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Das Menschenbild in der biblischen Urgeschichte und in ihren altorientalischen Parallelen  zugl. Diss. Universität Münster, Ev. Theologie, SS 2006
Das Menschenbild in der biblischen Urgeschichte und in ihren altorientalischen Parallelen


zugl. Diss. Universität Münster, Ev. Theologie, SS 2006

Kim Sang-Kee

Logos Verlag Berlin
EAN: 9783832515003 (ISBN: 3-8325-1500-3)
248 Seiten, paperback, 14 x 21cm, 2007

EUR 40,50
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Logos Verlag Berlin
Rezension
Die biblische Urgeschichte in Genesis 1-11, obwohl bibelwissenschaftlich schon unendlich häufig analysiert, provoziert immer wieder neue Untersuchungen. Diese Münsteraner ev.-theol. Diss. des südkoreanischen Autors fragt einmal mehr nach dem Menschenbild in den als Mythen verstandenen Stoffen. Forschungsgeschichtlich wird die Urgeschichte entweder als Geschichte des Anwachsens der Sünde und des Fluchs verstanden und kann dann nur als heilsgeschichtliches Vorspiel und Negativ-Folie zur folgenden Errettungsgeschichte Jahwes mit seinem Volk Israel verstanden werden (Exodus), oder die Urgeschichte wird religionsgeschichtliuch als grundlegende Menschheitsgeschichte gedeutet mit zahlreichen außerbiblischen Entsprechungen, die dann für sich stehen können. Die Urgeschichte zeichnet das Bild einer durchgängigen Ambivalenz aller Grundbedingungen menschlicher Existenz. Das Menschsein tritt in seiner Ambivalenz grundsätzlich vor Augen. In dieser zweiten Perspektive verortet sich diese Arbeit.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Stichworte / keywords: Urgeschichte , Genesis , altorientalische Mythen , Menschenbild

Die biblische Urgeschichte Gen 1,1-11,9 wird religionsgeschichtlich und erzählerisch untersucht. Sie wird im Ganzen als Mythos im Sinne einer Urzeiterzählung angesehen. Die biblische Urgeschichte will vom Ursprung her die Existenz des Menschen und der Welt in ihrer Widersprüchlichkeit erklären und bejahen. Dabei geht es um die widersprechenden Grundbedingungen, die die gegenwärtige Existenz des Menschen in der Welt bestimmen. Die biblische Urgeschichte verliert als Mythos nicht ganz diesen unmittelbaren Gegenwartsbezug, obgleich dieser gerade wegen der sie kennzeichnenden Geschichtsbezogenheit abgeschwächt wird.

In der "jahwistischen" Urgeschichte wird der Mensch zwar als Wesen mit Möglichkeit zur Sünde dargestellt. Aber sie beschreibt weder den Menschen einfach als "Sünder" noch seine Geschichte als die der "Sünde". Für sie handelt es sich eher um den Gewöhnungsprozeß Gottes zu seinem menschlichen Geschöpf. Der kommt am Ende der Flutgeschichte zum Klimax.

Die positiven, von Gott geschenkten wie die negativen, von Gott verhängten Elemente gehören mit zu den Grundbedingungen des menschlichen Daseins. Diese Ambivalenz des menschlichen Daseins wird auch durch die Beziehung des Menschen und der Erde bzw. dem Ackerboden ausgedrückt, wobei die Aufmerksamkeit besonders auf die Zusammengehörigkeit von Mensch und Erde erregt wird. Dieser Punkt wurde bisher noch nicht genügend beachtet. Der Mensch wird wegen der zu bebauenden Erde erschaffen und bekommt durch die zeitlich begrenzte Existenz der Erde eine gewisse Daseinsgarantie; Gott wird um der Erde willen den Menschen mit seinem Hang zur Bosheit, wie er ist, akzeptieren.

