lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
Das Phantom Die fünf Leben des B. Traven
Das Phantom
Die fünf Leben des B. Traven




Jan-Christoph Hauschild

Reihe: Critica Diabolis


edition Tiamat
EAN: 9783893202331 (ISBN: 3-89320-233-1)
320 Seiten, hardcover, 13 x 22cm, September, 2018

EUR 24,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
B. Traven, Traven Torsvan, Hal Croves, Ret Marut - vier Pseudonyme eines Maschinenschlossers aus Brandenburg, dessen Bücher in mehr als 24 Sprachen übersetzt wurden und eine geschätzte Gesamtauflage von 30 Millionen Exemplaren erreicht haben. Mit seiner obskuren Mehrfaltigkeit hielt "Der Mann, den keiner kennt" jahrzehntelang Journalisten, Gelehrte und ein unüberschaubares Publikum in aller welt in Atem. Jan-Christoph Hauschild hat Briefe, Lebenszeugnisse und Berichte Dritter ausgewertet und verfolgt so den verschlungenen Lebensweg des Phantoms, das keine andere Biographie gelten lassen wollte als seine Werke.
Rezension
Wer war B. Traven? Den Mystery Man der Literatur zu identifizieren, dessen publizierte Bücher eine Auflage von 30 Millionen erreichten, versuchten im 20. Jahrhundert zahlreiche Personen. Genauso gut könnte man auch auf folgende Fragen eine Antwort geben: Wer war der aus Schwiebus stammende gelernte Maschinenschlosser und Gewerkschaftssekretär, der im Zeitraum von 1907-1915 als Schauspieler in Idar, Crimmitschau, Danzig, Berlin und Düsseldorf agierte? Wer gab unter dem Pseudonym Ret Marut 1917-1921 die anarchistische Zeitschrift „Ziegelbrenner“ heraus? Wer publizierte seinen ersten Roman „Die Baumwollpflücker“(1925) im „Vorwärts“, der Parteizeitung der SPD? Wer ließ in seinem Bestseller-Roman „Das Totenschiff“(1926) verlauten: „Moral ist die Butter für die, denen das Brot fehlt.“? Wer war Hal Croves, der Regisseur John Huston bei den Dreharbeiten zur Verfilmung von Travens 1928 publizierten Roman „Der Schatz der Sierra Madre“ auf die Finger schaute? Der Spielfilm wurde 1948 in den Kinos gezeigt und ein Jahr später mit drei Oscars prämiert. Und zuletzt: Wer schrieb die Novelle „Marcario“, die 1953 von der „New York Times“ zur besten Kurzgeschichte des Jahres gekürt wurde?
Die Antwort auf alle diese Fragen lautet „Otto Feige“. Der wurde am 23.2.1882 in Schwiebus (Provinz Brandenburg) geboren und starb am 26.3.1969 in Mexiko-Stadt unter dem Namen „Traven Torsvan“. Otto Feige gab sich je nach Lebensabschnitt und Aufenthaltsort ein anderes Pseudonym: „Ret Marut“, „B. Traven“, „Hal Croves“ und „Traven Torsvan“. Das Geheimnis dieses Phänomens der Gegenwartsliteratur wurde zuerst von dem BBC-Reporter Will Wyatt 1978 gelüftet. Durch intensive Forschungen konnte Jan-Christoph Hauschild Wyatts Ergebnisse bestätigen und durch weitere Erkenntnisse präzisieren, dargelegt in seinem Buch „B. Traven - Die unbekannten Jahren“(2012).
