Leiden. Er veranschaulicht den riesigen militärischen Aufwand dieses Unternehmens und ergründet die politischen und religiösen Beweggründe der verschiedenen Seiten. Auch von überraschend freundlichen Begegnungen zwischen Kreuzfahrern und Sarazenen erfahren wir. Doch es bleibt, wie die englische Zeitung 'The Guardian' schreibt, "eine düstere, provokante, nachdenklich stimmende Lektüre. Sie wirft nicht nur auf die Vergangenheit, sondern auch auf die Gegenwart neues Licht."
Thomas Asbridge, geboren 1969 in Großbritannien, lehrt Mittelalterliche Geschichte am Queen Mary College der University of London. Der Autor, der 2004 in England schon eine umfassende Geschichte des Ersten Kreuzzugs vorgelegt hat, ist nicht nur einer der besten Kenner der Quellen. Er kennt auch die geographischen Gegebenheiten aus eigener Anschauung: Denn über 500 Kilometer des alten Kreuzfahrerwegs von der Türkei bis Jerusalem hat er selbst erwandert.
Rezension
Die Kreuzzüge sind nicht nur eine historische Tatsache, sie sind auch ein argumentativer Topos, der in der Diskussion um Glaube und Kirche immer eine Rolle spielt. Im Extrem dienen sie als einer der Hauptbelege für die Macht- und Gewaltaffinität des Christentums. Hans Wollschlägers "Die bewaffneten Wallfahrten gen Jerusalem. Geschichte der Kreuzzüge" sind ein signifikantes Beispiel dafür: "Seit Konstantin das Kreuz zum Feldzeichen seiner Garde machte, war der christliche Gott ein Kriegsgott, war die angebliche Religion der Liebe eine Todesreligion." (Klappentext der Wallstein-Ausgabe)
Thomas Asbridge weiß von diesem Topos, aber er zeichnet ein differenzierteres Bild. Er hält fest, "...dass die Kreuzzüge von Seiten der Christen mindestens zu gleichen Teilen Angriffs- wie Verteidigungskriege waren." (705) Da er dieses historische Geschehen von christlichen wie islamischen Quellen her beurteilt, kann er auch schreiben, es handle sich ein Auf und Ab von Gewaltschüben, "... in denen sowohl Christen als auch Muslime Akte wüstester Brutalität begingen." (705). Vor allem aber wehrt er sich gegen den 'Kreuzzugsparallelismus', der gegenwärtig wieder im Schwange ist, wenn etwa davon gesprochen wird, der islamische Fundamentalismus führe einen Kreuzzug gegen den Westen oder umgekehrt die christlichen USA einen solchen gegen den Islam: "In Wirklichkeit aber gibt es keine ununterbrochene Linie aus Hass und Zwietracht, die den mittelalterlichen Streit um die Herrschaft über das Heilige Land mit den aktuellen Auseinandersetzunge im Nahen Osten verbinden würde." (716) Sein Fazit am Ende des Buches deshalb: "Die Realität dieser mittelalterlichen Kriege muss erforscht und verstanden werden, wenn man nicht propagandistischer Polemik und aufwieglerischen Feindbildern zum Opfer fallen will. Insgesamt jedoch sollte man die Kreuzzüge dort lassen, wo sie hingehören: in der Vergangenheit." (730)
Dieser Erforschung der Kreuzzüge sine ira et studio widmet sich Asbridge in epischer Breite. Unter Einbeziehung der verfügbaren Quellen beider Seiten und der vorhandenen Forschungsliteratur (die sich in den ausführlichen Anmerkungen niederschlägt; hier allerdings wäre noch ein alphabetisches Literaturverzeichnis wünschenswert gewesen) stellt er (manchmal vielleicht auch zu) detailliert das historische Geschehen von der Kreuzzugspredigt Papst Urbans II. im Jahr 1095 bis zum Fall der Stadt Akkon 1291 dar. Er tut das in einer erzählenden Haltung, die sein Buch auch für Nicht-Historiker zur spannenden und farbenprächtigen Lektüre macht, und ohne dass darunter die historische Genauigkeit leiden würde. Wann immer von der Psychologie und den Intentionen der Handelnden die Rede ist, geschieht das unter Bezug auf die Quellen und mit Hilfe von Plausibilitätsargumenten, die das Gesagte als historische Konstruktion transparent halten. Die Lektüre der 800 Seiten unterhält deshalb nicht nur, sondern belehrt auch im besten Sinne des Wortes.
