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Der Schrecken Gottes Attar, Hiob und die metaphysische Revolte Mit sechs Kalligraphien von Karl Schlamminger
Der Schrecken Gottes
Attar, Hiob und die metaphysische Revolte


Mit sechs Kalligraphien von Karl Schlamminger

Navid Kermani

Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406535246 (ISBN: 3-406-53524-0)
335 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 15 x 22cm, 2005

EUR 24,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
In seinem neuen Buch macht uns der Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani mit einer Frömmigkeit bekannt, die uns verstört und provoziert: Es ist die Frömmigkeit der Heiligen und Narren, die Gott so nahe sind, daß sie allen Respekt vor ihm verloren haben. Sie begehren auf gegen den grausamen Schöpfer einer Welt voller Leiden. Ihr Aufstand gegen Gott bringt Gläubige ins Wanken, läßt aber auch den Ungläubigen nicht unberührt. Wer dieses glänzend geschriebene Buch gelesen hat, wird anders denken als zuvor - über Gott und über die Welt.



Das «Buch der Leiden» des klassischen persischen Dichters Attar ist die vielleicht schwärzeste Dichtung, die je von einem Menschen geschrieben worden ist. Radikal, alle Beschwichtigungen und Tröstungen vernichtend ist Attars Blick auf die Welt, aberwitzig sein Sarkasmus, grandios der Kosmos des Leidens, den er entwickelt. Kermani nimmt das «Buch der Leiden» zum Ausgangspunkt, um die Geschichte jener Religiosität zu erzählen, die Gott kennt, aber Ihm zürnt: eine Gegen-Theologie, die lange vor Hiob einsetzt und mit Georg Büchner noch längst nicht zu Ende ist. Sie zieht sich durch viele Religionen, vor allem aber verbindet sie auf hintergründige, bislang unbekannte Weise das Judentum, den Islam und die europäische Moderne - das Alte Testament, den Sufismus und die deutsche Literatur, wo sie am dunkelsten ist. Navid Kermani zieht den Leser mit fast magischer Kraft in den Bann eines Glaubens jenseits der Rechtgläubigkeit. Die offene Ratlosigkeit, zu der sich diese häretische Frömmigkeit bekennt, dürfte der Welt, wie sie sich auch in unserer Zeit durch Krieg und Hunger, Erdbeben und Sturmflut zeigt, eher gemäß sein als die Antworten der Freitags- und Sonntagspredigten.



Navid Kermani, 1967 als Iraner in Deutschland geboren, ist promovierter Orientalist und war zuletzt Long Term Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Heute lebt er als freier Schriftsteller in Köln. Für seine wissenschaftliche und literarische Arbeit ist er mehrfach ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem Europapreis der Heinz-Schwarzkopf-Stiftung. Bei C. H. Beck erschienen u. a. «Gott ist schön» (3. Aufl. 2003) und «Schöner neuer Orient» (2. Aufl. 2003).
Rezension
Hiob – das ist ein klassisches Thema des Religionsunterrichts, oft verbunden mit der Theodizee-Frage, die das Hiobbuch in exemplarischer Weise stellt: Wenn es nur einen Gott gibt und dieser sowohl allmächtig wie gut ist - woher kommt dann das Böse auf der Welt? Entweder ist Gott also nicht allmächtig oder er ist nicht gut. Dann aber wäre er auch nicht Gott; denn beide Attribute gehören konstitutiv zum Gottesbild hinzu. Es gäbe mithin keinen Gott. Die Theodizee-Frage bietet einen wesentlichen Grund für den Atheismus. – Es ist nun das große Verdienst dieses Buchs von Navid Kermani, Spuren solch kritischer Theologie im Sinne Hiobs, also die „metaphysische Revolte“ (Untertitel), nachzuzeichnen – und zwar weit über den jüdisch-christlichen Religionshorizont hinaus. Insbesondere die islamische Tradition und moderne atheistische Literatur kommt neben Judentum und Christentum zu Wort und der Autor zeigt dabei erstaunliche Gemeinsamkeiten auf. Insgesamt eine anspruchsvolle und überaus erhellende Synopse abendländisch-morgenländischer religiöser Tradition, wie sie heute wichtiger denn je erscheint! Spannend und erhellend nicht nur für alle, die sich mit den Themen Hiob, Theodizee, Atheismus, Christentum-Judentum-Islam (schulisch) beschäftigen.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
In seinem neuen Buch stellt Navid Kermani eine Frömmigkeit vor, die verstört und provoziert: Es ist die Frömmigkeit der Heiligen und Narren, die Gott so nahe sind, daß sie allen Respekt vor ihm verloren haben. Sie begehren auf gegen den grausamen Schöpfer einer Welt voller Leiden. Ihr Aufstand gegen Gott erschüttert den Glauben , läßt aber auch den Ungläubigen nicht unberührt. Wer dieses glänzend geschriebene Buch gelesen hat, wird anders denken als zuvor – über Gott und über die Welt.