Die priesterschriftliche Urgeschichte stellt die Gottesebenbildlichkeit des Menschen in den Mittelpunkt ihrer Darstellung. Diese wird in Gen 1,26 funktional, d.h. in Bezug auf einen Daseinsauftrag verstanden. Dagegen wird der Nachdruck in 5,3 mehr auf die Familienähnlichkeit von Vater und Sohn gelegt, was bisher übersehen wurde. So kann sie das Verhältnis von Gott und Mensch eher als das von Vater und Sohn beschreiben. Anders als in beiden biblischen Urgeschichten wird die Erschaffung des Menschen in den altorientalischen Parallelen wie z.B. dem Atramhasis-Mythos dadurch veranlasst, die Götter von der notwendigen Arbeit an der harten Naturgegebenheit und dem dadurch bedingten Konflikt zwischen ihnen zu befreien. Insofern hat sie eine kosmische Funktion, nämlich die durch die Götter repräsentierte Weltordnung zu stabilisieren. Die Funktion des Menschen, die die biblische Schöpfungserzählung dem Menschen zuschreibt, ist eher eine innerweltlich ordnende Funktion.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
1.1 Zwei Sichtweisen in der Forschungsgeschichte 1
1.1.1 Heilsgeschichtliche Sicht 2
1.1.2 Religionsgeschichtliche Sicht 6
1.2 Gebrauch des „J" 11
1.3 Betrachtungsweise 17

2 Mythos als eine literarische Gattung 23
2.1 Kriterien für die Gattungsbestimmung 23
2.1.1 Kommunikationsintention (1)-Objektbereich (3)- Wirkung (6) 25
2.1.2 Sprechsituation (2) - Darstellungsweise (4) - Medium (5) 26
2.2 Gattungsbeschreibung des Mythos 29
2.2.1 Intersubjektive Kommunikationsintention 29
2.2.2 Objektbereich 31
2.2.3 Darstellungsweise 34
2.3 Wirkung 49
2.3.1 Beschwörung 50
2.3.1.1 Gegen den Zahnwurm 50
2.3.1.2 Gegen das Gerstenkorn 50
2.3.2 Legitimation 51
2.3.2.1 Legitimation der Königsherrschaft: Ein Mythos von der Erschaffung des Menschen und des Königs 51
2.3.2.2 Legitimation des göttlichen Wesens: Samas-Beschwörung in der Serie Bit rimki (Uruk-Text W 23277) 54
2.4 Die biblische Urgeschichte als Mythos im Sinne einer urzeitlichen Erzählung 56

3 Die Urgeschichte: der Umfang und die Struktur 59
3.1 Das Ende der biblischen Urgeschichte in 11,9 59
3.2 Priesterschriftliche Urgeschichte: Gen 1,1-2,4a; 5*; B-9«; 10* 62
3.2.1 Gen 5-10* 62
3.2.2 Gen 1,1-2,4a;5,1-32* + 9,28f. 62
3.3 „Jahwistische" Urgeschichte: Gen 2,4b-4,26;5,28f.*; 6,1-11,9* 65
3.3.1 Gen 2,4b-3,24 65
3.3.1.1 Die Entstehung der vier Weltströme aus dem „Urzeitstrom" (7X) 65
3.3.1.2 Die Bestimmung des Menschen 68
3.3.1.3 Der umfassende Erzählbogen: Hineinsetzen und Vertreibung 70
3.3.2 Gen 4 und 5,28f.* 72
3.3.2.1 Kain-Abel-Erzählung(Gen4,1-16) 72
3.3.2.1.1 Textbestand und Aufbau 72
3.3.2.1.2 Gegensatz von Ordnung und Unordnung 74
3.3.2.2 Gen 4,17-24 und 4,25-26+ 5,28 (nur p)-29 79
3.3.2.2.1 Kainiten-und Sethitengenealogie 79
3.3.2.2.2 Bunte Welt der Menschen 82
3.3.3 Gen 6,1-4* 87
3.3.3.1 Ehe von Göttersöhnen und Menschentöchtern 87
3.3.3.2 Vergleich zwischen Gen 6, l-4 und Atramhasls 1351 ff. 90
3.3.4 Gen 6,1a.5-8,22* + 9,18f. („J") 93
3.3.4.1 Gen 6,1a.5-8 95
3.3.4.2 Gen 8,20-22 101
3.3.4.3 Gen 9,18f. 106
3.3.5 Gen 9,20 -11,9* 107
3.3.5.1 Gen 9,20-27 108
3.3.5.2 Gen 11,1-9 115