Wer die Geschichte der Kreuzzüge nicht in allen Details und Wendungen nachvollziehen möchte, sollte zumindest Einleitung und Nachwort dieses grundlegenden Werkes studieren. In der Einleitung legt Asbridge seinen Ansatz dar, der die christliche und wie die islamische Sicht des Geschehens berücksichtigt und damit ein umfassenderes, komplexeres und auch gerechteres Urteil erlaubt. Die durch seine Forschungen gewonnenen Einsichten werden im bereits zitierten Nachwort dann noch einmal gebündelt. Die zentrale Einsicht, die dabei zu gewinnen ist, lautet: Wer den Kreuzzugstopos heute weiterhin unreflektiert verwendet, verzerrt nicht nur die Geschichte, sondern betrachtet auch gegenwärtige Ereignisse in einem falschen Licht. Zur Bewältigung der anstehenden religiösen und politischen Konflikte trägt jedenfalls eine vom Mittelalter her argumentierende schiefe Kreuzzugspolemik nichts Positives bei.
Matthias Wörther, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Der Krieg um das Heilige Land - erstmals dargestellt aus christlicher und aus muslimischer Sicht
Diese große Gesamtdarstellung nimmt die politischen und religiösen Beweggründe aller Seiten ernst und veranschaulicht die immense Kriegslogistik. In packenden Szenen schildert Asbridge all die Belagerungen und Eroberungen und entwirft lebendige Porträts von Saladin und Richard Löwenherz, dem tragischen Leprakönig Balduin IV. oder der Jerusalemer Königin Melisende.
»Thomas Asbridge erzählt die Geschichte der Kreuzzüge eindringlich und in epischer Länge ... Der Leser hat den Eindruck, in der vordersten Reihe dabei zu sein.«
Christian Jostmann, SZ, 19.10.10
Thomas Asbridge berichtet erstmals gleichberechtigt und in wechselnder Perspektive von den von Christen wie von Muslimen verübten Grausamkeiten und erduldeten Leiden. Ausführlich macht der polyglotte Historiker Gebrauch auch von den arabischen Quellen. Asbridge nimmt nicht nur die politischen, sondern auch die religiösen Beweggründe aller Seiten ernst. Auch von überraschend freundlichen Begegnungen zwischen Kreuzfahrern und Sarazenen erfahren wir: von Momenten des interkulturellen Austauschs, Beispielen friedlicher Koexistenz im Heiligen Land, Gesten religiöser Toleranz und Zeugnissen der Freundschaft über die feindlichen Lager hinweg.
Inhaltsverzeichnis
INHALT
Einleitung: DIE WELT DER KREUZZÜGE 13
Europa im Mittelalter 16
Die muslimische Welt 29
Erster Teil: AUFBRUCH DER KREUZFAHRER 43
1 Heiliger Krieg, Heiliges Land 45
Papst Urban und der Kreuzzugsgedanke 45
Byzanz 60
Der Zug durch Kleinasien 69
2 Syrisches Martyrium 75
Ein Zermürbungskrieg 80
Verrat 84
Die Belagerten 88
Verlagerung und Verirrung 97
3 Die Heilige Stadt 104
Im Himmel und auf Erden 105
Die Erstürmung Jerusalems 112
Nachwirkungen 118
Erinnerung und Vorstellung 124
4 Die Entstehung der Kreuzfahrerstaaten 131
Beschützer der Heiligen Stadt 132
Das Königreich Gottes 134
Die Konfrontation mit dem Islam 144
Die Krise im lateinischen Syrien (1101 -1108) 154
Herrscher im heiligen Königreich 163
Oberster Herr von Outremer (1113-1118) 172
5 Outremer 182
Das Blutfeld 183
Der Umgang mit Niederlagen 186
Eine Kreuzfahrer-Gesellschaft? 193
Zangi - Tyrann des Ostens 210
6 Wiedergeburt der Kreuzzugsidee 217
Der Kreuzzugsgedanke im frühen 12. Jahrhundert 217
Der Aufruf zum zweiten Kreuzzug 221
