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Der unterbrochene Ton
Der unterbrochene Ton




Sigrid Laube

jungbrunnen-verlag
EAN: 9783702657369 (ISBN: 3-7026-5736-3)
272 Seiten, hardcover, 14 x 21cm, 2001

EUR 16,40
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Bremen 1947. Clara wartet auf eine Schiffspassage in die USA, wo sie sich mit ihrem Vater treffen will. Immer wieder tauchen Erinnerungen auf, als im großbürgerlichen Haushalt der Familie Löwen noch alles seine Ordnung hatte. Mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten ändert sich die Situation völlig: Die behütete Welt , in der Clara und ihre Brüder aufwachsen wird immer brüchiger. Schließlich werden die Kinder mit einem Familiengeheimnis konfrontiert, das ohne den Nationalsozialismus nie ans Licht gekommen wäre. Den Hintergrund für diesen spannenden Roman bildet eine Geschichte, die auf wahren Begebenheiten ruht.
Rezension
Clara wächst im Wien der 30er Jahre auf. Die Zeit in der die Nationalsozialisten immer mehr Macht gewinnen. Aus der Sicht eines (starken!) ca. 13-jährigen Mädchens werden die Machtergreifung der Nazis in Wien und die damit verbundenen Folgen vor allem für die jüdische Bevölkerung geschildert. Immer mehr beeinträchtigt das neue Regime Claras Leben. Jüdische Freunde und Nachbarn werden immer häufiger und heftiger schikaniert. Auch Claras Familie selbst gerät in immer größere Schwierigkeiten, da ihr Vater ebenfalls Jude ist. Bis sich eines Tages herausstellt, dass Claras Vater gar nicht ihr leiblicher Vater ist. Für Clara und ihre Brüder bedeutet das zwar zunächst eine gewisse Schonung, doch von nun an ist die Familie auseinandergerissen. Zunächst versteckt sich der Vater zwar noch in der Wohnung der Familie, doch schon bald erkennen alle, dass er ins Ausland fliehen muss, wenn er am Leben bleiben möchte.
Das Buch erzählt die Situation im Jahr 1947, als Clara auf eine Überfahrt nach Amerika wartet, um dort ihren Vater wieder zu sehen, und in Rückblenden die Zeit zwischen Dezember 1937 bis Januar 1939.
Durch die einfühlsame Erzählweise gelingt es der Autorin, geschichtliche Hintergründe ebenso verständlich zu machen, wie auch Clara mit ihren ganz persönlichen Gedanken, Ängsten und Hoffnungen vorzustellen.
Ein sehr ergreifendes Buch, das ich für Schüler ab Klasse 7 sehr empfehlen kann.

Offenloch, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Inhalt

Bremen 1947. Clara wartet auf eine Schiffspassage in die USA, wo sie sich mit Peti, ihrem Vater, treffen will.
Bruchstückhaft tauchen Erinnerungen an die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg in Wien auf, als im großbürgerlichen Haushalt der Familie Löwen noch alles seine Ordnung hatte: Clara und ihre Brüder leben in einer behüteten und fröhlichen Welt, mit den Eltern, Großmama Thilde, Onkel Paul, dem Klavierlehrer, und Pepi, der Haushälterin.
Mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten ändert sich schlagartig alles. Peti, der jüdischer Abstammung ist, darf nicht mehr als Wissenschaftler arbeiten und ist ständig neuen Repressalien ausgesetzt. Schließlich werden die Kinder mit der Tatsache konfrontiert, dass Peti nicht ihr leiblicher Vater ist.

Eine spannende Familiengeschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht.


Pressestimmen

Die Betroffenheit der Autorin ist unübersehbar und überträgt sich auf die Leser/innen. Und das ist gut so. Ein eindringliches, sehr empfehlenswertes literarisches Zeugnis gegen das Vergessen ...
Christiana Ulz, bn.bibliotheksnachrichten, 5/01, Seite 771f.
Einfühlsam und fesselnd wird das Leben der Familie Löwen in der Zeit des Nationalsozialismus beschrieben. Aufgrund der Darstellung des persönlichen Schicksals wird die Schrecklichkeit dieser Zeit und die Absurdität der Ereignisse erst greifbar gemacht.
Katrin Jakob, MAIN-ECHO, 5.12.01, Seite 27

Eine Geschichte, die unter die Haut geht.
Isabelle Guéra-Pfiffner, BÜCHERBÄR 1/2002, Seite 28

"Der unterbrochene Ton" ist ein ergreifender Roman, von der ersten bis zur letzten Seite spannend zu lesen, der Jugendlichen auf lebendige Weise die Wirren des Nationalsozialismus nahe bringt und viel Stoff für nachfolgende Diskussionen bereit hält.
Gisela Esser, DIE RHEINPFALZ 29.04.02 und BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG 29.06.02, Wochenendbeilage Seite 6


Leseprobe

Auf der Fahrt nach Bremen, Dezember 1946.

"Darf ich mich vorstellen, mein Name ist Clara Löwen."
Schritt nach vorn, erste Stufe, zweite, das Holz knarrt klagend, das Podium ist erklommen. Die Notizen zittern in meiner Hand. Oder spreche ich frei. Wo ist meine Stimme hin?
"Ich komme aus Wien. Wien ist eine Stadt in Europa, in Österreich. Eine märchenhafte Stadt mit alten Mauern, hohen Türmen, ehrwürdigen Kirchen. Vieles davon steht nicht mehr, und schön ist es auch nicht, denn es ist zerschossen, bombardiert, es zerbröckelt und verfällt. Ist also Wien noch eine Stadt, oder ist Wien ein Trümmerhaufen?"
Und wo komme ich dann her? Aus einer Stadt in Trümmern.
"So gehts nicht. Ich muss anders beginnen. Das ist zu verworren." Tief aufatmend lehnt Clara sich zurück. Das Holz ist hart, rau, drückt scharf gegen ihren Hinterkopf. Bis Frankfurt ist sie im Viehwaggon gereist. Nein, nicht gereist, gekarrt worden. Ungeheizt und zugig, Mensch neben Mensch und Mensch über Mensch. Ihr Ziel ist New York.
Nun sitzt sie in einem ehemaligen Coupé der dritten Klasse. Hölzerne Bänke, eingeritzte Buchstaben, Wortfetzen. Platz, Ruhe, Reichtum. Es hat nicht null Grad, sondern weniger. Eiszapfen hängen von der Decke, auf den Türklinken des Abteils hat sich Raureif gebildet. Daran bleibt man kleben, wenn man die Türen öffnen will. Eisblumen wachsen die Fenster hinauf. Sie ranken und verzweigen sich, glitzern bläulich, kommen aus einer anderen, reichen Welt. Aber es gibt Fenster. Und sie haben Scheiben.