Grubengold, Grundlage der europäischen Industrialisierung, Katalysator für synthetische Chemie und Klassenkämpfe, Motor der europäischer Einigung und von Demokratisierungsprozessen, Ressource zur Integration von Arbeitsmigranten und Brennstoff mit den größten Kohlendioxid-Emissionen. All dies und noch viel mehr war und ist die Steinkohle. Von einem „Zeitalter der Kohle“ von 1750 bis zur Gegenwart spricht Franz-Josef Brüggemeier, Professor für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte an der Universität Freiburg, da in Europa die Zeit der Steinkohle abläuft. Ende des Jahres ist auch in den deutschen Bergwerken mit der Schließung der letzten beiden Zechen, Prosper-Haniel in Bottrop und Anthrazit in Ibbenbüren, Schicht im Schacht. Allerdings sind von Seiten der Ruhr AG die „Ewigkeitsaufgaben“ wie Wassererhaltung und „Pflege“ der ehemaligen Bergbauflächen zu erfüllen. Dass die Konfliktgeschichte „Kohle“ weitergeht, zeigen in der Öffentlichkeit immer wieder geführte Debatten über Kohlekraftwerke, man denke nur an Kohlekommission. Der Braunkohletagebau im Rheinland demonstriert zudem, dass ökonomischen Interessen immer wieder ein Vorrang gegenüber Werten des guten Lebens wie Gesundheit und Nachhaltigkeit eingeräumt wird. Global gesehen kann gar nicht von einem Ende des Zeitalters der Kohle gesprochen werden, die Kohleförderung erreicht immer wieder neue Rekordwerte.
Umso verdienstvoller ist es daher zu bewerten, dass sich diesem die letzten 250 Jahre prägenden Rohstoff das Ruhr Museum und das Deutsche Bergbau-Museum mit der besuchenswerten Ausstellung „Das Zeitalter der Kohle. Eine europäische Geschichte“ widmen. Zu sehen ist diese auf der Kokerei der Zeche Zollverein in Essen vom 27.4. bis zum 11.11.2018. Besucherinnen und Besucher folgen auf dem Gelände des UNESCO-Welterbes dem Weg der Kohle: Vom Eingang am Wiegeturm geht es mit der Standseilbahn zur Mischanalage der Kokerei mit ihren drei Ebenen. Zu den Highlights der mehr als 1200 Exponate umfassenden, multimedialen Ausstellung zählen u.a. das größte jemals geförderte Kohlestück, eine Original Gaslampe aus London, der Gründungsvertrag der Montanunion und das riesige Regal mit den unterschiedlichen Farbfläschchen.
Zu dieser Ausstellung auf dem Industriekulturareal ist auch ein reich bebilderter, mit großformatigen Fotos versehener Katalog erschienen, herausgegeben von Franz-Josef Brüggemeier, Michael Farrenkopf, Leiter des Montanhistorischen Dokumentationszentrums, und Heinrich Theodor Grütter, Direktor des Ruhr Museums in Essen. In den einzelnen Beiträgen des Ausstellungskatalogs wird die weltverändernde Wirkung der Kohle historisch fundiert und multiperspektivisch beleuchtet. Wirtschafts-, technik-, sozial- und umwelt-, aber auch mentalitätsgeschichtliche Aspekte des Energieträgers werden von den Autoren gleichermaßen herausgearbeitet. Zu Recht werden dabei das sich durch Solidarität auszeichnende Arbeitsethos der „Kumpel“ und die Bedeutung der Montanindustrie für die soziale Integration von Migranten und gering qualifizierten Arbeitskräften gewürdigt.
Der Ausstellungskatalog „Das Zeitalter der Kohle. Eine europäische Geschichte“, publiziert im Klartext Verlag, liefert einen wichtigen Beitrag zur „Erinnerungskultur“ der Moderne. Das Buch, in dem präzise die Dialektik des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts verdeutlicht wird, kann allen Lehrkräften der Fächer Geschichte, Technik und Ethik zur Anschaffung empfohlen werden. Seine Beiträge liefern zahlreiche Anregungen und Materialien für problemorientierte Unterrichtsstunden oder fächerübergreifende Projekte zur Sozial-, Umwelt- und Technikgeschichte sowie zur Energieethik.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

Heinrich Theodor Grütter (Herausgeber)
Franz-Josef Brüggemeier (Herausgeber)
Michael Farrenkopf (Herausgeber)

Das Zeitalter der Kohle
Eine europäische Geschichte

2018 ist "Schicht im Schacht". Dann schließen in Bottrop und Ibbenbüren die letzten deutschen Steinkohlenbergwerke. Damit endet eine Epoche, in der die Kohle die Geschichte Europas maßgeblich bestimmt hat.
Diesen Abschied nehmen das Essener Ruhr Museum und das Deutsche Bergbau-Museum Bochum zum Anlass, die europäische Geschichte der Kohle im Industriezeitalter noch einmal Revue passieren zu lassen.
Der reich bebilderte Katalog zur Ausstellung veranschaulicht die Entstehung der Kohle, den Bergbau, die Welt unter Tage, die energetischen, stofflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dimensionen der Kohle und schließlich die politischen und Ökologischen Auswirkungen bis hin zum aktuellen Strukturwandel.

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