Ein Heiliger spricht - Bernhard von Clairvaux und der zweite Kreuzzug 226
Das Ideal wird ausgeweitet 232
Das Werk der Könige 235
Unterwegs ins Heilige Land 238
Zweiter Teil DIE ANTWORT DES ISLAMS 245
7 Wiedererwachen des Islams 247
Zangi, Vorkämpfer des Islams 247
Widerstand gegen den Kreuzzug 254
8 Nur ad-Din - Licht des Glaubens 261
Die Schlacht von Inab 262
Die Straße nach Damaskus 268
Neue Aufgaben 275
Versuch und Erfolg 281
Der Traum von Jerusalem 285
9 Der Reichtum Ägyptens 290
Ägypten im Mittelalter 290
Ein neues Schlachtfeld 292
Saladin, Herrscher Ägyptens (1169 -1174) 300
Heerführer oder Herrscher 304
10 Erbe oder Usurpator 311
Ein Held für den Islam 312
Der Nachfolger Nur ad-Dins 314
Saladins ajjubidisches Reich 323
Der Lepra-König 325
Konfrontation 333
11 Der Sultan des Islams 344
Herrschaftsdrang 344
Der Krieg gegen die Franken 351
Der Stachel lateinischer Aggression 353
Verwandlung 361
12 Der heilige Krieger 366
Ein vereinter Islam? 368
Ein Königreich in Scherben 371
Zu den Hörnern vonw Hattin 373
Der Sturz des Kreuzes 383
Saladins Absichten im September 1187 387
Das wiedergewonnene Jerusalem 391
Dritter Teil: KAMPF DER CHAMPIONS 395
13 Zum Kreuzzug berufen 397
Predigten für den dritten Kreuzzug 398
Coeur de Lion 404
Die Könige nehmen das Kreuz 411
Verzögerungen in England und Frankreich 413
Vorbereitungen: Finanzen und Logistik 416
Aufbruch ins Heilige Land 419
14 Neue Herausforderungen für den Eroberer 422
Nach dem Sieg 422
Die große Belagerung von Akkon 429
Kriegssturm 445
Stillstand 455
15 Die Ankunft der Könige 461
Die Reise ins Heilige Land 462
Die Könige greifen ein 463
Richard Löwenherz vor Akkon 465
Das Schicksal Akkons 473
Der einzige König 481
Kaltblütig 484
16 Löwenherz 490
Die größte Stunde 492
Die Schlacht von Arsuf 501
17 Jerusalem 512
Entscheidungen und Enttäuschungen 512
Die Einnahme der Heiligen Stadt 523
Neuorientierung 527
Krise und Verwandlung 529
18 Schwere Entscheidungen 534
Die ajjubidische Strategie Anfang 1192 535
Der zweite Vormarsch auf Jerusalem 538
Endspiel 546
Das Ergebnis des dritten Kreuggugs 549
Vierter Teil: DER KAMPF UMS ÜBERLEBEN 555
19 Erneuerung 557
Wandel im lateinischen Westen 557
Papst Innozenz III. 559
Der Vierte Kreusgug 565 Das Feuer bewachen 571
Outremer im 13. Jahrhundert 574
20 Neue Wege 590
Der fünfte Kreuzzug 591
Der Kreuzzug Friedrichs II. 602
Ein neuer Horizont 612
21 Ein Heiliger im Krieg 619
König Ludwig IX. von Frankreich 620
Kriegsvorbereitungen 622
Sturmangriff am Nil 626
Der Niedergang der Ayyubiden 630
Die Eroberung Ägyptens 633
Zwischen Sieg und Niederlage 641
Der Büßer-König 647
Fünfter Teil: SIEG IM ORIENT 653
22 Der Löwe von Ägypten 655
Neue Mächte im Vorderen Orient 656
Baibars und das Mamlukensultanat 665
Der Krieg gegen die Franken 676
23 Rückgewinnung des Heiligen Landes 684
Der zweite Kreuzzug Ludwigs IX. 685
Die Schlinge wird enger gezogen 687
Versuche und Triumphe 694
1291 - Die Belagerung von Akkon 698
Nachwort: DAS FORTLEBEN DER KREUZZÜGE 704
Gründe und Folgen 705
Auswirkungen auf die Welt des Mittelalters 712
Ein langer Schatten 716
Die Kreuggüge und ihr Ort in der Geschichte 728
ANHANG 731
Zeittafel 733
Dank 735
Verzeichnis der Karten 737
Bildnachweis 739
Anmerkungen 741
Register 789
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