Dem Literaturwissenschaftler, Publizisten und Bibliothekar ist es zu verdanken, dass mit seinem Buch „Das Phantom. Die fünf Leben des B. Traven“ erstmals eine dem aktuellen Forschungsstand angemessene Biographie zu dem weltweit bekannten Schriftsteller vorliegt. Die in der Edition Tiamat 2018 erschienene Darstellung, in der Hauschild Quellen von Archiven weltweit berücksichtigt und die umfangreiche Sekundärliteratur kritisch rezipiert, weiß aufgrund seiner exzellenten Detailkenntnisse über Leben und Werk des „Virtuosen des Identitätswechsels“(Hauschild) zu überzeugen. Traven nahm in seiner Biographie das postfaktische Zeitalter vorweg. So erfährt man beispielsweise Aufschlussreiches über sein Wirken: als Gewerkschaftssekretär, als Schauspieler, Verleger und Funktionär in der Münchner Räterepublik, als Schriftsteller, der einen besonderen Umgang mit seinen Quellen pflegte, immer vorgab alles von ihm Geschilderte auch wirklich persönlich erlebt zu haben und dieses mit an die „Büchergilde“ geschickte mexikanische Artefakte zu belegen suchte. Gekonnt gelingt es Hauschild in seiner Biographie, welche auch seltene Fotographien Travens enthält, das permanentes Versteck- und Verwirrspiel aufzuzeigen. Dabei kann Hauschild zahlreiche in der Öffentlichkeit und in der Forschung verbreite Mythen über Traven, der 1946 sogar auf der Liste der Kandidaten für den Literaturnobelpreis stand, aufdecken und widerlegen. Vielleicht hätte in der Biographie noch Erwähnung verdient, dass der Schriftsteller 1927 im „Popular Mechanics Magazine“ einen Artikel über die seit dem 16. Jahrhundert im mexikanischen Bundesstaat Chipas durch ein Löffelrad betriebene Wassermühle veröffentlichte.
Hauschilds stilistisch gut geschriebene, allgemein verständlich verfasste Biographie liest sich wie ein spannender Abenteuerroman. Mit seinem Werk „Das Phantom. Die fünf Leben des B. Traven“ hat der Literaturwissenschaftler eine hervorragende Einführung in die Biographie, das Werk und die Weltanschauung von Otto Feige alias Ret Marut alias B. Traven alias Hal Croves alias Traven Torsvan vorgelegt, die nicht nur ein Standardwerk für alle „Travenologen“ ist, sondern verdient gelesen zu werden von allen an sozialkritischer Literatur Interessierten. Das Buch Hauschilds lädt dazu ein, sich mit den Romanen, Erzählungen, Glossen und Kritiken Feiges auseinander zu setzen, nicht nur in den Kulturwissenschaften, sondern auch im Deutschunterricht.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Im Jahr 1907 beschließt der 25-jährige Maschinenschlosser und anarchistische Gewerkschafter Otto Feige aus Ostbrandenburg, sich nicht länger mit seiner proletarischen Herkunft abzufinden. Er verwandelt sich in den vielbeschäftigten Schauspieler Ret Marut; 1916 in einen erfolgreichen Verleger. In Mexiko erlangt er ab 1924 literarischen Weltruhm. Er nennt sich jetzt B. Traven und behauptet, Matrose, Baumwollpflücker, Ölbohrer, Bäcker, Viehtreiber, Goldgräber, Farmer, Hauslehrer, Forschungsreisender und Medizinmann gewesen zu sein. Erst 1978 führt sein in den Akten des State Department entdecktes Geständnis zur Enttarnung des Phantoms.
Was bleibt, ist das Phänomen Traven: seine beeindruckende Intelligenz, seine erschreckende Bindungslosigkeit, sein ungeheurer Selbstentfaltungsdrang, sein gewaltiger künstlerischer und geschäftlicher Erfolg: Übersetzt in mehr als 24 Sprachen, haben seine Bücher eine geschätzte Gesamtauflage von 30 Millionen Exemplaren erreicht. Fast alle seine Romane und viele seiner Erzählungen sind für Kino, Rundfunk oder Theater adaptiert worden.
Pressestimmen