Das Buch der Leiden des klassischen persischen Dichters Attar ist die vielleicht schwärzeste Dichtung, die je von einem Menschen geschrieben worden ist. Radikal, alle Beschwichtigungen und Tröstungen vernichtend ist Attars Blick auf die Welt, aberwitzig sein Sarkasmus, grandios der Kosmos des Leidens, den er entwickelt. Kermani nimmt das Buch der Leiden zum Ausgangspunkt, um die Geschichte jener Religiosität zu erzählen, die Gott kennt, aber Ihm zürnt: eine Gegen-Theologie, die lange vor Hiob einsetzt und mit Georg Büchner noch längst nicht zu Ende ist. Sie zieht sich durch viele Religionen, vor allem aber verbindet sie auf hintergründige, bislang unbekannte Weise das Judentum, den Islam und die europäische Moderne – das Alte Testament, den Sufismus und die deutsche Literatur, wo sie am dunkelsten ist. Navid Kermani zieht den Leser mit fast magischer Kraft in den Bann eines Glaubens jenseits der Rechtgläubigkeit. Die offene Ratlosigkeit, zu der sich diese häretische Frömmigkeit bekennt, dürfte der Welt, wie sie sich auch in unserer Zeit durch Krieg und Hunger, Erdbeben und Sturmflut zeigt, eher gemäß sein als die Antworten der Freitags- und Sonntagspredigten.

Der Autor
Navid Kermani, geboren 1967 als Iraner in Deutschland, ist promovierter Orientalist und war bis 2003 Long Term Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Heute lebt er als freier Schriftsteller in Köln.
Besuchen Sie auch seine Website ! http://www.navidkermani.de/view.php?nid=0

„Navid Kermani, als Iraner in Deutschland geboren, Orientalist und freier Schriftsteller, weiss in seinem Buch «Der Schrecken Gottes» von Heiligen und Narren zu berichten, die alles, aber auch wirklich alles in den Schmutz ziehen, inklusive Gott, der Mullahs, der Herrscher sowieso (nicht aber des Propheten). Kermani hat ein Buch über mystische Dichtung aus dem 12. und 13. Jahrhundert geschrieben, Attars «Buch der Leiden». Es handelt sich um eines der düstersten Werke der Weltliteratur, ein Manifest metaphysischer Trostlosigkeit. In ihm wird Hiobs Frage verhandelt, die Frage nach Gottes Gerechtigkeit oder besser: die Frage nach dem gottgewollten Unrecht. (…) Zum anderen hat der Autor eine implizite politische Botschaft. Wie sein Held Attar wendet er sich gegen religiösen Dogmatismus und Fanatismus. Das «Buch der Leiden» ist Vorbote der Aufklärung und des Humanismus. Es zeigt: Ein aufgeklärter Islam ist möglich! Attar ist ein Beispiel dafür, was islamische Kultur sein konnte.“
Jörg Später, Tages-Anzeiger, 17. Februar 2006

„Es ist die Tradition, der Navid Kermani in seinem jüngsten Buch nachspürt – die Tradition des Haderns mit Gott; Kermani such (und findet) sie vor allem im Judentum und im Islam. Ihm ist da ein erstaunlicher Wurf gelungen: ein brillanter Essay – sehr persönlich und ganz universal, ausufernd und stringent zugleich, der die Kraft hat, den Leser unmittelbar zu berühren. Man trägt dieses Buch noch lange mit sich herum, nachdem man es zugeklappt hat.“
Hannes Stein, Die Welt, 21. Januar 2006

„Kermanis „Der Schrecken Gottes“ – das ist anspruchsvolle geistige Kost, wie geschaffen für lange Winterabende.“
Amory Burchard, Der Tagesspiegel, 16. Dezember 2005

„Das macht Navid Kermanis Buch ergreifend. Er weiß darzustellen, was Schmerz ist, er weiß dass der Schmerz der „Fels“ des Atheismus ist, weil kein Argument die Existenz eines guten, rettenden Gottes beweisen kann, solange Schmerz und Not in der Welt sind.“
Christoph Türcke, Literaturen, Dezember 2005

„Navid Kermanis „Schrecken Gottes. Attar, Hiob und die metaphysische Revolte“, ein weit ausgreifender, stilistisch funkelnder Essay über eine Frömmigkeit, die sich gegen Gott auflehnt.“
Andreas Pflitsch, Der Tagesspiegel, 13. November 2005

„Und wer «religiös nicht gänzlich unmusikalisch ist», (...) der wird diesem Werk mit dem Untertitel Attar, Hiob und die metaphysische Revolte nicht nur neue Erkenntnisse, sondern auch ästhetische Erlebnisse abgewinnen. (…) Ein Buch über das Hadern mit Gott und über Rebellion gegen ungerechtes Leiden, das Er nicht nur verhindert, sondern geschehen lässt, schlimmer: zuweilen selbst in die Wege leitet. (…) Kermanis Studie über die Gottverlassenheit des Menschen geht es um die Frage: Was macht der Glaube mit den Menschen? Welche Kraft ist es, die Gott zur Rechenschaft ziehen will, aus Empörung, - und aus Vertrauen? Was für eine Kraft aber auch, die den Menschen die Stärke gibt, unter allen Umständen Gottes Bild nachzueifern?“
Elisabeth Kiderlen, Die Zeit, 27. Oktober 2005