4 Der Atramhasis-Mythos und andere Flutgeschichten 129
4.1 Der Atramhasis-Mythos 129
4.1.1 Der Aufbau 129
4.1.2 Die Erschaffung des Menschen 131
4.1.2.1 Doppelte Widersprüche der Götterwelt als Beweggrund der Menschenschöpfung (Z. 1-173) 131
4.1.2.2 Soziokulturelle Hintergründe der Schöpfungsmythen 136
4.1.3 Die Sintflut 138
4.1.3.1 Lärm und Schlaf als Metapher von Ordnung und Konflikt 138
4.1.3.2 Drei Plagen: Wege zur Sintflut 142
4.1.3.3 Die Lösung des Konfliktes 143
4.1.3.3.1 Enlils Umkehr und Maßnahmen zur Beschränkung des Bevölkerungswachstums 143
4.1.3.3.2 Nintus Erinnerung 144
4.1.4 Die Stellung der Menschen 146
4.2 Die sumerische Fluterzählung 147
4.2.1 Die Erschaffung des Menschen 147
4.2.2 Die Fluterzählung 149

5 Das Menschenbild 153
5.1 Die ,jahwistische" Urgeschichte 153
5.1.1 Die Schöpfungserzählung 153
5.1.1.1 Gen 2,4b-7.9a: Das autonome, befähigte Wesen 153
5.1.1.2 Gen 2,18-24: Das gemeinschaftliche Wesen 156
5.1.2 Die Paradieserzählung: 2,8aba.9b.l6f; 3,la.2-6a*.7*.22.21.23a 160
5.1.2.1 Das fehlbare, aber verantwortliche Wesen 160
5.1.2.2 Ein wie ein Gott gewordenes Wesen und das begrenzte Leben . 163
5.1.3 Die Zusammenfügung der Schöpfungs- und der Paradieserzählung und ihre Erweiterung 168
5.1.3.1 Die Zusammenfügung beider Erzählungen: das nmx-bezogeneWesen 168
5.1.3.2 Die Erweiterung der zusammengefügten Erzählung: Leid und Mühsal 171
5.1.4 Die Kain-Abel-Erzählung 174
5.1.4.1 Die Grundschicht (4,2b-5.8.9aa*.llb-12a.l6a): Das Leben als unantastbares Gut 174
5.1.4.2 Die erweiterte Erzählung (4,2b-16) 176
5.1.4.2.1 Der selbstbestimmende Mensch 176
5.1.4.2.2 Der klagende Mensch 178
5.1.5 Die übrigen Erzählungen von Schuld und Strafe. 182
5.1.5.1 Gen 6,5ff. und Gen 8,21f.: Neigung zum Bösen 182
5.1.5.2 Gen 6,1-4* und 11,1-9: ungeplante Grenzüberschreitung 190
5.1.5.2.1 Gen 6,1-4 190
5.1.5.2.2 Gen 11,1-9 194
5.2 Priesterschriftliches Menschenbild 200
5.2.1 Die Erschaffung des Menschen in der Weltschöpfungserzählung 200
5.2.2 Gottesebenbildlichkeit 203
5.2.2.1 ZLM und DMUT 203
5.2.2.2 Der Herrschaftsauftrag: RDH und KBS 209
5.2.3 Menschenwürde und Menschenrechte 216
5.2.4 Die Stellung des Menschen: Zwischenwesen 218
5.2.5 Das Ziel der priesterschriftlichen Urgeschichte 221
5.3 Altorientalische Texte 225
5.3.1 Der Existenzzweck des Menschen 225
5.3.2 Der Mensch als stabilisierendes Element der Weltordnung 231

6. Zusammenfassung 233

Literaturverzeichnis 241