»Es überzeugt … vollkommen, dass Hauschild Travens gezielt wechselnde Autorinszenierungen vor dem Horizont einer ausdifferenzierten, komplexen Medienkultur und Öffentlichkeit interpretiert, ja mitunter scheint er den Autor gar als einen bewusst agierenden Performancekünstler zu begreifen. Daraus wiederum ergeben sich reizvolle Assoziationsmöglichkeiten: Wie verhält sich B. Traven zu all den anderen Gestaltwandlern der modernen Literatur und Kunst? … Hauschilds erfreulich nüchternes Buch ist wegweisend, weil es B. Traven nicht bloß als einen exzentrischen „Fall” behandelt, sondern ihn als ein ebenso faszinierendes wie charakteristisches Phänomen der modernen Kultur erkennbar werden lässt.« (Kai Sina, FAZ)

»Das Verdienst von Hauschild ist, Orientierung in den verworrenen Pfaden eines Lebens zu geben, das trotz viel Flunkerei Abenteuer genug war. In weiten Teilen liest sich Das Phantom wie ein Krimi.« (Tilmann Ziegenhain, taz)

»Jan-Christoph Hauschild durchforstete die Meldeakten des Ruhrgebiets, spulte sich die Finger wund beim Durchsuchen der auf Mikrofilm erhaltenen Zeitungen, entdeckte Polizeiakten über Otto Feige, fuhr schließlich nach Schwiebus. Er stieß auf die Fährte eines Mannes, der sich mit bemerkenswerter Energie selbst bildete, Gewerkschaftsfunktionär wurde, Arbeiterbühnen gründete und sich darüber neu erfand. Am Ende konnte Hauschild so das gesamte Leben schlüssig rekonstruieren, von der Geburt in Schwiebus bis zum Tod in Mexiko. Ja, B. Traven war Otto Feige, Ret Marut, Traven Torsvan und Hal Croves.« (Andreas Austilat, Tagesspiegel)

»B. Traven war Albert Einsteins Lieblingsautor. Zu seinen Fans gehörten so unterschiedliche Autoren wie Bert Brecht oder die Beats. Seine 12 Romane und zahlreichen Erzählungen wurden in 25 Sprachen übersetzt und weltweit in über 30 Millionen Exemplaren verkauft… Mit leichter Hand geschrieben und wissenschaftlich fundiert, liest sich Das Phantom wie ein Thriller und macht Lust, Traven neu zu entdecken… Wer Traven noch nie gelesen hat, findet in diesem Buch einen unterhaltsamen und spannenden Einstieg in eine literarische Welt, die den Angefixten nie wieder loslässt.« (Martin Compart, Blog)

»Der Germanist und Publizist Jan-Christoph Hauschild legt mit seiner Biographie ein Werk vor, mit der er seine exzeptionelle und innovative Studie „B. Traven – Die unbekannten Jahre“ (2012) exzellent erweitert und fortschreibt. [Ihm] gelang es…, die Kryptomanie des obsessiven Virtuosen des Verschwindens zu entschlüsseln.« (Albrecht Götz von Olenhusen, Zeitschrift Integrativer Europäischer Rechtsgeschichte)

»Legenden und Spekulationen über das Phänomen B. Traven schossen weiter ins Kraut. Heute, gut 50 Jahre später, sind wir schlauer. Das ist vor allem dem Düsseldorfer Literaturwissenschaftler Jan-Christoph Hauschild zu verdanken. In jahrelanger akribischer Kleinarbeit rekonstruierte er das Leben eines Autors, dessen Werke in 24 Sprachen übersetzt wurden und eine Auflage von über 30 Millionen Exemplaren erreichten. … Diesmal wählt der Autor einen erzählerischen Ton. Was mit dazu beiträgt, dass sich das Buch spannend wie ein Krimi liest.« (Walter Gödden, Westfalenspiegel)

»Akribisch entlarvt Hauschild die Legenden, die Traven um sich spann; er stöbert viele Quellen seiner Bücher auf, weist ihm auch einige Plagiate nach. Das liest sich oft wie ein Krimi.« (Eva Pfister, Lesart)