„Diesen Faridoddin Attar stellt uns nun Navid Kermani aufs Neue vor. Und wie! Während andere sich verkrallen in ein rein politisch aufgeladenes Islam-Bild, erschließt Kermani in ruhiger Grundlagenforschung den geistigen Reichtum der islamischen Tradition. (…) Aber Kermani will mehr, als Attar wie bisher in den Kontext der orientalisch-islamischen Kulturgeschichte einordnen. Er stellt den Perser programmatisch in die europäische Geistesgeschichte „zwischen Sophokles und Schopenhauer“, sieht ihn verwandt „auch mit Büchner und Beckett“. Das macht das Aufregende seiner stilistisch wie intellektuell brillanten Studien aus. Kermani verfügt über die Fähigkeit, nun auch die muslimische Stimme in einen Diskurs einzubringen, den man bisher entweder für jüdisch-christlich (Hiob) oder europäisch-philosophisch besetzt hielt (Camus).“
Karl-Josef Kuschel, Frankfurter Rundschau, 19. Oktober 2005

„Sowohl die Brutalität und Weltangst jener Jahre als auch die „Multikulturalität“ der Lebensumstände haben sich in Attars Werk niedergeschlagen – so legt Navid Kermani in seinem eindringlichen Essay „Der Schrecken Gottes“ nahe. Das wundersame, ebenso gelehrte wie persönliche Buch liesse sich als Gegenstück und Fortsetzung der Studie lesen, mit der der Orientalist und Schriftsteller sich vor einigen Jahren seinen Namen gemacht hat: (…) Heilsam verstörend vielleicht sogar – in seiner Zeit, das Religionen erneut in kulturkämpferische Rüstungen gesteckt werden.“
Uwe Justus Wenzel, Neue Zürcher Zeitung, 18. Oktober 2005

„Alles, was an der Idee Gottes fragwürdig ist, hat sich hier auf kleinstem Raum versammelt: Gott der Allliebende mordet Babys – oder auch nicht, festen Grundsätzen scheint er dabei nicht zu folgen; Gott der Allmächtige richtet den Menschen ihr Schicksal ein, für das er sie nachher verdammt; Gott der Allweise gerät in Verlegenheit durch selbst erzeugte Widerspräche. Überreich an solchen einprägsamen Geschichten ist das Buch des deutsch-persischen Schriftstellers Navid Kermani „Der Schrecken Gottes. Attar, Hiob und die metaphysische Revolte“. Es ist nicht weniger als ein kompletter Abriss der Theodizee und ihres Gegenteils , des Hadern mit Gott, durch drei Jahrtausende und zwei Weltteile, das Morgen- und das Abendland, wobei besonders die morgenländische Tradition, die den meisten Lesern unbekannt sein dürfte, sich in gedrängter Fülle erschließt. Es entsteht das Gemälde einer in spekulativem Vermögen, mystischer Kraft und dichterischem Ausdruck ungemein reichen islamischen Theologie und Poesie. (…) Es ist, ohne sich das Mindeste von seinem wissenschaftlichen Anspruch abhandeln zu lassen, ein sehr persönliches Werk geworden.“
Burkhard Müller, Süddeutsche Zeitung, 4. Oktober 2005
Inhaltsverzeichnis
1. Hiobs Frage
Denn es ist ihresgleichen nicht im Lande
Güte, Allmacht, Erkennbarkeit
Die Leugnung Gottes
Die Not als Gottesbeweis Leben und Legenden Attars
Das Werk

2. Das Buch der Leiden
Die Rahmenhandlung
Wendung ins Utopische
Zeitzeugnis
Ethos und Glaubensmaxime
Endzeit
Sehnsucht nach dem Nichts

3. Rechtfertigung und Schrecken Gottes
Allmacht versus Weisheit, Freiheit versus Vorhersehung
Der unergründliche Gott
Relativierung der göttlichen Allmacht
Gott selbst leidet
Der Schrecken Gottes
Theologie der Angst

4. Der Aufstand gegen Gott
Das Hiob-Motiv
Abwertung der Klage in der christlichen Theologie
Das Hiob-Motiv im Islam
Das Hadern mit Gott im «Buch der Leiden»
Die Narren
Der Mensch erhebt sich über Gott
Lust des Leidens
Häresie der Frömmsten
Hiob in der Islamischen Republik

5. Geschichte einer Gegen-Theologie Nachfolge Gottes
Der Zorn auf die Götter
Das Hadern mit Gott im Judentum
Attar und die jüdische Tradition
In die Moderne
Das ewige Warum
Die Schoah
Satans Klage
Was bleibt

Anhang
Dank
Hinweise zur Umschrift und Zitierweise
Zu den Kalligraphien
Anmerkungen
Literatur
Personenregister