»Eine gut lesbare, handliche und doch höchst faktenreiche Biographie.« (Olaf Cless, fiftyfifty)

»Dass der Schriftsteller als Otto Feige auf die Welt kam, hat Hauschild vor einigen Jahren bewiesen. Das unterfüttert er nun umfangreich. So zeichnet die Biographie nicht nur eines, sondern gleich fünf wendungsreiche Leben nach… Ins Dickicht aus Legenden und Tatsachen endgültig Licht gebracht zu haben, das ist Jan-Christoph Hauschilds großes Verdienst.« (Tobias Prüwer, Jungle World)

»(Ein) mit wahrhaft detektivischer Akribie geschriebene(s) Buch. […] Hauschild begeht nicht den Fehler vieler Biographen, sich seinem Gegenstand unkritisch anzudienen.« (Rudolf Görtler, Fränkischer Tag)
Inhaltsverzeichnis
INHALT

Erstes Kapitel
Der Abschied – 9

Zweites Kapitel
Die Ankunft – 13
»Die Baumwollpflücker« – 18
Landstreicher der Tropen – 21
Einladung zum Erfolg – 26
Armer Poet im Busch – 29
»Das Totenschiff« – 34
Irritationen – 38
In der Hauptstadt – 43
»Der Schatz der Sierra Madre« – 47
Reisen nach Chiapas – 51
Münchhausen in Mexiko – 55
»Mensch, melde dich« – 61
Propagandamittel – 64
Übersetzungen – 69
Eigenes und Fremdes in »Der Busch« – 75
»Land des Frühlings« – 79
Weitere Erkundungen in Chiapas – 85
»Die Weiße Rose« – 91
Indiskretionen – 95
»Kunst der Indianer« – 99
»Die Brücke im Dschungel« – 102
»Der Karren«, »Regierung« – 107
Die Nazis und die BÜCHERGILDE – 113
Schwieriger Neuanfang in Zürich – 119
Drei Fortsetzungen des Caoba-Zyklus – 123
»Literarische Wegelagerer« und »Weltreise-
Betrüger« – 127
Zehn Jahre Traven – 130
Falsche Freunde, unaufrichtige Verehrer – 132
Esperanza López Mateos – 136
Abschluss des Caoba-Zyklus – 142
Bruch und Neuanfang mit der BÜCHERGILDE – 148
Hollywood verfilmt »The Treasure
of the Sierra Madre« – 152
Gefahren für das Inkognito – 161
»Number neun von illegal Kindern« – 164
Das Geheimnis des Obstfarmers – 170
Information, Desinformation, wütender
Widerspruch – 181
»Aslan Norval« – 190
»Rebelión« und »Canasta« im Film – 195
Rosa Elena Luján – 200
»Das Totenschiff« als UFA-Film – 205
Weitere Verfilmungen: »Macario«, »Rosa Blanca«,
»Días de Otono« – 211
Enthüllungen, Verwirrungen, Schnapsideen – 216
Begegnungen mit dem »Unsichtbaren« – 224
Tod und Vermächtnis – 229

Drittes Kapitel
Ratet rum! – 235
Schauspieler, Regisseur, Autor und Agent – 237
Verleger, Herausgeber, Journalist in München – 250
Funktionär in beiden Räterepubliken – 255
Ziegelbrenner im Untergrund – 263
Die Spur führt nach Swiebodzin – 273

Viertes Kapitel
Kindheit und Jugend in Schwiebus – 277
Westfälischer Jäger in Bückeburg, mit der Familie
in Wallensen – 283
Genosse/Kollege Feige in Magdeburg – 288
Gewerkschaftssekretär in Gelsenkirchen – 292

Nachwort
Auf einen Primitivo mit Hal im Theater Unten – 299

Anhang

Archivalische Quellen – 305
Sekundärliteratur, Medien- und Internetquellen – 305
Bildnachweis – 317